Menden. . Mustafa Toy stattet Oldtimer mit neuem Lederinterieur aus. Sylvester Stallone und Bruce Willis düsen bereits auf seinen Sitzen durch Hollywood.

An der Fröndenberger Straße können Autoliebhaber in eine historische Zeit zurückreisen. In eine Zeit, als noch nicht sämtliche Armaturen aus Plastik bestanden und ein Wagen mehr Elektronik als bewegliche Teile hatte. Es duftet leicht süßlich-scharf. Klebstoffgeruch liegt in der Luft. Sattlermeister Mustafa Toy bezieht gerade eine Armlehne mit schwarzem Leder. Die Chromverkleidung blitzt im Sonnenlicht auf. Ein Mercedes Benz 190SL (Baujahr 1955) steht in der Werkstatt.

Die alte Nähmaschine ist eines der Hauptarbeitsmittel der Sattlermeister an der Fröndenberger Straße.
Die alte Nähmaschine ist eines der Hauptarbeitsmittel der Sattlermeister an der Fröndenberger Straße. © Tobias Schürmann

Es wirkt wie ein Ort, an dem Altes wieder zu neuem Leben erweckt wird. Von ausgedienten und restaurierten Koffern oder Holzfiguren bis hin zu Schildern und Skiern – Toy liebt es, Dinge wiederherzustellen und aufzubereiten. Bei ihm wird nichts weg geworfen. Sein Spezialgebiet ist die Mercedes Benz Pagode. Rund 280 Stück hat der Sattlermeister über die Jahre schon mit neuen Ledersitzen, Teppich und Verdeck ausgestattet, sagt er. Der 62-Jährige hat Kunden aus ganz Europa. Eben erst habe er einen Auftrag aus Österreich erhalten; aber auch Hollywood-Stars wie Sylvester Stallone oder Bruce Willis haben ihre Oldtimer in Menden aufbereiten lassen und flitzen damit nun durch Beverly Hills.

Jeder Handgriff muss sitzen

Dabei ist sein Handwerk etwas, was fasziniert. Mit Liebe zum Detail wird die Innenausstattung wieder auf Vordermann gebracht. „Mein Handwerk braucht absolute Ruhe“, sagt Toy und schlendert durch die Halle. Denn jeder Handgriff muss sitzen, damit am Ende keine Ecke übersteht, kein Lederstück Falten wirft. Detailgetreue Wiederherstellung nennt es der Inhaber. Und das braucht Zeit. Selbst wenn alle drei Sattlermeister – Toy, Tobias Kirchner und Ilkay Bolel – an einem Auto arbeiten. Die Komplettherstellung dauert etwa eine Woche. Rund 2000 Autos sind in den vergangenen 30 Jahren durch seine Werkstatt gegangen, schätzt er.

Dass in der vergangenen Woche mehrere Mercedes Benz Pagoden aus einer anderen Mendener Werkstatt gestohlen worden sind, versetzt ihn nicht in Unruhe. Denn wirklich viel anfangen könne man mit einem solchen Oldtimer nicht. „Die sind ja nicht von der Stange“, sagt Toy und lacht. Vielmehr würden sie vermutlich in ihre Einzelteile zerlegt, Ersatzteile sind schließlich teuer.

Wegwerf-Mentalität spürbar

Ilkay Bolel restauriert die Innenausstattung eines alten Mercedes Benz.
Ilkay Bolel restauriert die Innenausstattung eines alten Mercedes Benz. © Tobias Schürmann

Doch was macht für den Sattlermeister eigentlich die Faszination alter Fahrzeuge aus? „Damals sind die Autos mit viel Liebe gebaut und von Hand gefertigt worden“, erklärt der 62-Jährige. Es gehe nicht bei jeder Reparatur etwas kaputt. Zudem ist Toy ein Befürworter der Nachhaltigkeit. Schaumstoffsitze und Plastikverkleidungen kommen ihm nicht unter. „Alte Sitze sind aus Kokosfasern gemacht, die halten locker 60 Jahre.“ Er zeigt auf eine Ecke mit alten Sitzen. Bei Neuwagen mache sich hingegen der technologische Fortschritt und die Wegwerf-Mentalität deutlich bemerkbar. „Die Verkleidung im Innenraum ist nicht verschraubt, sondern hat Clips. In 90 Prozent der Fälle geht es kaputt“, sagt Toy. Es mache daher „nicht unbedingt Spaß, sich mit den Autos zu beschäftigen“. Und der Sattlermeister ist sich sicher: Oldtimer werden nicht aussterben.

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Allerdings merkt auch Toy, dass die Wagen aus seiner Generation langsam aber sicher weniger werden. Denn neben dem Mercedes Benz 190SL steht auch ein Golf I Cabrio aus den 1990er Jahren in der Werkstatt, der in den kommenden Tagen ein neues Interieur erhalten soll. Toy blättert in seinem Büro durch alte Fotoalben. Ein Barockengel BMW, Flügeltürer, ein Horch-Pkw aus dem 2. Weltkrieg – die Liste ließe sich endlos weiter führen.

Pausen sind notwendig

Im Nebengebäude werkelt Tobias Kirchner gerade an einem alten Mercedes Benz Adenauer. Das Gefährt erfordert besondere Aufmerksamkeit. Teile der Karosserie muss Kirchner mit Holzschablonen nachbauen. Ersatzteile – Fehlanzeige. Das erfordert natürlich höchste Aufmerksamkeit. „Man kann nicht immer kontinuierlich dran bleiben, man braucht auch kleinere Pausen“, sagt Kirchner. Das seien zwar keine Sattlerarbeiten, aber ein bisschen Karosseriebau habe er sich über die Jahre natürlich auch angeeignet.

Auszubildende gesucht

In drei Jahren will Mustafa Toy kürzer treten und sich privaten Projekten widmen.

Er ist derzeit auf der Suche nach einem Auszubildenden in seiner Autopolsterei. Einzige Voraussetzungen für den Beruf: Geduld und Geschicklichkeit.

Interessierte Bewerber können sich jederzeit bei ihm melden, 02373/81238.

Zurück im kleinen Lager der Werkstatt. Noch immer liegt Klebstoffgeruch in der Luft. „Vielleicht bin ich da schon immun gegen“, sagt Toy und lacht. In drei Jahren will er kürzer treten. Bis dahin schickt vielleicht der eine oder andere Hollywood-Star seine Autos nach Menden.

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