Menden. . Hat Menden zu wenig Kinderärzte? Geht es nach den Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, ist das nicht der Fall. Aber . . .
- In Menden gibt es nur noch zwei statt einstmals drei Kinderärzte
- Auf dem Papier ist das ausreichend, denn der Versorgungsgrad ist gut
- Doch Eltern klagen über oft stundenlange Wartezeiten
Hat Menden zu wenig Kinderärzte? Wenn es nach den Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe geht, ist das nicht der Fall. Doch die Realität sieht anders aus als die nüchternen Zahlen auf dem Papier. In sozialen Netzwerken klagen Mendener Eltern regelmäßig über stundenlange Wartezeiten bei Kinderärzten. Sie loben die Praxisteams und haben Verständnis für deren Überlastung, aber wünschen sich gleichwohl eine Verbesserung der Situation. Die WP hat nachgefragt.
Knapp 153 Prozent
Der so genannte Versorgungsgrad für den Märkischen Kreis liegt weiterhin bei knapp 153 Prozent und sei damit ausreichend, erklärt Jens Flintrop, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL).
Nur noch zwei statt drei Kinderärzte
In Menden selbst gibt es seit etwa zweieinhalb Jahren nur noch zwei statt ursprünglich drei Kinderärzte. Bereits im Herbst 2014 hatte sich der Kinderarzt, der viele Jahre an der Gartenstraße seine Praxis betrieb, aus gesundheitlichen Gründen zurückgezogen. Übergangsweise hatte sich damals ein Kollege um die jungen Patientinnen und Patienten gekümmert. Die Kassenärztliche Vereinigung suchte intensiv nach einem Kinderarzt für Menden – vergeblich.
Antrag auf Sonderbedarf
Der Arztsitz verfiel im Dezember 2015. Wenn sich jetzt noch ein dritter Kinderarzt in Menden niederlassen wollte, könne dieser einen Antrag auf Sonderbedarf stellen, informiert Jens Flintrop. Der Zulassungsausschuss würde in solch einem Fall „wohlwollend prüfen“, ob die beiden verbliebenen Kinderärzte in Menden besonders viele Patienten haben. Auch die Versorgung in den umliegenden Städten werde dann in Augenschein genommen. Bislang aber ist wohl kein dritter Kinderarzt für Menden in Sicht.
Ein Kinderarzt für 3990 Kinder
Den Eltern-Eindruck, dass das Wartezimmer der Kinderärzte oft überfüllt ist, kann der Mendener Kinderarzt Dr. Thomas Dücker nur bestätigen. Vor allem in der Erkältungszeit müsse mit langen Wartezimmer gerechnet werden: „Da kann es schon mal drei Stunden dauern.“ Er müsse dann fast im Akkord von Patient zu Patient eilen – immer in der Hoffnung, trotz aller Sorgfalt nichts zu übersehen.
Bedarfsplanung
Die vergleichsweise hohe Versorgungsquote für den Märkischen Kreis fußt auf Verhältniszahlen, die auf Bundesebene für die verschiedenen Arztgruppen definiert worden sind, berichtet Jens Flintrop. Danach soll sich ein Kinderarzt um 3990 Kinder kümmern. „Das ist die Bedarfsplanung.“ Ob die Zahl der Kinder pro Arzt zu hoch gegriffen sei – darüber könne man sicherlich diskutieren.
Medizin wird weiblicher
Das Haupt-Problem ist nach Ansicht von Kinderarzt Dr. Dücker, dass es zu wenig Kinderärzte gebe. Die Medizin werde weiblicher: „80 Prozent der Kinderärzte sind Frauen.“ Diese wollten aufgrund eigener Familie oft in Teilzeit arbeiten. Zudem seien die Vorsorge-Untersuchungen von Babys und Kleinkindern aufwändiger geworden.
Zwar seien die Kinder heute rein körperlich gesünder als frühere Generationen, so Dr. Thomas Dücker: „Aber sozialpädiatrische Themen rücken in den Vordergrund: ADHS, Verhaltensauffälligkeiten und psychosomatische Beschwerden – das ist sehr zeitintensiv.“
>>VERSORGUNGSGRAD WIRD AUF KREISEBENE GEMESSEN
- Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) bemisst den Versorgungsgrad nicht für Menden, sondern auf Kreisebene. Und mit Blick auf den gesamten Märkischen Kreis sei die Versorgung durch Kinder- und Jugendärzte mit knapp 153 Prozent gut, wie KVWL-Pressesprecher Jens Flintrop berichtet.
- Nicht berücksichtigt wird also, dass es in manchen Städten des Kreises vielleicht mehr Ärzte und dafür in Menden weniger gibt.