Menden. . Heiterkeit und Ernst, Schauspiel und Grußworte wechseln sich ab bei der offiziellen Eröffnung des Mendener Industriemuseums am Samstagmittag.

„Alles verrottet und verfault! Wird denn auf diesem Podium nicht mehr getanzt?“ Die ersten Worte der offiziellen Eröffnung des Industriemuseums am Samstagmorgen im herrlichen Kaminzimmer von Gut Rödinghausen gehören dem „Theatermacher“ von Thomas Bernhardt, lautstark verkörpert von Dr. Peter Schütze. Der Effekt funktioniert.

Die Droste singt „Sauerland“

Denn wie vom Donner gerührt schauen die gut 80 Ehrengäste, darunter Landes-Heimatministerin Ina Scharrenbach, Eckhard Uhlenberg als Präsident der NRW-Stiftung, die Landtagsabgeordneten Inge Blask (SPD) und Marco Voge (CDU) oder MK-Landrat Thomas Gemke, aus ihrer ersten Reihe zu Peter Schütze auf, der weiter ordentlich Theater macht. Ihm folgen im Wechsel mit den Promi-Grußworten Auftritte wie der von Kathrin Steinweg als Annette von Droste-Hülshoff, die einst tatsächlich auf Gut Rödinghausen Quartier nahm.

Berühmte Stimme

Jetzt lässt sich die Droste zur Gaudi des Publikums von Ministerin Scharrenbach das Kleid hinten schließen („Können Sie mal kurz zumachen?“) und besingt sodann Bürgermeister Martin Wächter als typischen Sauerländer: „Groß und stark, aber wenig geschmeidig gebaut.“ Sogar eine Interpretation des Sauerlandliedes von „Zoff“ fehlt nicht. Sascha Rotermund als Brechts brüllender Baal bringt dieses Programm zwischen Eröffnungsleichtigkeit und kulturellem Gewicht wieder in die Waage. Rotermunds sonore Stimme kennt jeder Krimifreund im Saal, synchronisiert er doch Benedict Cumberbatch, den weltberühmten Hauptdarsteller der modernen Sherlock-Holmes-Reihe.

Ministerin gratuliert der Stadt

Indes gibt es zu dieser Eröffnung nicht nur laute, es gibt auch ruhige und ernste Worte. So gratuliert Heimatministerin Ina Scharrenbach der ganzen Stadt Menden zum einstimmigen Ratsbeschluss von vor zwölf Jahren, das Gut Rödinghausen zu erwerben.

„Ein starkes Signal für Freiheit und Offenheit“: NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach (CDU) bei der Eröffnung von Gut Rödinghausen.
„Ein starkes Signal für Freiheit und Offenheit“: NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach (CDU) bei der Eröffnung von Gut Rödinghausen. © Johannes Ehrlich

Der damalige Bürgermeister Rudi Düppe berichtet später, wie die Bürger auf die Barrikaden gingen, als die NPD Anstalten machte, das Gut als „Schulungszentrum“ zu kaufen. Dies mit dem Kauf verhindert zu haben, sei ein starkes Signal für Freiheit und Offenheit gewesen – „gegen die, die diese Werte damals wie heute angreifen“, sagt Ina Scharrenbach. Als Industriemuseum werde das Gut heute wiederum im Sinne von Freiheit und Offenheit genutzt.

Drei (fast) tote Bürgermeister

Die Moderation der Übergänge übernehmen Ex-Bürgermeister Volker Fleige und Museumsleiterin Jutta Törnig-Struck. Fleige feixt an einer Stelle: „Stellen Sie sich vor, das Haus hier würde zusammenbrechen. Dann spart der Stadtkämmerer auf einen Schlag zwei Bürgermeisterpensionen plus das Gehalt des aktuellen. Freuen könnte sich Uwe Siemonsmeier allerdings nicht, weil er ja selbst mit drunter läge.“

Großes Publikum bleibt noch aus

Ab 14 Uhr hat dann wieder die Öffentlichkeit Zutritt zum 1807 erbauten Herrenhaus und seinen Schätzen, doch wie schon am Freitagabend tröpfelt es eher als dass es strömt. Hier wird schon zur Eröffnung die große Herausforderung für das Museum erkennbar: eine breite Öffentlichkeit dauerhaft für seine Ausstellung zu interessieren, die immerhin von Spionage und Entführungen erzählen kann, oder von Vorbesitzer „Big Heinz“ Weifenbachs Alabastertelefon.

Museum „zutiefst menschlich“

Dazu findet Bürgermeister Martin Wächter nachdenkliche Worte: „Ein Industriemuseum, das klingt erstmal kalt.“ Doch sein Vater habe ihn vor Jahrzehnten, als das Großsägewerk Radenbach längst geschlossen war, immer noch mitgenommen über den Hüingser Ring, um ihm zu zeigen, wo es einst stand. Wächter: „Dies ist ein zutiefst menschliches Museum. Hier stehen die Dinge, mit denen unsere Mütter und Väter umgegangen sind und die sie hergestellt haben. Das sollte man in den Diskussionen immer bedenken.“