Menden. . Die aktuellen Missbrauchsfälle wecken schlimme Erinnerungen bei Thomas Schulte. Er berichtet, er sei im Internat in Menden geschlagen worden.

Wut, Ablehnung und ein Gefühl der Hilflosigkeit bleiben – auch nach all den Jahren. Aber anders als früher bleibt das Gefühl nur kurz, dann hat Thomas Schulte seinen Seelenfrieden wieder gefunden. Der heute 68-Jährige wurde nach eigener Aussage als Junge im Internat des damals von Patres geführten Heilig-Geist-Gymnasiums immer wieder geschlagen und gedemütigt. Vor dem Hintergrund der jüngsten Missbrauchsfälle durch die katholische Kirche wird auch bei Thomas Schulte die Erinnerung an das Erlebte immer wieder wach.

Thomas Schulte.
Thomas Schulte.

Die Westfalenpost hatte vor neun Jahren über die Erinnerungen berichtet, die Thomas Schulte an seine Zeit auf der Klosterschule hat. Thomas Schulte wurde 1961 in die Sexta des HGG eingeschult, lebte dort im Internat. Damals betrieb der Orden der Spiritaner die Schule. Im großen Schlafsaal seien die Kinder, die dort in Eisenbetten schliefen, mit dem Rohrstock oder der Hand auf den Po geschlagen worden.

Kein Wort zu den Eltern

Erst viele Jahre später misst Thomas Schulte dem damaligen Geschehen „eine eindeutige sexuelle Komponente” bei. Nach einem Jahr – seine Schulleistungen ließen damals zu wünschen übrig – holten ihn seine Eltern aus dem Internat ab, erinnert sich Thomas Schulte.

Weder gegenüber seinen Eltern noch gegenüber seinen Geschwistern verlor er auf dem Heimweg oder in der Folgezeit über das Erlebte ein einziges Wort, erst später begann er, das Geschehene zu verarbeiten. Psychotherapeutische Behandlungen unterstützten ihn dabei im Laufe der Jahre und Jahrzehnte.

Vieles verändert

Nach dem WP-Bericht meldeten sich Mitschüler bei ihm, die Ähnliches erlebt hatten. Thomas Schulte, der seit vielen Jahren in Hattingen lebt, besuchte kürzlich noch mal das einstige HGG und wunderte sich, dass mittlerweile die Realschule im Gebäude beheimatet ist: „Da hat sich vieles verändert.“

Immer noch widert es ihn an, wenn Missbrauch bagatellisiert und verharmlost werde: „Da werde ich innerlich richtig aggressiv“, sagt Thomas Schulte. Jahrzehntelang hatte er sogar immer wieder Alpträume.

Hotline für Missbrauchsopfer

Vor Jahren bereits wandte er sich an die Hotline für Missbrauchsopfer der Deutschen Bischofs-Konferenz. Erst nachdem sich der Generalassistent der Deutschen Ordensobernkonferenz – der Dachverband für gut 400 Ordensgemeinschaften in Deutschland – eingeschaltet hatte, erhielt Thomas Schulte vom ehemaligen Provinzial der Spiritaner einen Entschuldigungsbrief.

Mehr Empathie gewünscht

Er selbst hätte sich vor vielen Jahren eine schlichte Entschuldigung und mehr Empathie gewünscht. „Ich bin mit mir im Reinen“, sagt Thomas Schulte heute. Es habe lange gedauert, aber: „Ich habe meinen Seelenfrieden gefunden.“
>> INTERNAT AM HGG 1977 AUFGELÖST

1977 wurde das Internat in Menden aufgelöst. Das Heilig-Geist-Gymnasium ist im August 2015 mit dem Walram-Gymnasium zum neuen Städtischen Gymnasium an der Hönne – mit den beiden Standorten Walramstraße und Wilhelmstraße 4 – zusammengeführt worden.

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