Menden. Weltweiter Protest gegen die Erderwärmung lässt die Hönnestadt eher kalt. Bis auf eine Andacht sind keine Aktionen in Menden geplant.

„Stell Dir vor, es ist Klima-Streik, und keiner geht hin.“ Mit diesem abgewandelten Sponti-Spruch ist die Lage in Menden am Tag des weltweiten Klima-Streiks treffend umschrieben. Wenn heute weltweit fürs Klima demonstriert wird, passiert in Menden bis auf eine Andacht vor St. Walburgis – nichts. So setzt sich fort, was schon in den vergangenen Monaten zu beobachten war: In der Hönnestadt gab es bislang auch keine organisierten „Fridays for Future“-Schülerdemo. Nur vereinzelt nahmen Mendener Schüler freitags statt am Unterricht an Klima-Demonstrationen teil – und zwar an Demos in anderen Städten, etwa in Iserlohn oder Dortmund.

Nur sieben Schüler auf WhatsApp

Einer, der diesen Mut aufbrachte, ist Julius van der Burg. „Am Freitagmorgen um 10 Uhr ist eine Demo in Iserlohn auf dem Hemberg-Parkplatz – da werden wohl auch ein paar von uns sein.“ Auch in der Kreisstadt Lüdenscheid ist ab 10 Uhr auf dem Sternplatz eine Kundgebung angesagt. Warum Menden und seine Schüler so zurückhaltend sind, wenn es um „Fridays for Future“ geht, kann auch Julius van der Burg nicht sagen. Auch „seine“ Mendener WhatsApp-Gruppe zu den „Fridays“ habe nur sieben Mitglieder.

Stadt zahlt für Demo nicht

„Im Rathaus gab es einige Kollegen, die sich dafür interessierten, aber die wollten sich bezahlt freistellen lassen“, berichtet Rolf Heidenreich, Personalrats-Vorsitzender bei der Stadt. Das sei aber nicht möglich gewesen. Personalchef Wolfgang Lück erklärt dazu: „Wer dabei sein will, kann das über die Gleitzeit regeln oder Urlaub nehmen, da wären wir auch großzügig. Aber eine Freistellung für Klima-Demos unter Fortzahlung der Bezüge? Das kann’s nicht geben.“

Grüne: Interesse ist da

Interessieren sich Mendener nur fürs Klima, wenn sie dafür bezahlt werden? Dirk Huhn, Vorsitzender der Mendener Grünen, sieht das nicht so: „Das Interesse ist schon da. Wir hatten zuletzt in drei Monaten zehn Neuzugänge, das ist viel für uns.“ Fast alle hätten angegeben, „etwas gegen den Klimawandel oder die AfD oder beide“ tun zu wollen.

Dass die Mendener nur ganz schwer auf die Straße zu holen sind, entspricht indes auch Huhns Erfahrung. Er selbst könne auch nicht dabei sein, wenn jetzt einige Mendener Parteifreunde zur Freitags-Demo auf den Dortmunder Friedensplatz fahren. „Ich habe nicht frei bekommen.“

>>>KOMMENTAR<<<

Ein starkes Stück

Schüler-„Streik“ ja, aber nach Absprache mit dem Rektor. Klima-„Streik“ ja, aber als bezahlte Freistellung. Und am Ende steht – ein Gottesdienst. Mendentypischer geht’s kaum, wird jetzt mancher schmunzeln. Wenn bei uns Züge durch die Stadt ziehen, sind das eben Schützen oder Karnevalisten. Zum Straßenprotest sind die Mendener nicht geboren. Das hat mit der Kultur dieser Stadt zu tun, in der auch Gewerkschaften in Zeiten großer Arbeitskämpfe öffentlich fast unsichtbar bleiben. Das mag man als Teilnahmslosigkeit verurteilen – oder als Gelassenheit mögen. Es ist, wie es ist.

Wobei: Die Klima-Demo gegen Gehalt ist schon ein starkes Stück.

Thomas Hagemann