Menden. Einschnitte im Gastgewerbe. Lendringser Frühling ist abgesagt. Mendener CDU fordert: Stadt und Stadtwerke soll Abgaben für Firmen aussetzen.

Jozeh Ramazani hat am Dienstagmorgen sein Frühstücksbuffet im Salsa aufgebaut. Resultat: zwei Gäste. Und wenn der Gastronom am Rathausplatz jetzt nur noch bis 15 Uhr aufhalten darf, „dann macht das keinen Sinn mehr“, sagt er resigniert.

Noch vor dem 15-Uhr-Erlass am Abend hören viele Wirte von sich aus auf

So wie er denken viele Kollegen an Herd und Zapfhahn: Ein Großteil der Kneipen und Restaurants in Menden wird deshalb ab sofort und bis auf Weiteres geschlossen. Für Ramazanis Team, insgesamt zwölf Angestellte, hat er Kurzarbeit beantragt. „Das Kurzarbeitergeld beträgt 60 Prozent vom letzten Netto, bei Kindern 67 Prozent.“ Private Ausfallversicherungen für einen Pandemie-Fall gibt es nicht, hat er festgestellt. „Du bist wirklich gegen alles versichert, Brand, Wasserschaden und sogar das eigene Ableben. Aber so etwas wie Corona, das hatte keiner auf dem Schirm.“

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Mit der Schließungsankündigung sind Ramazani und seine Kolleginnen und Kollegen im Gastgewerbe den Verfügungen, die von Stadtbediensteten bereits am Abend verteilt wurden, nur knapp zuvorgekommen. Laut dem Ersten Beigeordneten Sebastian Arlt kam der für Verfügungen notwendige Ergänzungserlass erst am Abend per Fax im Rathaus an. „Einige Kollegen fahren jetzt noch herum und verteilen die Einzelverfügungen.“

Verwirrung und Verärgerung um Erlass und Verfügungen

Demnach haben reine Bierbars ganz zu schließen, Restaurantbetriebe dürfen nur noch von 6 bis 15 Uhr öffnen. Doch dafür, sagen die Mendener Gastronomen, lohne sich der Personaleinsatz nicht mehr. Ob die Einschränkungen ausreichen, um staatlicherseits Entschädigungen zu erhalten, wissen sie indes nicht. Für Modegeschäfte wie den „Glücksgriff“, „Tredy“ oder „Engel und Rabauken“, die am Dienstag bereits geschlossen hatten, steht im Erlass noch nichts.

Unverständnis über große Kindergruppen in der Innenstadt

Mehrfach meldeten Leser am Dienstag, dass die Spielgeräte in der Innenstadt ungeachtet der Sperrung von Spielplätzen von Kindergruppen umlagert seien. „Die Sperrungen und die Schließungen von Schulen und Kitas sollen doch die Ausbreitung des Coronavirus’ verhindern“, hieß es.

Das helfe aber nicht, wenn Eltern die Kinder jetzt in großen Gruppen durch die Stadt ziehen ließen. Am Ende stünden Ausgangssperren wie in Frankreich.

Für Verwirrung sorgt dafür ein Passus, laut dem es Geschäften weiter gestattet ist, an Sonntagen von 13 bis 18 Uhr zu öffnen. Verkaufsoffene Sonntage sind bislang nur in Begleitung von Großveranstaltungen möglich – und gerade die sind jetzt strikt untersagt. „Wir haben jetzt aufgehört, unseren Mitgliedern Hinweise zu senden“, sagt Falk Steidel, Vorsitzender der Werbegemeinschaft Menden. „Wir können zurzeit einfach nicht mehr sagen, was richtig ist und was nicht.“

Lendringser Frühling: Handel bittet um Verständnis für Absage

Den Reigen der Hiobsbotschaften muss indes auch die Werbegemeinschaft Lendringsen weiter spinnen: „Wir bitten um Verständnis, dass der Lendringser Frühling vom 24. bis 27. April aus gegebenem Anlass nicht stattfinden wird“, erklärte Vorsitzende Marion Kölling. „Unsere Sorgfaltspflicht steht hier an erster Stelle“, begründet sie. Man halte sich somit auch an die Auflagen der Behörden. „Hoffen wir doch alle, dass wir diese Ausnahmesituation zusammen meistern.“

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Und: Auch als Einzelhändler wolle man noch einmal einen Aufruf starten und „helfen, wo wir helfen können. Sei es bei Nachbarn, Freunden oder Menschen, die auf Hilfe anderer angewiesen sind. Wir sind für Sie da, ob telefonisch, per E-Mail oder persönlich und helfen soweit es uns möglich ist.“ Besondere Umstände erforderten besondere Maßnahmen, begründet Kölling. An die Bevölkerung gerichtet, erklärt sie: „Zögern Sie nicht uns anzusprechen oder anzuschreiben.“

Zu große Kundennähe: Kontaktlinsen und Brillen werden nicht mehr angepasst

Besondere Umstände gelten indes auch für Fachgeschäfte, die besonders nah am Kunden arbeiten. So ist bei Optik Rottler – und vermutlich nicht nur dort – das Anpassen von Kontaktlinsen bis auf weiteres tabu. Und im gleichnamigen Hörgerätegeschäft werden keine Reinigungen mehr vorgenommen, sagt Inhaber Frank Oberkampf. Weil sich nicht mehr als vier Kunden zugleich im Geschäft aufhalten sollen, hat er sogar ein Wartebänkchen davor aufgestellt.

CDU Menden: Steuern an die Stadt und Stadtwerke-Forderungen aussetzen

Die Mendener CDU hat den Bürgermeister jetzt aufgefordert, der Wirtschaft auch auf Stadtebene zu helfen. Sinnvoll sei es, Steuer- und Abgabenforderungen sowie Vorauszahlungen, die die Stadt erhebt, ab sofort für Unternehmen, Händler, Gewerbetreibende und Freiberufler auf Antrag auszusetzen. Auch sollten die Stadtwerke Entgegenkommen gegenüber Gewerbekunden zeigen und Forderungen oder Vorauszahlungen auf Energie und Wasser auf Antrag aussetzen.