Menden. Professor Klaus Hurrelmann ist einer der führenden Jugendforscher Deutschlands – und nun Teil der Abizeitung am Mendener Walburgisgymnasium.

Dass ein älterer Wissenschaftler an einer Schule gefeiert wird wie ein Popstar, dürfte nicht oft vorkommen. Am Walburgisgymnasium erlebte das nun der Jugendforscher Professor Klaus Hurrelmann. Nicht nur, dass der 76-Jährige ein ziemlich treffendes Bild der „Generation Z“ – also Kinder und Jugendliche, die nach 2000 geboren wurden – zeichnet; er ist überzeugt: Die Älteren sollten den Hut vor Jugendlichen ziehen, die für das Klima auf die Straße gehen.

Von Baby-Boomern bis Generation Y

Die rappelvolle Aula des Walburgisgymnasiums zeigt, wie groß der Hype um den Wissenschaftler ist, der einer der Verantwortlichen der Shell-Studie ist. Hurrelmann – dunkler Anzug, schwarze Turnschuhe – wirkt gelassen. Dass ein 76-Jähriger sagt, wie es um die Jugend bestellt ist, mag zunächst merkwürdig anmuten. Doch Hurrelmann trifft den Zeitgeist und die Einstellung der Jugendlichen. Und das schafft er, indem er „nicht über die ,Generation Z’, sondern mit der ,Generation Z’“ spricht.

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Im Zentrum seines Vortrags steht die Frage: „Was bedeutet es, in einer bestimmten Zeit aufzuwachsen?“, so Hurrelmann. Prinzipiell seien die vergangenen Jahrzehnte in verschiedene Generationen einzuteilen: die politisch aktive 68er-Bewegung, die Baby-Boomer, die „Generation X“ (bis 1980), die „Generation Y“ (bis 2000) sowie die „Generation Z“ (seit 2000). Je nach Alter nehmen Jugendliche die Welt, ihre persönliche Lage, aber auch Politik ganz unterschiedlich wahr.

Sicherheit in Zeiten der Krise

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Die „Generation Y“ sei sehr stark „auf das Überleben konzentriert“, so Hurrelmann. Der 76-Jährige macht das vor allem an historischen Ereignissen wie den Anschlägen auf das World Trade Center, der Wirtschaftskrise oder aber der Umweltkatastrophe rund um Fukushima fest. Krisen im digitalen Zeitalter, nennt der Forscher das. Dass diese Menschen politisch wenig aktiv sind, sei vor allem darauf zurückzuführen, dass Lebensumstände dies nicht zuließen. Der Fokus liegt bei der „Generation Y“ vielmehr auf beruflicher und persönlicher Sicherheit – in Zeiten der Krise.

Die Qual der Wahl

Ganz anders sieht das demnach bei der „Generation Z“ aus. Wirtschaftliche Unabhängigkeit, eine zunehmend digitale Welt und deutlich mehr gymnasiale Schulabschlüsse ermöglichten auch, „dass man den Rücken frei hat“ für politisches Engagement. Aus diesen Möglichkeiten ergebe sich aber auch die Qual der Wahl – Sabbatjahr, direkt studieren, eine Ausbildung oder doch ein FSJ nach dem Abi? Die „Generation Greta“, wie Hurrelmann sie exemplarisch nennt, dürfe keinesfalls belächelt werden. „Das hat es lange nicht gegeben, dass sich unter 20-Jährige politisch engagieren“, sagt Hurrelmann.

Er vergleicht die heutige Jugend gar mit der 68er-Bewegung – nur deutlich strukturierter, sachlicher und ohne Grenzübertritte. „Ziviler Ungehorsam nach ganz strikten Regeln und Gesetzen – ohne Gewalt“, nennt Hurrelmann das. Die Teilnahme an „Fridays for Future“-Protesten sei keinesfalls sanktionswürdig und als klassisches Schuleschwänzen zu betrachten. Diese These würde nur vorgeschoben, um von den eigentlichen Problemfeldern abzulenken. Auf Nachfrage gab Schulleiter Dr. Eduard Maler zu, den Schülern für Demonstrationen keine Steine in den Weg legen zu wollen und einen Weg zu finden, „die Teilnahme zu ermöglichen“.

Rosenkavalier für Mendener Schüler

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Ohnehin sei es ein Novum, dass die jüngere Generation die ältere belehre. „Wir Älteren können nur den Hut davor ziehen“, sagt Hurrelmann. Die Jugendlichen am Walburgisgymnasium fühlen sich verstanden. Die Qual der Wahl zu haben, sagen sie, sei ein Problem. Vor allem aber äußere sich der 76-Jährige „nicht so vorwurfsvoll“, wie es andere in diesem Alter täten und die damit das politische Engagement abbügeln. Dass sich Hurrelmann für den Pädagogik-Leistungskurs des WBG dann auch noch als Model im „Der Bachelor“-Stil ablichten lässt, zeigt, dass er nicht nur einen Nerv getroffen hat, sondern den Jugendlichen auf Augenhöhe begegnet.

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