Menden. . Lokalkolorit satt: Das bot die Premiere von „Tratsch im Treppenhaus“. Die Mendener Schaubühne begeisterte.
Ein Riesenspaß für die Zuschauer, in diesem ja so gar nicht ehrenwerten Haus (eine instrumentale Version des Hits von Udo Jürgens führt immer wieder ganz passend in die Stimmung dort ein). Die Mendener Schaubühne brachte die ersten Aufführungen des Stücks „Tratsch im Treppenhaus“ erfolgreich auf und über die Theaterbühne.
Erzählungen aus dritter Hand
Tratschen, das tun immer nur die anderen. Sieht auch Meta Boldt so. Ganz objektiv betrachtet ist sie es aber, die mit ihrer Mischung aus Erzählungen dritter Hand, Halbwahrheiten mit dramatisch dazu komponierten Ergänzungen und Gerüchten und ganz bewusst verbreiteten Lügen die gesamte Etage des Trepenhauses in Aufruhr versetzt und gegeneinander aufhetzt. Sie selbst soll das ganze immer im möglichst besten Licht dastehen lassen. Das als Zuschauer mitzuerleben ist teilweise einfach nur grotesk, lässt herzhaft lachen, macht aber auch mitunter ganz schön nachdenklich.
Mehr als 100 Besuchern ging es so am Freitagabend bei der Premiere von „Tratsch im Treppenhaus“ im gut, wenn auch nicht voll besetzten Theater am Ziegelbrand. Weitere verfolgten die zweite Aufführung am Samstag. Sie erlebten, wie sich die Situation in diesem 1960 in Flensburg uraufgeführten und später durch das Hamburger Ohnsorg-Theater bekannt gewordenen Schwank von Jens Exler dadurch zuspitzt, dass die betagte Hanne Knoop (gespielt von Reni Retzlaff) verbotenerweise ein Zimmer ihrer Wohnung untervermietet. An die junge Silke Seefeldt (Elli Midder-hoff), die es bei ihrem Vater nicht mehr aushält. Weil Silke aber nun wirklich nicht unattraktiv ist, nimmt der eigentlich recht strenge Vermieter Bernhard Tramsen (Stefan Alberts) den angedrohten Rauswurf schnell zurück, als er die junge Frau kennen lernt.
Ein weiterer illegaler Untermieter in der Nachbarwohnung, Silke Seefeldt, die nun wirklich allen Männern im Haus den Kopf verdreht und schließlich der große Stiftungsball des Kaninchenzuchtvereins auf der Wilhelmshöhe (nicht das einzige Beispiel für ein wenig Lokalkolorit, den die Schaubühne in das Stück eingebaut hat) lassen die Situation auf ihren Höhepunkt zusteuern. Ob eine friedliche Lösung all dieser amüsanten Verwicklungen gefunden werden kann, soll an dieser Stelle natürlich noch nicht verraten werden. Ein paar Aufführungen der Schaubühne stehen ja noch an.
Siebenköpfiges Ensemble
Dem siebenköpfigen Schaubühnen-Ensemble aber darf man gratulieren zu einer tollen Darbietung. Etwa Petra Wagner, die als Meta Boldt den ganzen Abend über (das Stück selber dauert gute zwei Stunden) dauer-hyperventilierend mit Schnappatmung, mit schriller Stimme und wie ein Wasserfall redend das nächste Gerücht in die Welt setzt. Und deren Wesen sich ganz treffend in zwei Sätzen von ihr zusammenfassen lässt, gerichtet an den Vermieter Tramsen: „Woher wissen Sie das? Ich habe Ihnen das doch gar nicht erzählt.“
Die anderen Personen können einem nur leid tun, dieser Furie ausgesetzt zu sein. Aber sie machen das Beste daraus. Dieses sich rasant entwickelnde Spektakel mit zahlreichen brüllend-komischen und abstrusen Momenten belohnten die Premierenbesucher mit viel Applaus.