Menden. . Passanten bleiben erstaunt stehen: Hannah Boecker aus Menden macht Street-Poledance an Laternen. Warum der Tanz viel mehr Sport als Erotik ist.
- 27-jährige Hannah Boecker turnt an Laternen und Straßenschildern
- Fitnesstrainerin veranstaltet Poledance-Partys
- Sportart verlangt viel Training, ist aber auch für Einsteiger geeignet
Die Passanten in der Fußgängerzone bleiben verdutzt stehen. Hannah Boecker hängt kopfüber an der Laternenstange, dreht sich, greift um und stemmt ihren Körper mit den Armen so nach oben als ob es eine Leichtigkeit wäre. Die 27-Jährige zieht die Blicke auf sich. Das kennt sie schon. Street-Pole-Dance nennt sich die ausgefallene Sportart. Für Artisten wie Hannah ist die Fußgängerzone wie eine riesige Sporthalle zum Austoben.
Hannah klettert an Laternen, an Straßenschildern und Pfählen hoch. Kein Pfosten ist vor ihr sicher. Bevor sie etwas zum Sportgerät umfunktioniert, macht sie den Standtest für den Straßen-Stangen-Tanz. Nur, wenn sie sicher sei, dass der Pfosten so stabil ist, dass er wirklich hält, dann nutze sie ihn auch. „Ich will nichts kaputt machen“, sagt sie. Unterwegs steht immer eine Begleitung daneben. „Ab einem gewissen Schwierigkeitsgrad muss das sein.“
Eine eigene Stange im Wohnzimmer
Für die 27-Jährige ist der Sport Passion. Die gebürtige Mendenerin ist nebenher Fitnesstrainerin in Lendringsen, gibt Stunden und steht selbst im Studio. Wer an der Stange tanzen will, braucht viel Kraft. Das geht nicht ohne Training.
Hannah hat eine Stange im Wohnzimmer. Der Metallpfosten ist zwischen zwei Tellern auf dem Boden und unter der Decke eingeklemmt. Hannah lässt elegant ihren Körper um den Pfosten kreisen. Sportlich, aber auch sexy. Das will Hannah nicht verhehlen. Die Sportler gehen aber auf klare Distanz zum Rotlicht-Image des Stangen-Tanzes, der seine Ursprünge in der Erotik hat. „Für uns ist das ein Sport. Wir legen sehr viel Wert darauf, dass das so gesehen wird.“
Profis wie Hannah gehen nicht ohne Zubehör an die Stange. Es gibt spezielle Haftmittel für die Hände. Denn die Hände müssen immer festen Halt haben. Was Zuschauer kaum sehen: Beim klassischen Pole-Dance dreht sich die Stange mit dem Körper und nicht der Körper um die Stange. Das geht draußen natürlich nicht.
Street-Poledance in Menden
Die Tänzerinnen nutzen Haarspray (klebt schön), spezielle Handschuhe und Überzieher für die Füße. Es gibt auch silikonbeschichtete Stangen für noch besseren Halt. Das Werkzeug hat seinen Preis. Für eine gute Stange (gibt’s auch als mobile Version) muss man 350 Euro und mehr hinlegen.
Hannah Boecker redet locker drauf los. Sie mache, was ihr gefällt. „Pole-Dance ist für mich so etwas wie eine Sucht geworden“, sagt sie. Nach der Schule hatte sie in Essen eine Ausbildung in der Gastronomie abgeschlossen. Mittlerweile ist sie im zweiten Lehrjahr einer weiteren Ausbildung, die sie in Menden absolviert.
Party-Kurse für Frauen
Auf Pole-Dance sei sie bei einer Fitnessmesse gestoßen. Seitdem lasse sie der Sport nicht mehr los. Die junge Frau veranstaltet sogar sogenannte Pole-Partys. Dabei kommt sie zu Gruppen nach Hause, baut ihre mobile Tanzstange auf und bringt den Gästen einfache erste Bewegungen an der Stange bei. „Zu Hause ist die Hemmschwelle
Poledance zum Nachmachen
1. Kraft aufbauen: Wer an der Stange tanzen will, muss sich halten können. Besonders gefragt ist entsprechende Muskulatur in den Oberschenkeln und in den Armen.
2. Trainieren: Bei einfachen Übungen bleiben die Beine zunächst noch am Boden. Angehende Artisten bauen Körperspannung auf, halten die Arme an der Stange, lassen sich fallen. Die Anfänge sind vergleichbar mit Ballett-Übungen.
3. Mut haben! Wer es nicht probiert, kann es nicht lernen. „Die meisten Leute stellen sich das viel schwieriger vor, als es ist“, sagt Trainerin und Tänzerin Hannah Boecker. Am Ende der ersten Trainingseinheit seien die meisten Menschen schon zu einfachen Übungen in der Lage.
4. Hilfe suchen: Poledance gehört mittlerweile zum Programm vieler Fitnessstudios. Es gibt zahlreiche Videos mit Anleitungen im Netz.
5. Respekt haben: Wer sich einmal an der Stange hochgeschraubt hat, kann auch leicht tief abstürzen. Das gilt besonders bei improvisierten Trainingsgeräten unter freiem Himmel. Dabei gilt außerdem ganz besonders: Nichts zerstören!
nicht so groß.“ Viele der Partygäste seien übrigens nicht mehr ganz blutjung, also oft auch 40 plus. Man muss sich das so vorstellen: Hüftschwung statt Kaffee-Kränzchen. Hannah versucht zu motivieren: „Es schafft jeder mehr als er denkt.“ Und auch für Männer sei der Sport übrigens geeignet, betont Hannah und zwinkert: „Es tut ein bisschen mehr weh.“
Pusten gegen die kalten Finger
Draußen hat Hannah ein neues Kletter-Eldorado entdeckt. Die Artistin hangelt sich auf dem Spielplatz zwischen Innenstadt und Walramstraße elegant von Stange zu Stange. Kühler Nebel hat sich gesetzt. Das Metall ist gegen Abend ganz schön kalt geworden. Das zwickt an den Fingern. Hannah pustet kräftig in die Hände, um sie aufzuwärmen. Gut, dass bald Sommer ist.