Menden. . Erleichterung und Freude pur: Alexander Rahn übernimmt die traditionsreiche Innenstadt-Praxis von Eckart Rigol. Er hat Vorstellungen und Pläne.

Eckart Rigol ist überglücklich – und er zeigt das auch. Nach langer Suche hat der Allgemeinmediziner einen Nachfolger für seine Praxis in der Kolpingstraße gefunden: Alexander Rahn kommt aus Unna – und hat genaue Vorstellungen für die Zukunft. Vor allem die Zeit als Bundeswehrarzt sei für ihn prägend gewesen, berichtet er. Aufhören wird der 72-jährige Hausarzt derweil keineswegs.

Zweite Übernahme mildert drohenden Ärztemangel

Die Übernahme der Praxis Rigol zum Jahreswechsel ist bereits die zweite Erfolgsmeldung innerhalb kurzer Zeit. Wie berichtet, hatte das St.-Vincenz-Krankenhaus mit Mohammed Al-Shami im Oktober einen Klinikarzt als Nachfolger für die Praxis Leyendecker gewinnen können.

Dabei drohte der Mangel an niedergelassenen Haus- und Fachärzten auch in Menden dramatische Ausmaße anzunehmen. Aus diesem Grund fördert die Kassenärztliche Vereinigung (KV) seit Juli in der Hönnestadt finanziell die Gründung oder Übernahme von Arztpraxen.

„Ich bin nur froh, endlich die Bürde der Verantwortung abgeben zu können“, sagt der Arzt im WP-Gespräch. Zum 1. Januar 2018 soll das der Fall sein, dann ist Alexander Rahn aus Unna der Inhaber.

Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung

Ende vergangener Woche kam die Genehmigung der Kassenärztlichen Vereinigung. Aber Rigol stellt klar: „Hätte ich noch keinen Nachfolger gefunden, dann hätte ich erstmal alleine weitergemacht. So wie bisher.“

Der 72-Jährige, der aus Essen stammt und seit 34 Jahren in der Hönnestadt wirkt, sieht sich als Arzt aus Berufung, 24 Stunden am Tag. Das merkt der Gesprächspartner schnell.

In Praxis aufgewachsen

„Ich bin quasi in der Kinderarztpraxis meines Vaters aufgewachsen, habe schon als Jugend­licher immer wieder Anrufe für ihn entgegen genommen. Für mich kam dann eigentlich auch kein anderer Beruf in Frage.“

Wobei Eckart Rigol das noch etwas einschränkt: Profisportler war auch eine Option. Ein äußerst talentierter Zehnkämpfer war er, mit einer 100-Meter-Zeit von unter elf Sekunden und fast zwei Metern im Hochsprung.

Wahl zwischen Praxis und Profisport

Als der Körper das aber nicht in letzter Konsequenz mitmachte, war der Weg vorgezeichnet, wenn er auch zunächst über den Umweg einer kaufmännischen Ausbildung führte. Bevor ihm eine Ärztin an der Berufsschule das Leben rettete, wie es Rigol in Bezug auf seine berufliche Laufbahn ausdrückt.

Der nächste Schritt mit der Praxisübergabe wird nun für Eckart Rigol keineswegs auf den Altersruhesitz führen. „Ich mache weiter, wahrscheinlich so lange, bis ich umfalle“, lacht er. Nur wird sein Alltag nun etwas entspannter. Statt ungefähr 60 sollen es nun 40 Stunden in der Woche sein. Konzentrieren wird er sich mit Beginn des neuen Jahres vor allem auf Hausbesuche.

Gespräche mit potentiellem Nachfolger

Gut ein Jahr lang führte Eckart Rigol Gespräche mit seinem potenziellen Nachfolger Alexander Rahn. „Ich hatte von Beginn an ein gutes Gefühl, teilweise sogar Gänsehaut, als mir Alex von seinen Ideen und Vorstellungen erzählte.“ Der Angesprochene bestätigt diese Einschätzung auch von seiner Seite. Der 54-jährige Familienvater lebt in Unna, betreibt dort ein Medizinisches Versorgungszentrum.

Zugunsten der Mendener Praxis will er dort seine Stundenzahl reduzieren. Geboren und aufgewachsen ist Rahn in der Sowjetunion, im heutigen Kasachstan. Dass er sich selbst als „kasachischer Preuße“ bezeichnet, hat auch mit seiner Prägung durch die Bundeswehr zu tun. Unter anderem war er in der Kaserne in Hemer als Arzt tätig. „Das hat meine Arbeitsabläufe sehr geprägt, zum Beispiel klar verteilte Kompetenzen“, sagt Rahn, um das Ganze dann noch prägnanter zusammen zu fassen: „Struktur, Struktur, Struktur.“

Team soll jetzt größer werden

Die wird es auch brauchen, denn Rahn will das Team in Menden vergrößern. Mit Christos Spenzos sei ein weiterer Arzt dabei, mit Olga Khokhlova eine Weiterbildungsassistentin, also künftige Ärztin.

Medizinischen Nachwuchs zu fördern, hat sich Rahn auf die Fahne geschrieben. Einen Standortnachteil im Sauerland sieht er nicht. „Ich weiß auch nicht, warum wir hier mit Ärzten unterversorgt sind und Unna als nahezu gleich große Stadt deutlich besser. Menden liegt doch auch gut und zentral.“

Interessenten will er mit seinem Konzept und den beruflichen Chancen locken. „Ich brauche Leute, die mitdenken und -fühlen und anpacken wollen, nicht nur rumdümpeln.“ Rahn steckt voller Energie. Und Vorgänger Eckart Rigol hat davon auch immer noch jede Menge.