Menden. Weil die Drogenberatungsstelle geschlossen hat und Kliniken keinen Platz für die Klienten haben, greifen die Abhängige nun wieder zu Drogen.

Was tun, wenn die, die einem sonst helfen, gerade wichtigere Dinge tun müssen? Weil die Krankenhäuser derzeit mit den Auswirkungen des sich immer rascher verbreitenden Coronavirus zu kämpfen haben, müssen auch Drogenabhängige auf ihre geplante Entgiftung warten. Für sie heißt es in diesen Zeiten: abhängig bleiben. Beratung durch die Drogenberatungsstelle (Drobs) der Stadt Menden gibt es aber weiterhin - wenn auch nur telefonisch.

Thomas Zimmermann ist anzuhören, dass ihm die aktuelle Situation ein wenig Bauchschmerzen bereitet. Er ist gerade freigestellt, seine Arbeit als Berater für Drogenabhängige ist keine derzeit zwingend zu besetzende Stelle. Die Krise rund um das Coronavirus sorgt dafür, dass er nicht mehr persönlich bei seinen Klienten sein kann. Er kann sie nur, aber auch immerhin noch, über das Telefon beraten. Dabei spürt er die derzeit große Verunsicherung. "Viele fragen mich, wie sie reagieren sollen", sagt Zimmermann. Denn bei einigen Klienten waren Schritte zur Bekämpfung der Sucht geplant, die nun allerdings nicht geleistet werden können.

Kliniken haben keinen Platz

"Einige wollten nun eine Therapie antreten, und das geht aktuell nicht. Das ist ein großer Rückschritt", sagt Zimmermann. Seit dem 16. März ist die Drobs bereits schon ohne Publikumsverkehr, inzwischen hat auch der diplomierte Sozialarbeiter selbst die Räumlichkeiten am Westwall verlassen. Anrufe, die in der Drobs eingehen, bearbeitet er von seinem Handy aus. Für ihn keine befriedigende Situation, doch auch er zeigt sich verständnisvoll für die ergriffenen Maßnahmen. "Das muss jetzt so, und geht nicht anders", sagt Thomas Zimmermann.

Für seine Klienten hingegen, von denen einige bereits auf einem guten Weg heraus aus der Abhängigkeit gewesen seien, ist die Situation schlichtweg ein Dilemma. Um von den Drogen weg zu kommen, seien viele von ihnen laut Zimmermann auf eine Entgiftung angewiesen. Doch die ist aufgrund der Überbelastung der Krankenhäuser derzeit nicht möglich. "Ich habe von meinen Klienten gehört, dass die Hans-Prinzhorn-Klinik eine ganze Station für Corona-Patienten freigeräumt hat", berichtet Zimmermann. Es fehle an Ressourcen, um die abgemachte Entgiftung seiner Klienten derzeit auch umzusetzen. "Sie müssen dann vorerst bei ihren Drogen bleiben", sagt der Drogenberater.

Kalter Entzug ist keine Option

Die Alternative dazu wäre ein kalter Entzug, also der unmittelbare Verzicht auf die Droge. "Das ist bei Heroin oder Alkohol aber keinesfalls zu empfehlen und eigentlich auch heutzutage nicht mehr notwendig", sagt Zimmermann. Bei Cannabis-oder Amphetaminabhängigen hingegen ginge das schon eher, ratsam sei aber auch das nicht. Viele seiner Klienten brauchen den geschützten Raum einer Klinik, um mit Gewohnheiten zu brechen und so den langwierigen Kampf gegen die Abhängigkeit zu gewinnen.

Der Drogenberater hofft, dass er so schnell es geht wieder seiner Arbeit nachgehen kann. Positiv hingegen ist für ihn, dass Sven Naujoks noch seiner Arbeit nachgeht. Der Substitutionsarzt sorgt auch in Zeiten von Corona dafür, dass Heroinabhängige ihr Methadon ausgehändigt bekommen. "Für unsere Klienten ist es gut, dass Herr Naujoks sich weiter um sie kümmert", sagt Thomas Zimmermann. Er selbst kann sich aktuell nicht um die kümmern, die seine Hilfe zu schätzen wissen und dringend benötigen.