Fröndenberg. . Eigentlich will Karl Wieczorek nur 16 Euro überweisen. Er scannt die Überweisung am Automaten ein. Doch der überweist gleich 100 Mal so viel.
Eigentlich will Karl Wieczorek nur eine alte Miele-Waschmaschine auf Vordermann bringen. Der gelernte Fernsehtechniker bastelt und schraubt gerne an solchen älteren Geräten herum. Um die Waschmaschine wieder zum Laufen zu bekommen, kauft er im Internet einen alten Motor. 16 Euro soll das gute Stück kosten. Gesagt, getan. Er geht mit der Überweisung zur Fröndenberger Sparkassen-Filiale, lässt das Dokument an einem Automaten einscannen und gibt die Zahlung in Auftrag. Erst Tage später fällt auf, dass der Automat ein Komma nicht richtig erkannt hat, und auf dem Konto des Rentners satte 1600 Euro abgebucht wurden.
„Ich war mir sicher, dass alles richtig gelaufen ist“, sagt der 68-Jährige. Auf einen Schlag ist die ganze Monatsrente weg. Das erste Mal in 40 Jahren als Kunden der Sparkasse seien er und seine Frau in den roten Zahlen. „Das Konto war leer geräumt“, sagt Karl Wieczorek. Seither hat er einige schlaflose Nächte verbracht. Solche Überweisungen hatte er zuvor zigfach gemacht. Dass der Automat allerdings ein deutlich sichtbares Komma nicht richtig lesen konnte, ärgert ihn. Auch, weil die Chance, das Geld wiederzubekommen, relativ aussichtslos erscheint.
An Empfänger appellieren
Die Sparkasse Unna-Kamen, erklärt Pressesprecher Andreas Schlüter auf Anfrage der WP, könne sich in diesem konkreten Fall nicht äußern. Bankgeheimnis. Allerdings weist Schlüter darauf hin, dass der Überweisungsvorgang einem speziellen Muster folge, bei dem die PIN-Nummer – nach Kontrolle des Überweisungsbetrags – eine ähnliche Autorisierungsform darstellt wie eine Unterschrift. „Der Scanner hat 1600 Euro gelesen. Es gab keine Fehlermeldung, dass etwas nicht erkannt wurde. Nach dem Einlesen kam direkt die Aufforderungsseite für den Kunden mit dem Hinweis, die gescannten Daten zu überprüfen“, heißt es in
einem Schreiben der Sparkasse Unna-Kamen zu dem Fall des Fröndenbergers, das der Redaktion vorliegt. „Sollte doch ein Fehler passieren, gibt es die Möglichkeit des Überweisungsrückrufs“, erklärt Andreas Schlüter. Allerdings müsse dies unmittelbar nach der Überweisung erfolgen. Fällt der Fehler – wie bei Karl Wieczorek – erst einige Tage später auf, ginge dies nicht mehr. Dann könne der Betroffene nur noch an den Empfänger appellieren, das Geld zurückzuerstatten.
Schlaflose Nächte
An den Verkäufer des Waschmaschinen-Motors verfassen Wieczorek und sein Anwalt ein Schreiben mit der Bitte, das zu viel gezahlte Geld wieder zurückzuschicken. Doch die Antwort fällt ernüchternd aus. In einem handschriftlichen Brief teilt der Verkäufer mit, dass er keinen Cent zurückzahlen könne. „Das Geld habe ich von der Bank abgehoben, ohne zur Zeit zu wissen, von wo ich es bekommen habe. Leider bin ich spielsüchtig und habe noch am gleichen Abend unter starkem Einfluss von Alkohol das Geld verspielt.“ Ein Schlag für Karl Wieczorek und seine Frau. Denn der Verkäufer aus der Nähe von München sei zudem Hartz-IV-Empfänger und könne nur eine Ratenzahlung in Höhe von 20 Euro pro Monat anbieten. Die Summe wäre so erst in knapp sieben Jahren getilgt. Eine Ewigkeit.
Die Miele-Waschmaschine, die der Fröndenberger Rentner reparieren wollte, läuft inzwischen. Aber seit Tagen kann Karl Wieczorek nicht mehr richtig schlafen. Immer wieder geht er im Kopf den Tag der Überweisung durch. Schriftstück, Gang an den Automaten, Eingabe, Kontrolle, PIN-Nummer. Wie ein Film läuft die Szene vor seinem inneren Auge ab. Einen Fehler seinerseits kann er bis heute nicht finden. In einem Protokoll des Überweisungsauftrags konnte der Automat im Vorraum der Fröndenberger Sparkassenfiliale keinen Fehler ausmachen. Der gelernte Fernsehtechniker will künftig auf andere Art Geld überweisen. Um den Scan-Automaten macht er inzwischen einen großen Bogen. Sein Anwalt ermutigt ihn, nicht aufzugeben – und vor allem andere Menschen zu warnen.
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