Menden. . Investor ITG wirbt nach dem Projekt-Aus mit Plänen für ein neues Nordwallcenter bei Mietern. Die Stadt weiß von nichts. Was die Mieter sagen:

Der Düsseldorfer Investor ITG wirbt gegenüber Mietern mit neuen Plänen für eine veränderte Version des Nordwallcenters. Der zweiteilige Komplex soll demnach mit 11 800 Quadratmetern Fläche sogar größer sein als die ursprünglichen Entwürfe. Es gibt auch eine Liste mit konkreten Mietern für einzelne Ladenlokale. Damit wirbt die ITG bei anderen potenziellen Mietern um eine Vertragsunterzeichnung. Allerdings winkt auf WP-Nachfrage ein Teil der Firmen bereits ab. Die ITG besitzt auch nicht mehr alle Grundstücke um das Center zu bauen. Und die Stadtverwaltung weiß von nichts.

Zwei getrennte Gebäude geplant

Das Exposé, das der Redaktion vorliegt, zeigt eine Hochglanz-Ansicht von zwei getrennten Gebäudekörpern. Der vordere Bereich soll fast exakt auf der Grundfläche des heutigen Dieler-Gebäudes gebaut werden und ist zur Unnaer Straße hin abgerundet. Im vorderen Teil ist Verkaufsfläche für ein Modehaus, für Gemischtwaren und ein Eiscafé vorgesehen. Als Mieter sind Sinn und Woolworth im Gespräch.

Der hintere Baukörper auf der Fläche des ehemaligen Nordwall-Parkhauses soll ein Parkhaus mit 300 Plätzen beherbergen. Ankermieter sollen ein großer Discounter und ein Elektrofachmarkt werden. Auch Flächen für ein Schuhgeschäft und einen Drogeriemarkt und einen Deko-Markt sind vorgesehen. Hier sind die Namen Lidl, Saturn, DM, Deichmann und Depot im Gespräch.

Woolworth: Vertrag unterschrieben

Die ITG äußert sich auf Nachfrage der Redaktion zu den Plänen nicht. Voneinander unabhängige Quellen aus Kreisen möglicher Mieter bestätigen gegenüber der Redaktion aber, dass die ITG bereits konkret versucht, mit dem Entwurf Mietverträge zu schließen. Woolworth-Sprecherin Diana Peisert hat (als einzige) sogar einen Abschluss zu vermelden: „Der Mietvertrag ist bereits beidseitig unterzeichnet.“ Einen Eröffnungszeitpunkt wolle Woolworth aber nicht abschätzen.

Viele Argumente gegen die ITG

Für eine geschickt gestreute Finte haben diese Pläne zu viel Substanz, für eine realisierbare Umsetzung viel zu wenig. Dabei macht die ITG ausnahmsweise einmal das einzig Richtige, um das Center wenigstens zu keinem Verlustgeschäft zu machen. Sie versucht Abschlüsse vorzulegen. Nur damit könnte man die Politik vielleicht noch zu einem neuerlichen Anlauf bewegen.

Man muss Zweifel haben, dass die Verhandlungen von Offenheit geprägt sind. Viel mehr dringt nach außen, dass die ITG Mieter und Stadt immer mit einem substanzlosen „Wir sind dran“ oder „Passt schon so“ zufriedenstellen wollte und noch will. Mehrere Interessenten hatten die Faxen dicke und haben sich aus dem Projekt zurückgezogen. Dass die Stadtverwaltung noch nicht einmal eine Information über diesen Anlauf hat, ist eine weitere Peinlichkeit.

Damit aus dem neuen Entwurf tatsächlich mal ein Nordwallcenter werden kann, muss deutlich mehr her. Es bleibt auch die Frage offen, ob solch ein Klotz überhaupt noch politisch gewollt ist. Es ist immerhin eine bemerkenswerte Tatsache, dass ein Discounter wie Lidl Interesse an dem Standort zu haben scheint und ein Saturn unabhängig vom Center Interesse an Menden erklärt hat. Aber: Das sind eher Argumente für eine eigene Lösung auf dem hinteren Geländeteil – ohne ITG.

