Menden. . Die Warterei auf das Nordwallcenter hat Auswirkungen. Viele Marken sind weg. Oft, aber nicht immer trägt die Unsicherheit Schuld.
Die Immobilienpreise sinken. In der Innenstadt gibt es überdurchschnittlich viele Leerstände. Gleichzeitig sind viele Marken aus der Fußgängerzone verschwunden. Neuansiedlungen sind schwierig. Der Abstieg beschleunigte sich parallel zum Warten auf das Nordwallcenter. Häufig gab es tatsächlich einen direkten Zusammenhang. Auf gut 22 000 Quadartmeter Verkaufsfläche in der Innenstadt sind einige Tausend Quadratmeter Leerstand dazu gekommen.
Rückblick: 2014 soll es eigentlich losgehen mit dem Bau des Centers. Der Investor ITG plant den Abriss des Kaufhauses Dieler, um Platz für Neues zu schaffen. Nachdem die Küster-Immobilien GmbH aus Dortmund das Dieler-Gebäude an den Center-Investor ITG verkauft, zieht Dieler auch aus und in kleinere Ladenlokale in Lendringsen und an der Kirchstraße. Zum Abriss ist es bis heute nicht gekommen. Das Haus wird technisch in Betrieb gehalten und gepflegt. Aber die 800 Quadratmeter Verkaufsfläche im Erdgeschoss und zuletzt nicht mehr genutzte 1000 Quadratmeter im Obergeschoss liegen seitdem brach. Auch Discounter Kodi, der ein Ladenlokal in dem Komplex belegte, bekommt Anfang dieses Jahres die Kündigung durch die ITG. Begründung: der bevorstehende Abriss. Daraus wird erneut nichts.
Action kam ins schwierige Umfeld
C&A ging an der Unnaer Straße weg, weil man das „Potenzial“ am Standort Menden nicht sah. Die Entscheidung zur Schließung am 29. August 2015 fiel „basierend auf einer standortabhängigen Marktanalyse und Marktbeobachtung“, erklärte C&A damals und ließ durchblicken, dass man ohne Center für sich keine Zukunft sehe. Zu dem Zeitpunkt war ein Baustart bereits in weite Ferne gerückt.
Mit Discounter Netto ging im Sommer 2016 einige Meter weiter ein Supermarkt an der Unnaer Straße verloren. Auslöser für die Schließung sollen vor allem gescheiterte Mietverhandlungen gewesen sein. Der niederländische Haushaltswaren-Discounter Action zog in das nur kurze Zeit leerstehende Ladenlokal ein. Action setzte optimistisch auf den schnellen Bau des Nordwallcenters: „Das haben wir natürlich mit einbezogen. Aber das ist nicht kriegsentscheidend für uns gewesen“, sagte Vertriebsleiter Guido Lomans damals im WP-Interview zum Nordwallcenter. Er behielt Recht mit Blick auf die eigene Strahlkraft. Action ist mittlerweile, von den Supermärkten abgesehen, mit weitem Abstand der größte Frequenzbringer in der Innenstadt.
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Ende April 2016 machte der Drogeriemarkt „dm“ an der Hauptstraße dicht. Das Unternehmen erklärte, dass die Schließung nach der Eröffnung der zweiten Marktes am Bahnhof „planmäßig“ erfolgte. Tatsächlich soll „dm“ auf die attraktive Nähe zum Nordwallcenter spekuliert haben, auf eine schnelle Eröffnung gesetzt haben. Dafür spricht, dass auch der Mietvertrag für das Ladenlokal noch bis zum Ende dieses Jahres laufen soll, obwohl die Fläche leersteht. „dm“ erklärt, dass der Vertrag auslaufen wird. Auch eine Ansiedlung im Nordwallcenter – sofern es irgendwann gebaut wird – sei nicht geplant.
Konkurrent „Rossmann“ setzte sogar bereits fest auf einen Umzug ins Nordwallcenter, verlängerte schon vorsorglich seinen Mietvertrag an der Hauptstraße nicht. Am 21. August 2017 sollte dort Schluss sein. Rossmann wollte dann im Herbst 2018 im Center eröffnen, in der Zwischenzeit gar nicht vertreten sein, weil die Zeit ja absehbar war. Nach Protesten und Vermittlung durch die Werbegemeinschaft änderte das Unternehmen die Meinung und verlängerte an der Hauptstraße. Die Entscheidung zahlte sich aus. Rossmann hätte sich verpekuliert und wäre deutlich länger oder ganz weg aus Menden gewesen. Mittlerweile will Rossmann gar nicht mehr ins Center.
Top-Lage nur schwer zu vermarkten
Einzige namhafte Neuansiedlung in den vergangenen Jahren ist der niederländische Unterwäsche-Anbieter Hunkemöller. Das Unternehmen folgte im September 2017 auf das Modegeschäft Favors, das sich nur kurz halten konnte. Davor zog sich an gleicher Stelle bereits Modeanbieter Cruse zurück. Die Gründe blieben diffus. Im Dezember 2017 schloss Kaffeeröster Tchibo aus „wirtschaftlichen Gründen“ in bester Lage direkt am Markt. Modegeschäft Madonna wich dem „Glücksgriff“. Die Modekette Bonita machte in diesem Sommer wegen der deutschlandweiten Umstrukturierung dicht. Auch der Mutterkonzern Tom Tailor schloss jüngst seine Filiale. Ein Zusammenhang zum Nordwallcenter kann hier ausgeschlossen werden.
Hausbesitzer hofft auf Wertsteigerung
Die Hängepartie ums Center hat aber Auswirkungen auf den Immobilienmarkt. Ein Vermieter aus der Innenstadt beispielsweise setzt auf eine Wertsteigerung seines Gebäudekomplexes. „Ich will verkaufen. Aktuell ist der Preis aber am Boden. Das wäre verbranntes Geld. Wir brauchen dringend eine Stabilisierung des Marktes durch Sicherheit“, sagt er. Die Kaufpreise sind genauso gesunken wie die Mieten. In der Kerninnenstadt lassen sich Ladenlokale, die einmal leer sind, schlechter wieder vermieten. „Klar, die Unternehmen wollen alle wissen, was mit dem Nordwallcenter ist“, sagt der Mendener Immobilienmakler Michael Kreytenberg. Der weltweit aktive Makler BNP Paribas Real Estate versucht seit Jahren vergeblich das Eckgeschäft Hauptstraße/Nordwall (ehemals Döpi) an den Mann zu bringen. Immobilienexperten sagen: Stünde gegenüber ein attraktives Center, wäre das wohl eine der teuersten Geschäftslagen von Menden. Gleichzeitig bleiben aber auch Neuansiedlungen aus, weil starke Konkurrenz ins Center kommen könnte.
Händler kritisieren Unsicherheit
„Sie haben mit der Fußgängerzone ein Pfund, mit dem Sie wuchern können“, sagt Birgitt Wachs von der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung (GMA). Die GMA untersuchte für ein Einzelhandelskonzept auch die Leerstände. Klares Ergebnis einer Umfrage war, dass viele Anbieter genau die Unsicherheit durch das Nordwallcenter kritisieren. In der Kerninnenstadt liegt die Leerstandsquote bei 9 Prozent. „Die relativ hohe Leerstandsquote wirkt sich negativ auf die Attraktivität der Innenstadt aus“, sagt Wachs.