Menden. . 399 000 Jodtabletten hat der Märkische Kreis eingelagert, die im Fall einer nuklearen Katastrophe auch in Menden verteilt werden können.

399 000 Jodtabletten hat der Märkische Kreis eingelagert, die im Fall einer nuklearen Katastrophe verteilt werden können. Die Medikamente liegen derzeit im Katastrophenschutz- und Lagezentrum – „Bunker“ genannt – unterm Kreishaus in Lüdenscheid. Im Notfall sollen die Tabletten dezentral in Menden verteilt werden.

„Im Märkischen Kreis gibt es 413 000 Bürgerinnen und Bürger“, erläutert Hendrik Klein, Pressesprecher des Märkischen Kreises. Da laut Bundesumweltministerium über 45-Jährige gemäß den Empfehlungen der Strahlenschutzkommission von einer Einnahme der Jodtabletten absehen sollten, ist der Vorrat für den Märkischen Kreis also mehr als gut gefüllt.

Zwar gehört der Kreis nicht zum direkten Einzugsgebiet der drei umgebenden Atomkraftwerke Tihange (Belgien), Lingen (Emsland) und Grohnde (Kreis Hameln-Bad Pyrmont). „Aber es ist natürlich entscheidend, wohin im Fall der Fälle die Wolke weht“, erläutert Hendrik Klein.

Katastrophenschutzplan

Beim Märkischen Kreis gibt es für nukleare Zwischenfälle und andere Unglücke seit Jahren einen Pandemie- und Katastrophenschutzplan. Darin sind beispielsweise auch Ausgabestellen, an die sich Bürger dann wenden können, festgelegt. Zweimal im Jahr führt ein Krisenstab Übungen durch, um im Notfall vorbereitet zu sein. Zu den durchgespielten Schreckensszenarien gehören etwa ein flächendeckender Stromausfall, ein Flugzeugabsturz und ein Eisenbahnunglück. Der 70-köpfige Krisenstab bezieht in seine Übungen auch die entsprechenden Hilfsorganisationen mit ein – so beispielsweise vor gut zwei Jahren beim simulierten Ausbruch der Maul- und Klauenseuche auf einem Mendener Hof das Technische Hilfswerk (THW).

Hendrik Klein, Pressesprecher des Märkischen Kreises Foto: privat Infos per Lautsprecherdurchsagen

Bei einer nuklearen Katastrophe würden die Jodtabletten von Lüdenscheid aus in die verschiedenen Städte des Kreises gebracht. Dort würden sie dann dezentral an die Bürger verteilt – etwa in Krankenhäusern, Büchereien, Rathäusern, Schulen und Apotheken, erläutert Hendrik Klein. Die Bürger sollen dann unter anderem per Funk, Fernsehen, Lautsprecherdurchsagen und Internet informiert werden. „In so einem Fall würden wir alle Register ziehen“, sagt Hendrik Klein. Dazu gehöre auch die Bitte an die Bürger, ältere Nachbarn, die alleine leben und von dem Notfall möglicherweise noch nicht erfahren haben, zu informieren.

Die knapp 400 000 Jodtabletten, die im „Bunker“ des Märkischen Kreises – lagern, sind laut Hendrik Klein lange haltbar. Die Kosten seien vom Land Nordrhein-Westfalen übernommen worden. Im „Bunker“ unterm Kreishaus tagt im Katastrophenfall auch der Krisenstab. Der Bereich ist mit einer eigenen Lüftung, Toiletten und Feldbetten ausgestattet.

>>Jodblockade schützt die Schilddrüse

Bestimmte Bevölkerungsgruppen sollen im Fall einer nuklearen Katastrophe Jodtabletten einnehmen, um damit eine so genannte Jodblockade zu erreichen.

Falls es bei einem Unfall in einem Kernkraftwerk zur Freisetzung von radioaktivem Jod kommt, könnte der Körper es aufnehmen und – wie ansonsten natürliches Jod – in der Schilddrüse einlagern. Hierdurch kann – besonders bei Kindern und Jugendlichen – „die Wahrscheinlichkeit für Schilddrüsenkrebs“ erhöht werden, erklärt das Bundesumweltministerium.

Weiter heißt es: „Werden jedoch rechtzeitig Tabletten mit einer hohen Konzentration nicht-radioaktiven Jods eingenommen, wird die Schilddrüse mit diesem ,gesunden’ Jod so gesättigt und kann kein radioaktives Jod mehr aufnehmen.“ Durch diese Jodblockade werde also die Einlagerung des radioaktiven Jods in der Schilddrüse verhindert.

Untersucht wurde die Effektivität der Jodblockade nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl. In Polen wurde damals an 17,5 Millionen Einwohner nicht-radioaktives Jod verteilt. „Die positive Wirkung der Jodblockade wurde durch Nachuntersuchungen bestätigt. Bei den behandelten Personen gab es keinen Anstieg der Schilddrüsenkrebshäufigkeit“, so das Bundesumweltministerium.

Wichtig ist Einnahme-Zeitpunkt

Sehr wichtig bei den Jodtabletten ist der richtige Zeitpunkt der Einnahme. Im Fall einer nuklearen Katastrophe informieren die Katastrophenschutzbehörden, ob, in welchen Gebieten und wann genau eine Jodblockade erforderlich ist. Die Jodtabletten schützen laut Bundesumweltministerium allerdings „nur vor radioaktivem Jod und vor einer erhöhten Gefahr, an Schilddrüsenkrebs zu erkranken“.

Vor anderen radioaktiven Stoffen schützen sie allerdings nicht.