Menden. . Wie wirkt sich die Meisenseuche mit dem Bakterium Suttonella Ornithocola aus? Schottischer Forscher: Menschen und Hauskatzen wohl nicht in Gefahr

Die möglichen Folgen des Ausbruchs der Meisenseuche in Menden sind auch für Experten noch schwer vorherzusagen. Behörden sind zurückhaltend in der Bewertung, gehen aber nicht von einer Gesundheitsgefahr aus. Das Arnsberger Veterinäruntersuchungsamt hatte das verantwortliche Bakterium „Suttonella Ornithocola“ am Freitag in einer in Oesbern verendeten Meise entdeckt. WESTFALENPOST-Leser melden weitere ähnliche Fälle von verendeten Meisen aus dem ganzen Stadtgebiet.

Bislang auf Meisen beschränkt

Nach aktuellem Stand ist der Oesberner Fund der erste überhaupt in Deutschland. „Mir ist Suttonella Ornithocola in Deutschland nicht bekannt. Sutonella wurde erstmals in den 1990er Jahren in toten Vögeln der Meisenfamilie auf den Britischen Inseln entdeckt“, sagt Forscher Geoffrey Foster von Scotland’s Rural College in Inverness auf Nachfrage der WP-Redaktion. Der Forscher hatte als einer der ersten über das Bakterium geschrieben und forscht seitdem an der Verbreitung der Seuche. „Es gibt seitdem immer wieder Häufungen von Todesfällen, aber auch einzelne Funde.“ Es sei auffälig, dass die Todefälle vermehrt im Frühling auftreten. Die Todesfälle seien stets auf Meisen beschränkt, keine anderen Vögel betroffen.

Tipp: Einweghandschuhe nutzen

In der Redaktion häufen sich mittlerweile Nachfragen, inwieweit auch Haustiere gefährdet sind: „Meines Wissens nach gibt es keine Berichte über den Nachweis des Bakteriums in Katzen oder anderen Tieren“, sagt Experte Foster. Auch wenn er es natürlich für möglich halte, dass Haustiere mit verendeten Tieren in Berührung kommen. Auch beim Menschen sei das Bakterium noch nicht nachgewiesen worden.

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Foster will den deutschen Behörden nicht hineinreden, wie sie mit dem Ausbruch der Seuche in Menden umgehen sollen. „Das ist Sache der deutschen Behörden.“ Auf Nachfrage der Redaktion sind die Behörden zunächst äußerst zurückhaltend: Das Kreisveterinäramt des Märkischen Kreises will keine Maßnahmen einleiten. „Das Auftreten dieses Bakteriums ist nicht meldepflichtig“, sagt Kreissprecher Hendrik Klein. Ob das aber daran liegt, dass die Seuche ungefährlich ist oder schlichtweg noch zu selten, bleibt weiter offen. Auch beim renommierten Friedrich-Löffler-Institut, das an Tierseuchen forscht, ist das Bakterium nicht Gegenstand der Forschung. Die Bakterien-Experten des Standortes Jena verweisen an den schottischen Experten Foster.

Das Landes-Umweltministerium kann nicht ausschließen, dass es zu einem größeren Meisensterben kommt, aber bislang sei die Lungenkrankheit selbst bei der Vogelschutzwarte kein Thema gewesen: „Krankheitsausbrüche bleiben anscheinend lokal begrenzt“, sagt Sprecherin Nora Gerstenberg. „Eine Auswirkung auf Populationsebene existiert mit ziemlicher Sicherheit nicht, ebenso besteht nach derzeitigem Wissen für Menschen keine Gefahr.“

Man müsse vielleicht die Wanderungsbewegungen der Meisen analysieren, um die Verbreitung vorhersagen zu können, sagt Foster. Möglicherweise sei das Bakterium schon viel weiter verbreitet als angenommen. „Es ist wahrscheinlich, dass es in vielen Ländern in Meisen vorkommt.“ Nur sei es äußerst selten, dass überhaupt Proben genommen werden. In vielen Ländern seien auch die Analysemöglichkeiten beschränkt.

Wer verendete Meisen findet sollte sich besser mit Einweghandschuhen schützen, rät Foster. „An schließend sollen die Hände unter laufendem warmen Wasser gewaschen werden.“

Die Mendener Tierschützerin Barbara Kemper hatte die verendeten Meisen vor zwei Wochen in ihrem Garten gefunden und zur Untersuchung in das Arnsberger Labor gebracht. Alleine in ihrem Garten fanden sich mehr als 15 verendete Tiere. Es könnten weitere hinzukommen.