Andere Firmen zeigen Interesse. Discounter Lidl äußert sich vielsagend: „Lidl entwickelt sein gesamtes Filialportfolio qualitativ und quantitativ weiter. Auch in Menden möchten wir den Kunden eine moderne Einkaufsstätte mit attraktiven Einkaufsbedingungen präsentieren“, sagt Sprecherin Melanie Pöter. Auch das Modehaus Sinn hatte bereits gegenüber der Redaktion erklärt, an einem Verbleib in Menden interessiert zu sein. Wo, ließ der Bevollmächtigte Friedrich-Wilhelm Göbel offen. Für Saturn ist Menden ein „interessanter Standort“, sagt Sprecherin Annabell Feith: „Daher werden wir die Immobiliensituation vor Ort weiterhin eng beobachten und geeignete Angebote für eine Ansiedlung prüfen – zu diesen Angeboten zählt in der Tat auch ein Flächenangebot des Investors ITG.“

Es gibt aber auch mehrere Absagen aus der Reihe der vorgesehenen Mieter: „Wir sind mit der gegenwärtigen Lage unserer „dm“-Märkte in Menden sehr zufrieden und haben deshalb derzeit kein Interesse an einem Standort im geplanten Nordwallcenter“, sagt der „dm“-Gebietsverantwortliche Thorsten Rose. Auch der Mietvertrag der schon seit 2016 geschlossenen Filiale an der Hauptstraße laufe aus.

„dm“, Rossmann, Deichmann raus

Auch für Konkurrent Rossmann ist ein Umzug von der Hauptstraße ins Nordwallcenter jetzt vom Tisch: Für den Drogeriemarkt „steht eine Anmietung im Nordwallcenter nicht zur Diskussion“, sagt Sprecher Josef Lange. Gleichwohl sei Menden ein interessanter Standort. Er bitte „um Nachsicht, das Geschehen um das Center nicht bewerten zu wollen“. Auch Schuhhaus Deichmann bekräftigt, kein Interesse mehr am Nordwallcenter zu haben: „Wir haben die Verhandlungen im April 2017 eingestellt – wir werden hier nicht anmieten“, sagt Deichmann-Sprecher Ulrich Effing.

Investor besitzt nicht alle Grundstücke

Wie viel Substanz die Pläne der ITG haben, lässt sich kaum nachprüfen. Fakt ist: Die ITG könnte ihre Pläne gegenwärtig überhaupt nicht umsetzen, weil ihr nach der Rückabwicklung des Kaufvertrages für das Parkhaus gar nicht alle Grundstücke für das geplante Center gehören.

„Mir ist nicht bekannt, was die ITG macht“, sagt Sebastian Arlt, der erste Beigeordnete der Stadt Menden. Die Pläne lägen im Rathaus nicht vor. Arlt verdeutlicht, dass der Bau des Einkaufszentrums eine „Frage der Verfügbarkeit der bebaubaren Grundstücke“ sei. Zur grundsätzlichen Genehmigungsfähigkeit des ITG-Entwurfs könne er nichts sagen. Es habe keine Abstimmung darüber gegeben. Die ITG soll gegenüber Interessenten erklärt haben, mit der Stadtverwaltung darüber im Gespräch zu sein.

Mehrere andere Interessenten

Arlt betont, dass die Stadtverwaltung nur ausführe, was die politische Mehrheit will. Bevor der ITG-Entwurf umgesetzt werden kann, müsste zunächst ein neuer Kaufvertrag für die städtischen Grundstücke geschlossen werden. Eine Mehrheit dafür ist offen.

Arlt bestätigt, dass es mehrere andere Interessenten mit Ideen gibt. „Es handelt sich um eine sehr begehrte Immobilie.“