Menden. Für Sabine war eine eigene Wohnung anfangs nicht selbstverständlich. Das ambulant betreute Wohnen der Behindertenhilfe Menden unterstützt sie.
Als Sabine* im Jahr 1991 ihre erste eigene Wohnung bezog, waren die Vorbehalte groß. Menschen mit einer Behinderung lebten damals im Heim. Ein eigenständiges Leben, das wurde vielen von ihnen nicht zugetraut. Sabine und etliche andere bewiesen in den vergangenen Jahren das Gegenteil. Möglich ist das bis heute dank eines gut organisierten Betreuungsnetzes. Dazu gehört auch das ambulant betreute Wohnen der Behindertenhilfe Menden gGmbH, das vor 30 Jahren die ersten Schritte mitging.
Die kleine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus in Menden mit Balkon und Blick ins Grüne ist gemütlich eingerichtet. Hier wohnt Sabine inzwischen seit mehr als zehn Jahren. „Und hier möchte ich auch gerne bleiben“, sagt die 53-Jährige. Schließlich wohnt auch ihr Freund nicht weit entfernt. Mit ihm unternimmt sie viel, neben ihrer Arbeit als Servicekraft im Café/Bistro „Bahnsteig 42“, das die Iserlohner Werkstätten im Bahnhof Letmathe betreiben. „Wir ergänzen uns richtig gut“, schwärmt Sabine von gemeinsamen Reisen und Ausflügen. Zusammenziehen wollen sie aber nicht. „Eine eigene Wohnung zu haben, das ist schon gut“, sagt sie bestimmt.
Vom Wohnheim in die eigene Wohnung
Eine eigene Wohnung – das ist für Sabine inzwischen seit vielen Jahren selbstverständlich. Von ihrem 19. bis 25. Lebensjahr lebte sie im Wohnheim Am Alten Amt, anschließend zunächst in kleinen Wohngemeinschaften. Monika Schoop, Bereichsleiterin ambulant betreutes Wohnen der Behindertenhilfe, erinnert sich an die Anfänge vor 30 Jahren. „Begonnen hat es mit einer Trainingswohnung“, berichtet sie. Betreutes Wohnen steckte in den Kinderschuhen. „Wir waren im nördlichen Märkischen Kreis die ersten, die den Schritt in die Ambulantisierung gemacht haben.“
1990 zogen die ersten drei Bewohner aus dem Heim in eine Wohngemeinschaft an der Werler Straße. „Das war ein absolutes Novum“, erinnert sich Monika Schoop. Gleichzeitig bedeutete das betreute Wohnen auch einen Abschied von der Vollversorgung. „Im Heim werden den Bewohnern ja viele Dinge abgenommen, angefangen bei der Haushaltsführung“, weiß Monika Schoop.
Kochen, putzen, all das und noch vieles mehr wurde vor dem Auszug in Richtung eigene Wohnung trainiert. „Die Wohngemeinschaft war das Sprungbrett ins ambulant betreute Einzelwohnen.“ Kaum jemand habe sich damals vorstellen können, dass das ambulant betreute Wohnen heute die Regel ist.
Ambulant betreutes Wohnen der Behindertenhilfe
Das ambulant betreute Wohnen der Behindertenhilfe Menden gGmbH wurde vor 30 Jahren gegründet. Zunächst wurden Menschen mit Intelligenzminderung betreut, seit 2005 auch psychisch kranke Menschen.
Jeder Klient mietet seine Wohnung selber an, die Behindertenhilfe unterstützt bei Wohnungssuche und Umzug.
Wie häufig die Bezugsbetreuer ihre Klienten aufsuchen, ist abhängig vom Hilfebedarf. Die Bezugsbetreuer werden mit den Jahren zu einer wichtigen Bezugsperson im Leben des Betreuten. Monika Schoop, Bereichsleiterin ambulant betreutes Wohnen: „Es soll alles so normal wie möglich laufen, mit allen Rechten und Pflichten. Zum Beispiel, wenn der Hausflur geputzt werden muss.“
Die Behindertenhilfe betreut in Menden 50 Klienten, darüber hinaus 36 Menschen in Iserlohn, Balve, Hemer, Letmathe, Hennen.
In der Begegnungsstätte der Behindertenhilfe an der Unnaer Straße werden auch gemeinsame Treffen veranstaltet, außerdem werden Ausflüge und andere Freizeitaktivitäten veranstaltet. Seit 2012 öffnet jeden Dienstag von 15 bis 17 Uhr das Begegnungscafé, ein offenes Angebot für psychisch kranke Menschen.
Kontakt zum ambulant betreuten Wohnen der Behindertenhilfe Menden: Monika Schoop, Ambulant Betreutes Wohnen, Behindertenhilfe Menden gGmbH, 02373/ 917 287 7.
Betreuerin gehört fast zur Familie
Sabine arbeitet in Wechselschicht und fährt mit dem Bus von Menden nach Letmathe. „Zu spät gekommen bin ich noch nie“, sagt sie stolz.
Auch wenn vieles im Alltag richtig gut klappt – ganz ohne Hilfe geht es auch bei Sabine nicht. Mindestens einmal in der Woche trifft sie sich mit Inga Krasnic, ihrer Bezugsbetreuerin beim ambulant betreuten Wohnen. Die Diplom-Pädagogin begleitet sie bei Arztbesuchen, hilft ihr bei Ämtergängen und Korrespondenz.
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Und gehört inzwischen fast mit zur Familie. „Ich bin mittendrin“, sagt sie mit einem Lachen. Besuche sind individuell geplant: „Wir machen auch schöne Dinge zusammen, Kaffeetrinken zum Beispiel oder Weihnachtsmarktbesuche.“
Bei Geldangelegenheiten, größeren Anschaffungen oder Urlaubsplanung ist Monika Schoop ihre Ansprechpartnerin. Sie kennt Sabine schon viele Jahre, war früher selbst ihre Bezugsbetreuerin. „Sabine weiß schon, was sie will - wir machen ihr Vorschläge, aber sie entscheidet.“ Die 53-Jährige weiß die Unterstützung zu schätzen: „Wenn ich diese Hilfe nicht hätte, wüsste ich nicht, wie ich es schaffen sollte.“
Das gemeinsame Ziel: Soviel Selbstständigkeit wie möglich, soviel Unterstützung wie nötig. „Und ich freue mich, wenn sie sagt, schön, dass Du da warst. Dann weiß ich, wofür ich das mache.“, fügt Inga Krasnic hinzu.
*Auf Sabines Wunsch verzichten wir in der Berichterstattung auf die Nennung ihres Nachnamens.