Menden. Allein lebende Senioren ohne soziale Kontakte und Hilfen im Alltag – das gibt es immer häufiger. In Lendringsen schmiedet man konkrete Pläne.

Als Petra Homberg die alte Dame nach längerer Zeit kürzlich wieder besuchen ging, fiel ihr der vernachlässigte Zustand der Wohnung ins Auge. „Da waren die Fensterscheiben fast blind, und es musste dringend durchgesaugt werden, dabei war bei ihr vorher alles tipptopp.“ Auch als sie in der Küche die Einkäufe sah, musste die engagierte Lendringserin schlucken: „Da standen jede Menge Konserven, nur öffnen kann sie die nicht mehr.“ Als die Vorsitzende des Vereins „Aktiv für Lendringsen“ und der Eltern-Selbsthilfe „Bieberschlümpfe“ dann noch erfuhr, wie lange kein Besuch mehr hier war, da wollte Petra Homberg helfen – und nicht nur in diesem Fall. Denn Probleme mit der Vereinsamung älterer Menschen in ihrem Stadtteil Lendringsen waren ihr zuletzt mehrfach untergekommen.

Politik erkennt Handlungsbedarf

Um zu beraten, was zu tun sei, lud Petra Homberg den ehrenamtlichen städtischen Seniorenbeauftragten Bernd Schmidt, den Gewoge-Geschäftsführer Steffen Krippenstapel und Sebastian Arlt als Ersten Beigeordneten der Stadt Menden zum Gespräch ein: Was kann man tun gegen die offenkundig wachsende Einsamkeit und Hilfebedürftigkeit älterer Menschen? Strategien hatte zuletzt der Arnsberger Regierungspräsident Hans-Josef Vogel vehement gefordert: Das Thema Alterseinsamkeit sei so brennend, dass es „auf die Wahlplakate gehört“. Und Experten machen Vorschläge: von mehr Wohngemeinschaften von Senioren über Mehrgenerationenhäuser bis hin zu „Einsamkeitsbeauftragten“ in den Kommunen.

Vereinsamung nimmt zu

Laut Bernd Schmidt lässt sich das Ausmaß der Altersvereinsamung in Menden nicht genau beziffern. „Wir wissen aber aus den Rückmeldungen unserer Beraterinnen und Berater, dass es mehr wird.“

Klassische Hilfeeinrichtungen durch Caritas oder KFD seien mittlerweile nicht mehr überall vorhanden.

Petra Homberg wollte zunächst einen Besuchsdienst organisieren, der soziale Kontakte und kleinere Handreichungen im Haushalt verbindet. „Das sorgt auch dafür, dass man länger in ihren eigenen vier Wänden wohnen kann.“ Laut Sebastian Arlt und Bernd Schmidt sind dafür zunächst vorhandene Strukturen zu nutzen – etwa die 14 ehrenamtlichen Seniorenberater der Stadt, die sehr aktive Gruppe ZWAR (Zwischen Arbeit und Ruhestand) oder auch die „Heinzelwerker“, die älteren Menschen handwerkliche Hilfen im Haushalt anbieten. Je nachdem, was gefragt sei, könnten sich Helfer zunächst hier finden lassen.

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Sebastian Arlt erklärte auf WP-Nachfrage, er halte dieses Vorgehen für sinnvoller, als jetzt eine völlig neue Organisation aus dem Boden zu stampfen. So sei Heike Berkes als Bürgerbeauftragte im Rathaus ausdrücklich zuständig für die Koordinierung ehrenamtlicher Dienste, und genau das sei hier gefragt. „Ein echtes Problem ist es ja auch, überhaupt an die hilfsbedürftigen Menschen heranzukommen“.

Umfeld ist entscheidend

Hier setze der Datenschutz auch einer Stadtverwaltung Grenzen. So bleibe man auf Hinweise eines aufmerksamen Umfeldes angewiesen. Vorstellbar sei, dass aufmerksame Nachbarn vereinsamte Menschen bei Heike Berkes oder Bernd Schmidt melden. Diese könnten dann die vorhandenen Hilfen einschalten, auch mit Unterstützung der Stadtverwaltung.

Gewoge will unterstützen

Gewoge-Chef Steffen Krippenstapel verwies auf den „Nachbarschaftshilfe- und Förderverein“ der Wohnungsgenossenschaft im Hönnetal. Der Verein könne für aufsuchende Arbeit oder kleinere Ausflüge mit Senioren auch den hauseigenen Bulli zur Verfügung stellen. In der Gewoge-Mitgliederinfo an alle Haushalte wäre auf Hilfemöglichkeiten hinzuweisen werden. „Auch unser Förderverein will sein Scherflein zum Gelingen beitragen.“