Menden. . Lange Geschichte, gewachsene Struktur: Die Unnaer Straße muss sich vor der Hauptstraße nicht verstecken, meinen Friedhelm und Ingrid Reimer.

Es gibt Zeilen in der Zeitung, die bringen Friedhelm und Ingrid Reimer regelmäßig auf die Palme: „Da heißt es dann sinngemäß, die Geschäfte in der Unterstadt sollten sich doch in Richtung der Kernstadt orientieren.“ Und wenn dann die Werbegemeinschaft Menden in ihrem neuen Strategiepapier noch die Änderung des Bebauungsplans für die Kolpingstraße (auf der gesamten Länge) und für die Unnaer Straße (ab Poststraße stadtauswärts) fordert, um die „Möglichkeit der Einrichtung von Wohnraum im Erdgeschoss“ zu schaffen, dann zielt das für die Reimers und ihren Nachbarn Frank Sammler von Blumen Neuhaus in eine ähnliche Richtung. „Uns beschleicht das Gefühl, wir sollen zugunsten der Hauptstraße allmählich abgeschrieben werden.“

Das aber ist mit den Anliegern nicht zu machen, sagen die Reimers. In ihrem Wohn- und Geschäftshaus an der Unnaer Straße hatte zuletzt 20 Jahre lang der Optiker Hans Wulfkühler seine Räume. Und als der aufhörte, war im letzten Sommer ruckzuck die Neheimer Rottler-Kette zur Stelle. Die allerdings vollzieht jetzt tatsächlich den Umzug zur Hauptstraße (die WP berichtete), was die Reimers nicht anficht: „Wir haben sie in Menden gehalten und werden hier auch diesmal keinen langen Leerstand haben“, zeigen sie sich sicher.

Lange Liste von Geschäften

Denn sie glauben an diese Unterstadt, die seit vielen Jahrzehnten eine gut gefüllte Einkaufsstraße ist. „Von Dieler bis zu uns haben wir heute gerade mal zwei Ladenlokale nicht besetzt“, sagt Friedhelm Reimer. „Man muss nur mal kurz gedanklich durchgehen, wovon wir reden.“ Aus dem Kopf zählt er auf, was ihm auf Anhieb an Nachbarn einfällt: „Drei Banken, zwei Arztpraxen, zwei Apotheken, ein Hotel, der Grill, die Pizzeria, das Elektrogeschäft, das neue Restaurant, zwei Dekorateure, die Änderungsschneiderei, die Reinigung, das Bestattungsinstitut, der Bio-Laden, der Bäcker, der Buchhändler, die Fahrschule, das Fotostudio, die Werbeagentur, das große Seniorenheim und die neue Autisten-Ambulanz. Dann sind da noch Action und der Ein-Euro-Shop, die Weight Watchers und das LEG-Büro. Und ich habe jetzt bestimmt noch einiges vergessen“, lacht er.

Ärger über Abbinden des Nordwalls

Das alles bilde eine über lange Zeit gewachsene Struktur. Friedhelm Reimer holt dann alte Aufnahmen seines Hauses und Fotos aus den 1940er Jahren hervor. Sie zeigen, dass die Unnaer Straße immer schon voller Geschäftsleben war. Auf einem Bild ist sogar noch die alte Tankstelle der Rosiers zu erkennen. Kaum zu glauben: Auch der heutige Autohandelsriese hat mal klein angefangen, und zwar an der Unnaer Straße.

Kritik am Mendener Verkehrskonzept

Mit einer Gruppe von Geschäftsleuten besucht Frank Sammler (Blumen Neuhaus) regelmäßig andere Städte – auch, um sich Anregungen für neue Geschäfts- und City-Konzepte zu holen. Sein Urteil zur eigenen Stadt: „Sie ist viel schöner, als sie geredet wird. Aber die Verkehrskonzeption ist schlecht.“

Weder könne man offen in die Stadt einfahren noch geschäftsnah parken. Einbahnstraßen machten die Lage noch unübersichtlicher.

Vor dem Hintergrund dieser langen Geschichte und dem regen Geschäftsleben, das die Unnaer Straße bis heute aufzuweisen hat, stellt Friedhelm Reimer klar: „Die Stadt hört nicht an der Eierkiepe auf.“

Sein Nachbar Frank Sammler vom Blumengeschäft gegenüber ist mitgekommen zum Pressetermin, um seinem Ärger über das Abnabeln des Verkehrszuflusses vom Nordwall auf die Unnaer Straße Luft zu machen: „Dieses Abwürgen ist eine Entvitalisierung der Unterstadt, ein echter Schildbürgerstreich“, sagt Sammler.

Denn seitdem führen tatsächlich deutlich weniger Kunden an den Unterstadt-Geschäften vorbei. „Und das, obwohl sie hier noch direkt davor parken können. Anders als auf der Hauptstraße.“

Werbegemeinschaft: Wir sind für alle da

In einer Stellungnahme erklärt Frank Oberkampf als Vorsitzender der Werbegemeinschaft Menden, man setze sich tatsächlich dafür ein, dass Wohnbebauung im Erdgeschoss an der Unnaer Straße ab Poststraße stadtauswärts und der Kolpingstraße möglich ist. „Wir setzen uns aber ebenfalls dafür ein, dass dort auch weiterhin Gewerbe möglich sein muss. Wir möchten also beides“, betont Oberkampf.

Der Grund dafür liege auf der Hand: „Erfolgreiche Unternehmen sollen und müssen sich an ihrem Standort auch in Zukunft weiterentwickeln können. Auch neue Unternehmen sind in diesen Bereichen willkommen. Aber für den Fall, das es keine gewerbliche Nachnutzung gibt, oder diese nicht gewünscht ist, dafür fordern wir die Möglichkeit der Umwandlung in Wohnraum.“

Dauerhafte Leerstände oder nicht wünschenswerte Besetzungen würden zum deutlichen Attraktivitätsverlust dieser Straßen und somit für ganz Menden führen: „Wir als Werbegemeinschaft haben die ganze Stadt im Blick, besonders natürlich die Innenstadt, zu der die Unnaer und Kolpingstraße für uns zweifellos zählt. Wir freuen uns über jeden Kontakt und bieten gerne Erläuterungen und das Gespräch an.“