Menden. . Timo Nadolski (34) bereitet an der Mendener Straße Autos auf. Angefangen hat es mit einem Bobby-Car, nun kommen sogar Ordnungshüter vorbei.
Angefangen hat alles mit einem Bobby-Car. Inzwischen stehen in der Werkstatt Lamborghini, Mercedes und Chrysler. Timo Nadolski, foliert Autos oder bereitet sie auf. Dass aus einem Hobby inzwischen sein Beruf geworden ist, hätte er sich vor einigen Jahren gar nicht vorstellen können.
Die weiße Mercedes-Benz A-Klasse AMG ist im Mimos Shine Detailing Center aufgebockt, eine Rolle Folie steht schon bereit. Gold-grün. Matt. Für Nadolski, der nur „Mimo“ genannt wird, steht eine Teilfolierung auf dem Programm. Ein Kunde will das Heck seines Wagens optisch aufhübschen – ohne dafür
Lackarbeiten in Kauf nehmen zu müssen. „Bei modernen Autos ist das nicht so einfach, da muss teilweise sogar der Unterboden raus“, sagt Nadolski. Seit September 2018 ist aus einem bloßen Hobby sein Beruf geworden. Seit einem Youtube-Video eines Altenaer Tätowierers, der seine Luxus-Karossen bei Nadolski folieren hat lassen, „rennen mir die Leute die Bude ein“. Über 50.000 Aufrufe hat das gut 20-minütige Video mittlerweile.
Die Sucht
Dabei wäre für Timo Nadolski beinahe alles anders verlaufen. Denn als junger Erwachsener war er lange Jahre drogenabhängig. „Für mich fing die Sucht bei Speed an“, sagt der heute 34-Jährige und schlürft Kaffee. Von Cannabis ging er schnell zu Kokain und schließlich Crystal Meth über. „Fünf, sechs Jahre war ich völlig abhängig.“ Erst als seine Eltern ihn in eine Entzugsklinik in der Nähe von Frankfurt brachten, habe er den Absprung geschafft. „Sie haben wirklich einiges mitgemacht“, sagt Nadolski.
Damit er nicht wieder ins Milieu abrutscht, beschließt er, mit den alten Kontakten rund um Lüdenscheid zu brechen. Als Kirmesarbeiter reist er quer durch Europa. Mit Sucht und falschen Freunden will er nichts mehr zu tun haben. Rund zehn Jahre ist das inzwischen her.
Die Arbeit
Nadolski schneidet ein Stück der gold-grünen Folie zurecht. Am Kofferraum der weißen Mercedes-Benz A-Klasse AMG fängt er an. Mit Isopropanol entfettet der 34-Jährige den Lack. Heckscheinwerfer und
Nummernschild sind schon abgeschraubt. Die Folien sind in der Regel selbstklebend, sobald sie erhitzt wird. Vorsichtig drückt Nadolski die Folie an. Ziehen, zuppeln, dehnen. Mit dem Heißluftföhn erwärmen, und alles bleibt an Ort und Stelle. An den Heckscheinwerfern wird’s dann „tricky“. Ausgerüstet mit einem kleinen Spatel schlägt er die Folie über die Kante. Mehrere Jahre hält eine solche Folierung. Sie ist wetter- und waschbeständig, hat ähnliche Eigenschaften wie Lack – nur eben günstiger. Bei seiner Arbeit spricht er augenzwinkernd von einer Suchtverlagerung.
Die Anfänge
Zum Folieren und zur Autoaufbereitung ist er eher zufällig gekommen. Neben der Arbeit wollte Nadolski einen Bobby-Car für seinen Sohn auf Vordermann bringen. Ein paar Youtube-Erklärungsvideos später sieht das
alte, rote Gefährt nicht mehr so aus wie früher. Carbon-Optik und ein Ledersitz zieren das Spielzeug. Wenig später wagt er sich an seinen ersten richtigen Wagen. Das Cabrio der Schwägerin. „Das kann doch jeder, hab’ ich damals gesagt“, so der 34-Jährige beim Gang durch die Werkstatt. Ausgerüstet mit einem Kuchenrakel, Billig-Folie und einem Heißluftföhn macht er sich ans Werk. Stunden später ist das Cabrio fertig.
Heute läuft es in der Werkstatt an der Mendener Straße ein vielfaches professioneller ab. Dabei habe es die Familie lange skeptisch gesehen. Zweifel plagen auch Ehefrau Nicole. Bis September 2018 hat er seinen Betrieb als Nebengewerbe geführt, ehe Nadolski den Schritt in die Selbstständigkeit ging. „Car Detailing“, also die professionelle Autoaufbereitung, sowie Folierungen sind das Kerngeschäft. Dabei, so erklärt „Mimo“, sei „Car Detailing“ mehr als nur ein bisschen aufpolieren. „Man muss das halbe Auto dafür auseinanderbauen.“ Türgriffe abschrauben, Unterboden rausnehmen, Felgen und Bremssättel ausbauen – es ist eine Sisyphusarbeit. Und noch dazu technisch hoch
anspruchsvoll. Inzwischen setze man auf Keramikbeschichtungen zur Lackversiegelung. So hat Nadolski für die Bearbeitung des Lacks nur rund 30 Sekunden Zeit, dann härtet die durchsichtige Flüssigkeit aus, ehe ein Infrarot-Trockner die Beschichtung einbrennt. 15 bis 18 Arbeitsstunden fallen für so eine Aufbereitung an, sagt er und schlendert durch die Werkstatt.
Die Besonderheiten
Inzwischen kommen nicht nur Privatleute vorbei, um ihre Wagen aufhübschen zu lassen. „Ich hatte vor kurzem auch einen Streifenwagen hier stehen“, sagt Nadolski und lacht. Nach einem Unfall musste die Folie
an der Stoßstange ausgebessert werden. Doch das bei weitem exklusivste Gefährt, sagt der 34-Jährige, war ein Wiesmann Oldtimer, der rund 180.000 Euro kostet. „Autos verlieren leider ein bisschen ihren Reiz, aber an ihnen zu arbeiten, ist noch immer geil. Ich hab’ so Autos gefahren, an die ich vor zehn Jahren nicht einmal denken konnte“, erklärt er.
Reinigung ist das A und O der Aufbereitung
Auf seiner Instagram-Seite (mimo_detailed) postet Timo „Mimo“ Nadolski regelmäßig Fotos und Videos von Fahrzeugen, die er foliert oder aufbereitet hat.
Nicht nur Autos stehen bei Nadolski auf dem Programm. Auch Motorräder hat er bereits veredelt.
Als „Car Detailing“ wird die optische und hygienische Wiederherstellung des Ursprungszustandes eines Fahrzeugs beschrieben.
Das Erhitzen der Folien, damit diese auf der Fahrzeugoberfläche haftet, wird als „tempern“ bezeichnet.
Bei einer Vollfolierung muss Timo Nadolski mitunter einen vollen Arbeitstag für das Waschen des Fahrzeugs einkalkulieren. „Es ist wichtig, dass das Auto sauber ist“, sagt der 34-Jährige.
Nur ein Ferrari fehlt noch in seiner Sammlung.
Nach einem langen Arbeitstag ist auch die weiße A-Klasse fertig. Das gold-grüne Heck und Streifen lassen den Wagen deutlich sportlicher wirken – nur mit ein bisschen Folie.
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