Menden. . Jörg König hat die Kurve gekriegt – in doppeltem Sinne. Warum für den Linken eine Radtour nach Berlin wichtig war.

  • Jörg König kennt auch die Schattenseiten des Lebens
  • Nach 30-jähriger Drogenkarriere begann mit einer Radtour nach Berlin ein neues Leben
  • Inzwischen engagiert sich der 45-Jährige für die Linke – als Sachkundiger Bürger

Seit die SPD Martin Schulz zum Kanzlerkandidaten gekürt hat, weht ein frischer Wind durch die Republik. Nicht nur die Sozialdemokraten freuen sich über unvermutet viele neue Mitglieder.

Der Mendener Jörg König gehört dazu. Seit Kurzem engagiert sich der Ex-Junkie für die Linken. Dass der 45-Jährige in der Politik landete, hat mit einer Radtour nach Berlin zu tun.

Rückblende. Das Leben des Gas- und Wasserinstallateurs glich einer langen, gewundenen Straße. Lange führte sie bergab. „30 Jahre harte Drogen“, sagt König bei einem Redaktionsbesuch, „bedeuteten ein ständiges emotionales Auf und Ab – ich habe kaum geschlafen.“ Inzwischen knallt er sich nicht mehr weg. „Ich knicke mir sogar jeden Cannabis-Konsum“, betont er, „der macht so müde.“

Forderung nach neuer Drogenpolitik

Jörg König ist in Berlin angekommen.
Jörg König ist in Berlin angekommen. © Privat

Müde will König nur noch dann sein, wenn die Natur ihr Recht einfordert. Und das klappt inzwischen gut bei ihm: „Ohne Drogen schlafe ich einfach besser – ich habe jetzt einen regelmäßigen Schlaf.“

Politisch gesehen ist das Neumitglied der Linken allerdings hellwach. Sein Hauptanliegen ist wenig überraschend eine Forderung nach einer neuen Drogenpolitik. Darüber wollte er im vorigen Sommer mit der Bundesdrogenbeauftragten Marlene Mortler in Berlin sprechen. Während sich König für eine Freigabe der weichen Droge Cannabis ausspricht, steht die Christsoziale aus Bayern für das exakte Gegenteil. Doch wie kommt ein Hartz-IV-Empfänger in die Bundeshauptstadt? König entscheidet sich für eine Minibudget-Tour per Fahrrad.

Er findet Sponsoren

Dafür wird er ausgelacht. Mal werden Zweifel an der Form des Ex-Junkies laut, mal wird ihm kaum verhohlen Größenwahn attestiert. Doch König findet Sponsoren, und mit unterdurchschnittlichem Etat und überdurchschnittlichem Willen kommt er in Berlin an. Zu einem Gespräch mit Mortler kommt es nicht. Warum, dazu gibt es unterschiedliche Versionen.

Ein Substitutionsarzt soll her

Dennoch kommt König mit frischem Mut zurück nach Menden. „Die Fahrt nach Berlin war der größte Wendepunkt in meinem Leben“, bilanziert König. „Der Trip hat mir gezeigt, was Leben ist. Für einen Teller Suppe habe ich ein Kirchen-Fundament gesetzt.“ Auf dem Weg nach Berlin hat er einen politischen Freund gewonnen, Frank Tempel, Bundestagsabgeordneter der Linken, ein ehemaliger Polizist, auch er hält eine neue Drogenpolitik für unverzichtbar.

Bei den Linken in Menden findet König eine neue Heimat. Ratsherr Thomas Thiesmann und der stellvertretende Sprecher des Linken-Stadtverbandes, Peter Gregel, bauen König auf. Inzwischen ist er Sachkundiger Bürger in Ausschüssen des Rates. Eine Forderung von König nahmen die Linken gern auf: nach einem Substitutionsarztes in Menden, der Drogenkranke mit Methadon versorgt. König bedauert, dass er Jahre seines Lebens an die Sucht verschenkt hat: „Wenn ich noch mal 18 wäre, würde ich mit Jugendlichen arbeiten und Politik machen.“