Menden. . Ein 44-jähriger Mendener muss sich vor Gericht unter anderem wegen Volksverhetzung verantworten. Sachverständiger hält Angeklagten für vermindert schuldfähig.
- 44-jähriger Mendener wegen Internetbetruges und Volksverhetzung vor Gericht
- Er sei zwar links, aber wollte einem Verwandten einen Gefallen tun
- Der Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir (Grüne) wurde auf dessen Facebook-Seite beleidigt
Gleich wegen mehrerer Vergehen wurde ein 44 Jahre alter Mendener vor dem Amtsgericht angeklagt. Richter Wefers stand vor der schwierigen Aufgabe, die Wahrheit herauszufinden und den Beklagten bei nachgewiesener Schuld zu verurteilen. Ein Sachverständiger war geladen, um die Schuldfähigkeit des Mannes zu beurteilen. Die einzelnen Verfahren wegen Internetbetrugs und Volksverhetzung sowie Verstoßes gegen Jugendschutzgesetze auf einer vom Beklagten angelegten rechtsradikalen Internetseite waren zu einer Hauptverhandlung zusammengelegt worden. Am Ende gab es eine Gesamtstrafe.
Im ersten Komplex der Verhandlung zeigte sich der Angeklagte sofort geständig und gab eine Erklärung ab: „Die Betrugssachen habe ich begangen. Dafür muss ich gerade stehen. Wie ich dazu gekommen bin, ist mir unerklärlich. Inwieweit meine psychische Erkrankung da rein spielt, muss das Gutachten klären. Ich stehe in Verhandlung mit geschädigten Personen, um den Schaden wieder gut zu machen.“
Manische und depressive Phasen
Der Angeklagte leidet laut psychiatrischem Gutachten an einer bipolaren Störung. Manische und depressive Phasen wechseln sich miteinander ab. „Wenn ich keinen PC habe, werde ich aggressiv. Durch das Tuning und den Verkauf von Computerteilen erfahre ich Selbstbestätigung. Ich bin süchtig nach Hardware. In manischen Phasen bin ich sexuell stimuliert“, verdeutlichte der Angeklagte seine Situation. „Der Mann kann Konsequenzen nicht absehen und handelt ungeplant spontan“, so der Gutachter. „Die Manie trägt Züge einer Suchterkrankung. Ich halte den Beklagten für vermindert schuldfähig“, schloss er seine Erklärungen.
Zum Komplex der Taten wegen strafbarer Handlungen im rechtsradikalen Bereich wirkten die Aussagen des Beklagten etwas wirr. Auf der einen Seite erklärte er, dass er aus der DDR stamme und politisch links sei. Auf der anderen Seite behauptete er: „Ich habe diese Seite eingerichtet, um einem nahen Verwandten einen Gefallen zu tun.“ Den Namen des Verwandten nannte er nicht. Es habe mehrere Administratoren gegeben, die die Inhalte auf die Seite gestellt hätten. Er habe mit Rechtsradikalismus gar nichts zu tun.
Hausdurchsuchung ohne Erfolg
Eine Ermittlungsbeamtin vom Bundeskriminalamt sagte aus, dass man auf die Seite gestoßen sei, weil der Grünen-Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir auf dieser beleidigt und bedroht worden sei. Eine Abfrage der Bestandsdaten bei Facebook habe kein Ergebnis gehabt. „Die haben einfach nicht geantwortet“, so die Ermittlungsbeamtin. Die beiden weiteren Ermittlungsbeamten vom Staatsschutz aus Hagen konnten nichts Wesentliches zur Aufklärung beitragen. Eine Hausdurchsuchung beim Beklagten hatte nichts Belastendes ergeben. „Jeder, der die Zugangsdaten zum Profil hat, kann darauf veröffentlichen“, erklärte einer der Beamten.
Am Ende der Verhandlung konnte dem Angeklagten auch nach Auffassung der Staatsanwaltschaft nur Beihilfe zur Verbreitung rechtslastiger bis -radikaler jugendgefährdender Lieder, Beleidigung religiöser Minderheiten und zur Leugnung nationalsozialistischer Verbrechen nachgewiesen werden. Richter Wefers verurteilte den Angeklagten unter Berücksichtigung der verminderten Schuldfähigkeit und seiner schwierigen finanziellen Situation für alle Anklagepunkte zu einer Gesamtstrafe von 1800 Euro.