Menden. . „Die Partei“ hatte bei der Europawahl in Menden nur noch Bundestagsparteien vor sich hat. Ihr Orts-Vorsitzender ist Simon Stader aus Hüingsen.
Viele schütteln nur den Kopf über die Plakate und Postings der Satirepartei „Die Partei“ von Martin Sonneborn, dem früheren Chefredakteur des Satiremagazins „Titanic“. Dass sie tatsächlich schon lange im Europaparlament vertreten ist, weiß längst nicht jeder. Und dass die „Partei“ mit 466 Stimmen (1,96 Prozent) in Menden am letzten Sonntag zur stärksten Kleinstpartei wurde, dass sie sogar einen leibhaftigen Ortsverbandsvorsitzenden hat – das wissen wohl nur die allerwenigsten.
Simon Stader heißt der Vorsitzende des „Ortsverbandes Menden -Sauerland“. Stader ist 34 Jahre alt, zweifacher Familienvater und lebt in Hüingsen. „Ohne jedoch bei OBO zu arbeiten. Das ist fast wie in Halingen ohne Bega“, schmunzelt er. Sein „Ortsverband“ hat nach seinen Angaben vor allem ein aktives Mitglied: ihn selbst. „Als wir uns 2017 in Menden gründeten, waren noch zwei Freunde dabei, weil wir gegenüber der Bundespartei einen stellvertretenden Vorsitzenden und einen Schatzmeister angeben mussten“, berichtet Stader.
Steckbrief: „Wohnort Reykjavík“
Sein „Steckbrief“ auf der Facebookseite des Ortsverbandes der Satire-Truppe liest sich, gelinde gesagt, etwas schräg. Da heißt er „Stadarson Simon“, weil er Island bei der Fußball-WM toll fand, wohnt in Reykjavík, stammt aus Bagdad und hat in Abu Dhabi das Fach Simsalabimbolik studiert. Kurzum: Der Mann ist Vollblut-Politiker wie seine großen Vorbilder im Europäischen Parlament.
Mit 466 Stimmen in Menden holte „Die Partei“, die laut Untertitel für „Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative“ eintritt, immerhin gut die Hälfte der Stimmen, die hier Die Linke mit 864 Wählern einheimsen konnte.
Nur noch die großen Namen vor sich
Vor sich hat Stader in der Hönnestadt tatsächlich nur noch die Bundestagsparteien. Hinter sich ließ er die Tierschutzpartei (284 Stimmen), die „Familie“ (171), die Piraten (162), die Freien Wähler (147), „Volt“ oder die ÖDP (je 81) und auch die NPD (51). Zur Einordnung: Die CDU holte in Menden 8052 Stimmen, die DKP drei.
Denkt er angesichts des Erfolgs nicht schon an die nächste Wahl – die in Menden im kommenden Jahr? „Also, ich habe einen Bekannten, der will unbedingt Bürgermeister werden“, deutet der Hüingser die Teilnahme an.
Allerdings, und das meine er tatsächlich ernst, dürfe er bis zur Kommunalwahl dann kein Einzelkämpfer mehr bleiben. „Wenn sich über die Facebookseite Unterstützer bei mir melden, können wir das wirklich angehen.“ Und angesichts der Prozente, die Die Partei zuletzt gewonnen hat, wäre ein Sitz im Mendener Stadtrat dann durchaus vorstellbar.
Verschenkte Stimmen?
Aber ist eine Stimme für eine Satirepartei, die doch nichts ernst nimmt, nicht völlig verschenkt? Das findet Simon Stader nicht: „Zum einen ist es besser, man protestiert mit uns auf der linken Seite als mit der AfD.“
Außerdem gehe es auch Martin Sonneborn und dem Comedian Nico Semsrott (der als „Demotivationstrainer“ Bühnenerfolge feierte und jetzt mit Sonneborn nach Brüssel geht) keineswegs nur um Klamauk. „Das ist nur eine andere Herangehensweise“, findet Stader.
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Das beste Beispiel dafür habe Martin Sonneborn selbst geliefert: „Das war gleich nach dem ersten Einzug ins Europaparlament. Damals hat er erklärt, er wolle die EU jetzt melken wie ein osteuropäischer Kleinstaat, indem wir alle paar Wochen neue Vorsitzende wählen, die dann die entsprechenden Einkommen erhalten.“
Es gab damals einen Sturm der Entrüstung. Aber Sonneborn hatte damit so nachhaltig auf den Missstand der EU-Politikfinanzierung hingewiesen, dass die Regelungen tatsächlich geändert wurden. Nico Semsrott erklärte das jüngst in der Maischberger-Talkshow so: „Ich als progressiver Mensch will Aufmerksamkeit schaffen, mit Witzen für Politik interessieren, für Debatten sorgen.“
Nico Semsrotts Beispiel
Wie das geht, demonstrierte der „Partei“-Vertreter Semsrott in der Sendung nur wenig später. Da postulierte Reiner Haseloff (CDU) bei Sandra Maischberger erregt: „Die Volksparteien werden überleben!“
Satiriker Semsrott konterte das furztrocken: „Bei der Klimapolitik wird niemand überleben.“