Menden. . Die Europawahl produzierte auch in Menden Gewinner und Verlierer. Die Stimmen der Politiker nach einem Ergebnis im Bundestrend.

Die beiden großen Parteien verlieren haushoch, die Grünen überholen die SPD, die AfD legt etwas zu, und die Wahlbeteiligung ist mit 59 Prozent viel höher als vor fünf Jahren: Bei der Europawahl am Sonntag ist in Menden in vielen Ergebnissen der Bundestrend abzulesen. Allerdings lasen ihn nur wenige, jedenfalls im Rathaus, wo fast ausschließlich Stadtbedienstete vor den Bildschirmen die Ergebnisse im Großen wie im Kleinen verfolgten. Martin Wächter mochte als Bürgermeister zum Abschneiden einzelner Parteien nichts sagen, war aber in zehn Wahllokalen, um Helfern zu danken. „Dabei ist mir der hohe Anteil an jungen Wählern aufgefallen, und das freut mich natürlich sehr.“

I n Schwitten passten ihn dabei Hochrechnungs-Zähler des ZDF ab, um auch ihn zu fragen, was er denn gewählt habe. „Denen habe ich erklärt, dass ich hier nur zu Gast bin und mein Wahllokal woanders liegt“, schmunzelt Wächter.

Mendens SPD hadert mit Nahles

Frustriert zeigt sich der Mendener SPD-Chef Mirko Kruschinski – über die 11 Prozent Minus, aber auch darüber, dass die Grünen die SPD überholten. „Persönlich kann ich die Durchhalteparolen nicht mehr hören. Bremen vor die Wand gefahren, Europa vor die Wand gefahren, da muss jetzt zumindest im Fraktionsvorsitz personell etwas passieren“, fordert Kruschinski. Dass die SPD in der Großen Koalition und mit Andrea Nahles an der Fraktionsspitze keinen Blumentopf gewinne, sei ihm an den Wahlkampfständen von Bürgern zurückgespiegelt worden, „und ich war an allen Wahlkampfständen“. Die Grünen glänzten in Bund und EU nicht mit Themen, aber mit sympathischem Spitzenpersonal.

CDU „nicht zufrieden“

Im Ex-Kasernengelände wird AfD stärkste Kraft

Von 40.684 Wahlberechtigten in Menden stimmten 24.002 ab. Wahlbeteiligung: genau 59 Prozent, 2015 waren es nur 45.

Mit 8,67 Prozent blieb die AfD in Menden klar unter ihrem Bundesergebnis von mehr als 10 Prozent. Im Wahlbezirk „Ehemaliges Kasernengelände“ wurde die Alternative für Deutschland mit 23 % stärkste Kraft.

„Wir liegen im Trend der Bundespartei, das ist ein Ergebnis, mit dem wir gerechnet hatten“, sagte CDU-Stadtverbandschef Sebastian Schmidt. Auch als stärkste Partei in Menden könne man mit einem Verlust von acht Prozent aber „natürlich nicht zufrieden sein“.

Grüne feiern „großartiges Ergebnis“

„Ein großartiges Ergebnis“ feiert Ann-Christin Schulz, die mit Dirk Huhn die Spitze der Grünen bildet. Die Grünen mache stark, dass mit dem Klimawandel ein Kernthema die Menschen bewegt. „Auch die Doppelspitze Mann-Frau hilft!“

FDP: „Für uns in Ordnung“

„Für uns ist das Ergebnis in Ordnung, aber es bleibt ausbaufähig“, sagte Monika Adolph, Vorsitzender der Mendener Liberalen. Die FDPler aus der Hönnestadt sind derzeit zu Gast in Berlin und erlebten den Ausgang der Europawahl im Hans-Dietrich-Genscher-Haus.

Linke: Am Profil arbeiten

Mit nur 3,63 Prozent der Stimmen bleibt Die Linke in Menden auch bei der Europawahl eine Kleinpartei. Peter Gregel, stellvertretender Sprecher: „Es gibt uns in den Augen vieler ja nur, weil die SPD so schlecht ist. Als eigenständig werden wir kaum wahrgenommen.“

AfD: Weniger als erhofft

„Zuzulegen ist grundsätzlich positiv, aber wir hätten uns durch das Versagen der Altparteien mehr erhofft“, sagt Sebastian Schulze. Der Mendener ist Vize-Sprecher des Kreisverbandes der Partei, einen eigenen Stadtverband Menden hat die AfD nicht.

Die Ergebnisse der Parteien in Menden in Prozent (in Klammern Gewinn oder Verlust zur Europawahl 2014)

CDU 33,8 (minus 8,21)

SPD 17,69 (minus 11,14)

Grüne 19,99 (plus 11,51)

FDP 7,5 (plus 3,35)

AfD 8,67 (plus 1,5)

Die Linke 3,71 (minus 0,46)

Sonstige 9,63 (plus 4,44)

>>> Kommentar <<<

Sogar das Europawahl-Ergebnis, so bundestrendig es sonst sein mag, macht für die Mendener Politik deutlich: Am Papenbusch muss dringend, ganz dringend etwas passieren. Es ist der Stadtteil, der weiterhin wegen sozialer Missstände im Fokus bleibt, hier treffen Flüchtlinge auf Aussiedler, hier gibt es Armut und Ausgrenzung. Die Anne-Frank-Grundschule rief kürzlich die Stadt um Hilfe, weil kein Unterricht mehr zu halten war. Dank der Evangelischen Jugendhilfe konnte die Lage inzwischen entschärft werden.

Aber schon mit der Besiedlung der Ex-Kaserne schufen die Verantwortlichen einst „den“ sozialen Brennpunkt in Menden. Und hier fallen, wie sich zeigt, die Parolen von Rechtsaußen immer noch auf fruchtbaren Boden. Es wäre falsch zu sagen, dass nichts geschieht – aber es ist entweder noch zu wenig, oder es geht an den Menschen vorbei.

THOMAS HAGEMANN