Lendringsen. Meysam Hormoghim ist seit Juni beratendes Mitglied im Presbyterium der Evangelischen Gemeinde Lendringsen. Der Iraner kam 2017 nach Deutschland.
Seit Juni ist Meysam Hormoghim beratendes Mitglied im Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Lendringsen. Der 29-Jährige ist 2017 aus dem Iran nach Deutschland gekommen, nachdem er vor vier Jahren Kontakt zu Christen im Iran aufnahm. Seine Familie – Eltern, Geschwister – hat er in seiner alten Heimat zurückgelassen. Die Gemeinde in Lendringsen ist jetzt zu seiner Ersatzfamilie geworden.
Er strahlt es aus. Und muss deshalb gar nicht viele Worte machen. „Ich bin mit meinem neuen Leben sehr zufrieden“, sagt Meysam Hormoghim voller Überzeugung. Das neue Leben, das findet seit April 2018 in Lendringsen statt. Seitdem wohnt der gelernte Koch in einem Zimmer in der Flüchtlingsunterkunft am Steinhauser Weg. „Ich bin gleich den ersten Sonntag in Menden schon in die Kirche gegangen“, erinnert sich der 29-Jährige. „Es gibt hier viele gute Gemeindemitglieder, viele gute, nette Leute“, sagt er.
Freundlicher, junger Mann
In der Evangelischen Kirchengemeinde fällt der freundliche junge Mann schnell auf. „Er hat nach dem Gottesdienst immer wieder beim Kirchenfrühstück seine Hilfe angeboten“, berichtet Pfarrer Matthias Hoffmann. Erste Kontakte werden geknüpft und vertieft.
Meysam Hormoghim nutzt den Austausch auch, um seine Deutschkenntnisse zu verbessern. Seine Fröhlichkeit bleibt vielen im Gedächtnis, auch den Mitgliedern des Presbyteriums der Lendringser Gemeinde.
Stolz darauf, eine wichtige Rolle zu spielen
Als in dem Gremium ein Platz neu besetzt werden muss, fragt Pfarrer Hoffmann den jungen Flüchtling, ob er sich vorstellen kann, Mitglied zu werden. „Zunächst mit beratender Stimme“, erklärt der Seelsorger. Im Juni besucht Meysam Hormoghim seine erste Sitzung. Hoffmann gibt ihm Hilfestellung, erklärt im Anschluss noch einmal genau, was in der Runde besprochen wurde. Der neue Presbyter ist stolz darauf, eine wichtige Rolle in der Gemeinde zu spielen: „Ich möchte helfen und freue mich, wenn ich helfen kann“, sagt er.
Neue Aufgabe könnte wie „Integrationsturbo“ wirken
„Ich habe schon häufiger mit Iranern zu tun gehabt, manchmal haben wir den Kontakt verloren. Bei Meysam habe ich das erste Mal das Gefühl, dass es von längerer Dauer sein könnte. Er hat die Gemeinde als Ersatzfamilie angenommen. Ich konnte förmlich seine Energie fühlen“, beschreibt Matthias Hoffmann seinen Eindruck.
Presbyterium leitet die Gemeinde
Presbyterinnen und Presbyter leiten zusammen mit den Pfarrerinnen und Pfarrern die Kirchengemeinde. Die Amtszeit der Presbyterinnen und Presbyter beträgt vier Jahre.
Das Presbyterium kümmert sich um alle geistlichen, personellen, finanziellen und baulichen Angelegenheiten der Gemeinde.
Anfang März 2020 werden
die Presbyterien der westfälischen Kirchengemeinden neu gewählt.
Es werde viel von Integration gesprochen. Vielleicht werde in Meysams Fall das Pferd von hinten aufgezäumt. Denn die Zukunft des 29-Jährigen in Deutschland ist noch völlig offen. Pfarrer Hoffmann hofft, dass nach den Fortschritten, die Meysam Hormoghim bisher gemacht hat, sich seine neue Aufgabe im Presbyterium wie ein „Integrationsturbo“ auswirken könnte. Auch hier gibt es viel zu lernen.
Von altem Glauben losgesagt
Für den jungen Iraner steht indes außer Frage, wie seine Zukunft aussehen soll. Es sprudelt regelrecht aus ihm heraus: „Ich lebe und arbeite hier – mein Leben ist jetzt hier.“ Hört man ihm weiter zu, klingt das für ihn nur folgerichtig. Im Iran sagt er sich, wie er berichtet, mit Anfang 20 von seinem alten Glauben los, als einziger in seiner Familie. „Mit 23 Jahren hatte ich keine Religion. Dann habe ich christliche Leute kennen gelernt“, erinnert er sich.
Er beginnt, die Bibel zu lesen. In seiner alten Heimat habe er deshalb Probleme bekommen. „Meine Eltern haben mir gesagt, ich wäre dumm, wenn ich hier im Iran mein Leben durch die neue Religion zerstöre“, blickt er zurück. Im Iran hatte er eine Wohnung, ein Auto. In Deutschland hat er bislang nur ein Zimmer im Flüchtlingsheim. Und seine Zuversicht: „Ich weiß, Jesus gibt mir alles – ich habe viel Hoffnung. In die Kirche kannst Du einfach kommen wie Du bist, mit T-Shirt oder im Anzug, egal.“
In Deutschland lässt er sich taufen
Als Meysam Hormoghim nach Deutschland kommt, lässt er sich taufen. Zunächst wohnt er in Neuss, bis es im April vergangenen Jahres weiter nach Lendringsen geht.
In seiner alten Heimat hat er 13 Jahre lang als Koch gearbeitet. In der Küche des Vincenz-Altenheims findet er Arbeit, erhält zuletzt auch einen Vertrag. Dort lernt er viel Neues. Sein großer Wunsch: eine eigene kleine Wohnung.
Seine Familie im Iran hat er seit zwei Jahren nicht gesehen. Er vermisst sie. Die Mutter frage immer, wann er sie besuche. „Aber das darf ich ja nicht“, sagt er. In Lendringsen ist jetzt die Gemeinde seine neue Familie.