Menden. . 80 Menschen sind von Insolvenz des Mendener Bad-Herstellers betroffen: Angebote der Agentur. IG Metall sieht aber wachsende Konkurrenz im Kreis

Massenentlassungen in Menden sind wegen der seit Jahren guten Konjunkturlage selten geworden – eine traurige Ausnahme bildet jetzt die Traditionsfirma SAM in der Horlecke. Wie berichtet, ist der Betrieb beim Bad-Ausstatter am Montag eingestellt worden, nachdem sich laut Insolvenzverwalter kein Übernehmer fand – nur für die Galvanik interessieren sich offenbar Investoren aus der Region. Rund 80 von zuletzt 100 Beschäftigten verlieren jetzt aber ihren Arbeitsplatz. Was ist für sie zu tun, wenn sie nicht schon längst von sich aus aktiv geworden sind?

6000 freie Stellen im MK

Die WP sprach mit Lena Brühl, der Sprecherin der Arbeitsagentur MK in Iserlohn, und mit Torsten Kasubke, 2. Bevollmächtigter der IG Metall im Märkischer Kreis. Ohne konkret auf den jetzt betroffenen Betrieb einzugehen, erklärte Lena Brühl: „Grundsätzlich gilt, dass wir noch nie so viele offene Stellen im Kreisgebiet hatten wie heute.“ 6000 Arbeitsplätze bieten die Betriebe im Kreisgebiet aktuell an.

Entlassungen meldepflichtig

Doch Lena Brühl weiß auch: „Das Kreisgebiet ist groß, und auch der Arbeitsplatz muss passen.“ Das könne nur „im Klein-Klein“ zwischen dem Arbeitssuchenden und seinem Berater ausbaldowert werden. Und wie kommt man als Betroffener an solche Gespräche? „Wenn uns Firmen anzeigepflichtige Entlassungen melden, gehen wir in der Regel sofort mit ihnen in die Kommunikation“, sagt Brühl. Häufig werde die Agentur für eine Info-Veranstaltung in den Betrieb eingeladen. „Dabei nehmen wir auch schon Arbeitslos-Meldungen auf.“

Berater legt Profil an

Wo es nicht so abläuft, könnten Arbeitnehmer die Chefetage darauf ansprechen oder gleich selbst den Kontakt zur Arbeitsagentur suchen – in Menden ist die Erstmeldung seit August 2017 wieder an der Walramstraße 3 möglich. Diese Wege dürften viele SAM-Beschäftigte bereits genommen haben. „Im Erstgespräch werden alle wichtigen Daten aufgenommen und – online oder in Abstimmung mit dem Berater – Profile angelegt.“ Darin stehe alles zu Qualifikation und Mobilitätsradius des betreffenden Arbeitnehmers. Das Profil werde mit den Angeboten abgeglichen.

Zuschüsse und Insolvenzgeld

Wo Eingliederungszuschüsse oder Probearbeit gefragt seien, stehe die Agentur mit Rat und Tat bereit. Falls es in den Vormonaten bereits mit pünktlichen oder vollständigen Lohn- und Gehaltszahlungen gehapert hat, kann auch Insolvenzgeld beantragt werden. Damit gleicht die Agentur ausgebliebene Entgelte nachträglich aus. Wichtig: Wer bei einer Insolvenz Arbeitslosengeld beantragt, muss sich das Insolvenzgeld für einen deckungsgleichen Zeitraum allerdings anrechnen lassen. Und: Die Arbeitsagentur zahlt auf Antrag der zuständigen Einzugsstelle (Krankenkasse) auch die Sozialversicherungsbeiträge. Die Beiträge werden ebenfalls für die letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses vor dem Insolvenzereignis gezahlt. Dies erfolgt dann, wenn für diesen Zeitraum keine Beiträge durch den Arbeitgeber gezahlt wurden.

Gewerkschaft skeptisch

Torsten Kasubke von der Industriegewerkschaft (IG) Metall sieht die Arbeitsmarktlage im Kreisgebiet längst nicht so positiv wie die Agentursprecherin: „Wir haben zurzeit 160 Kündigungen bei Kostal in Lüdenscheid, für Dura in Plettenberg, wo es im Mai zu Ende sein soll, rechnen wir mit 900 Kündigungen, die ersten gehen gerade heraus.“

Die früheren SAM-Beschäftigten bekämen damit nicht nur neue Konkurrenz auf dem regionalen Arbeitsmarkt. „Sie stehen auch vergleichsweise schlecht da, weil sie ohne einen Betriebsrat keinen Sozialplan haben. Der wäre für die Betroffenen jetzt hilfreich.“

Insolvenzverfahren soll Gläubiger befriedigen

Das Insolvenzverfahren soll das Restvermögen eines Schuldners bei Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung verwerten und aus dem Erlös alle Gläubiger gleichmäßig befriedigen.

Davon abweichende Regelungen können allerdings zur Sanierung eines Unternehmens und zum Erhalt der Arbeitsplätze in einem Insolvenzplan getroffen werden.

Auch habe die IG Metall mit ihrer Beratungskompetenz kriselnden Unternehmen schon mehr als einmal auf der Patsche geholfen. „Alles das entfällt, wenn niemand in der Belegschaft irgendwann zum Arbeitgeber geht und die Bildung eines Betriebsrates verlangt.“

Für einen guten CNC-Dreher sieht Kasubke allerdings tatsächlich wenig Probleme, zeit- und ortsnah einen neuen Arbeitsplatz zu bekommen. „Aber das sind ja beileibe nicht alle.“