Menden. . 129 Haushalte bleiben nach Vermittlung durch Jobcenter und Sozialamt von drastischen Maßnahmen verschont. Daten-Freigabe ist erforderlich

129 Mendener Haushalten sind im letzten Jahr Stromsperren wegen unbezahlter Rechnungen erspart geblieben. Dieser Erfolg wurde dank eines neuen Vorgehens erreicht, das individuell vereinbarte Rückzahlungen möglich macht. Die Voraussetzung dafür: Klienten des Jobcenters oder des Sozialamtes erklären sich zuvor mit der Übermittlung ihrer Grunddaten durch das Jobcenter oder das Sozialamt an die Stadtwerke Menden einverstanden. In keinem der 129 Fälle, in denen dieses Einverständnis im Jahr 2018 erklärt wurde, kam es danach noch zu Stromsperren. Im Januar habe es bisher einen einzigen Fall gegeben, bei dem es dennoch zu einer Sperrung kam, ergänzten die Stadtwerke Menden. Und auch wenn nicht alle 129 Unterzeichner schon in unmittelbarer Zahlungspflicht standen: Angesichts der insgesamt niedrigen dreistelligen Zahl von Sperrungen pro Jahr sei ein wirksames Instrument dagegen jetzt gefunden.

Mahnschreiben meist zwecklos

Wer seine Stromrechnung über längere Zeit nicht begleicht, muss mit drastischen Gegenmaßnahmen rechnen: Stromsperren sind für die Energieversorger das letzte Mittel, um Verbraucher zur Kasse zu bitten. Die Sperren können indes auch unverschuldet in Not geratene Menschen treffen, oftmals Sozialleistungsbezieher, darunter nicht selten alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern.

Erstmals im Jahr 2015 befassten sich die Politiker im Mendener Sozialausschuss mit der Frage, wie Sperrungen effektiv verhindert werden können – und zwar ohne dass Unternehmen wie die Stadtwerke Menden ihre Forderungen in den Wind schreiben müssen. Heraus kam ein „Runder Tisch gegen Stromsperren“ mit vielen Beteiligten: den Stadtwerken, der Stadtverwaltung, dem Jobcenter, den Sozialverbänden und der Hilfsaktion „Mendener in Not“.

Fehlender Kontakt als Hauptproblem

Der Arbeitskreis empfahl schließlich den Weg, Nichtzahler über die öffentlich-rechtlichen Leistungserbringer mit den Stadtwerken in Kontakt zu bringen. „Die fehlende Kommunikation mit Kunden, die Mahnschreiben oftmals gar nicht mehr öffnen“, sei tatsächlich das größte Problem gewesen, berichtet Stadtwerke-Pressesprecherin Maria Geers auf WP-Anfrage. Oftmals sei auch die Stadtwerke-Post unbeantwortet geblieben. Jetzt habe man die Möglichkeit, diesen Kontakt wiederherzustellen – „und zwar über Stellen, die unsere Kunden kennen.“ Über diesen Umweg könne dann auch bei erheblichen Rückständen die Rückzahlung vereinbart werden – in realistischen Monatsraten, die für sozial schwache Kunden wirklich leistbar sind.

Infos für Betroffene gibt es mündlich und schriftlich

Seit Mai informiert ein Flyer, der im Jobcenter und im Sozialamt ausliegt, Betroffene über den neuen Weg zur Vermeidung von Stromsperren.

Sachbearbeiter in beiden Behörden sprechen das Problem und die mögliche Lösung indes auch aktiv an und klären ihre Kunden auf.

Das Gespräch im Unternehmen könne es natürlich auch geben, betont Geers. Dies werde aber nur auf Wunsch des Kunden vereinbart: „Bedingung ist das nicht. Die Lösungen sind auch ohne persönliche Gespräche möglich. Wir freuen uns über jede vermiedene Sperre, weil wir die Konsequenzen kennen, die das mitunter haben kann.“

Die Stadtverwaltung will die Sozialpolitiker künftig jährlich über die Entwicklung des Verfahrens auf dem Laufenden halten.