Menden. . Sascha Bisley liefert mit seinem Buch „Zurück aus der Hölle“ verstörende Einblicke in das Leben eines Süchtigen. Lesung im Rahmen der Suchtwoche.
Einen Menschen mit maximaler Authentizität kündigte Mendens Sozialdezernent Uwe Siemonsmeier am Montag im Theater Am Ziegelbrand an. Dann betrat Sascha Bisley die Bühne. Der große Mann mit Ganzkörpertattoo war augenblicklich präsent, setzte sich an den Tisch, griff in die mit Spickzetteln markierten Seiten seines Buches und begann aus „Zurück aus der Hölle“ zu lesen.
Der heutige Autor, Filmemacher, Sozialarbeiter und Referent war als junger Mann durch die Hölle gegangen und hatte viele Menschen mit in den Abgrund gerissen. Es hatte Jahre gedauert und eines Schlüsselerlebnisses bedurft, bis es ihm gelang, sich aus dem Teufelskreis von Gewalt, Drogen, Alkohol, Katern, Turkeys, Affen und Highs zu befreien. So wurde das, was der Zuhörer vorgelesen bekam, auch schnell echt krass.
Stimme wurde brüchig
Als Jugendlicher hatte er mit einem Freund einen Obdachlosen zusammengetreten und misshandelt. Der Mann starb an den Folgen der Tat. „Über diese Zeit zu lesen und zu sprechen ist für mich immer noch nicht leicht“, gestand Sascha Bisley, dessen kräftige Stimme an mancher Stelle des Buches brüchig wurde. „Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich alle Straftaten im Rausch begangen“, fügte er hinzu.
Vier Stationen seines Lebens bildeten den Rahmen seiner Lesung: Die Festnahme durch ein Sondereinsatzkommando, Untersuchungshaft, Gerichtsverfahren und die Zeit danach.
Mildes Urteil für den Peiniger
Berührt ist der Zuhörer, wenn er vom Schlüsselerlebnis hört. Der immer noch nicht genesene Obdachlose verzeiht ihm im Gerichtssaal und drückt ihm die Hand. „Das macht der nie wieder“, waren seine Worte, als er für ein mildes Urteil für seinen Peiniger bat. Hier beginnt die Wandlung von Bisley. Zwischen diesen Lebensstationen blendet er immer wieder Rückblicke ein. Der uralte beinamputierte Vater sei schon immer versoffen gewesen. Die Mutter habe er nur in Kittelschürze gekannt. Zwei von sieben Kindern hat die Familie früh durch dramatische Ereignisse verloren. Mit sechs Jahren starb eine Schwester durch einen Verkehrsunfall vor den Augen der Mutter. Der dreizehnjährige Bruder starb an den Folgen einer Gewalttat. Mit Stacheldraht gefesselt, misshandelt, missbraucht und lebendig verscharrt war er im Wald gefunden worden. Durch Zufall gerettet, starb er später an den Folgen.
„Vielleicht wäre ich gerne er gewesen, denn er konnte nichts mehr falsch machen“, sagte Bisley. Es hörte sich oft so an, als sei er im Vorhof der Hölle geboren worden, und es hätte nur noch geschnüffelten Klebstoffs, Alkohol, Koks und einer gewaltbereiten Kindergang in der Heimatstadt Letmathe bedurft, um ihn ins Höllenfeuer stürzen zu lassen.
An der Lennebrücke aufgehängt
Eine Bude am Lenneufer wurde zum Zentrum des Rausches. Schon mit dreizehn riss der Strick, mit dem er sich an der Lennebrücke aufhängen wollte. „Nicht einmal das schaffte ich“, stellt er heute fest.
Nach seiner Verhaftung folgte der Knast. Die Mutter schafft Kirschwasser beim Besuch durch die Kontrolle. Daraus resultiert eine zertrümmerte Zelle, danach Beruhigungszelle, mit Gummi gepolstert und einem Loch für die Notdurft im Boden. Dann die Gerichtsverhandlung. Sein Resümee: „Die Vergebung durch Jonathan hat den Aufstieg aus der Holle möglich gemacht ...“
Party im Franz von Hahn
Die Lesung fand im Rahmen der Mendener Suchtwoche 2017 statt. In gemeinschaftlicher Arbeit haben Kristina Böcher und Thomas Zimmermann von der Drobs, Barbara Schary-Marty und Anne Hitzschke von der Suchtberatung, Antje Stange von der Ambulanten Hilfe und Marion Heumann vom Allgemeinen Sozialen Dienst die Projektwoche organisiert. Ihnen dankte Sozialdezernent Uwe Siemonsmeier.
In diesem Jahr steht das Thema „Kinder aus suchtbelasteten Familien“ im Mittelpunkt. Henning Mielke hält dazu am Donnerstag im Konzertsaal der städtischen Musikschule einen Fachvortrag. Am Freitag bildet die „Party Night im Franz von Hahn“ für Jugendliche ab 14 Jahren ab 20 Uhr den Abschluss der Aktionswoche.