Lendringsen. . Die Traditions-Gaststätte Hünnies feiert 90. Geburtstag. Der Blick in die Geschichte des Hauses zeigt: Es gibt eine Fülle von anrührenden Geschichten.
- Frank Hünnies führt mit Ulla Kunert das Haus Hünnies in dritter Generation
- Lohntüten- und Lumpenbälle legendär
- Große Party zum 90. Geburtstag der Traditions-Gaststätte am 31. Oktober
Eine der traditionsreichsten Gaststätten im Stadtgebiet feiert 90. Geburtstag. Der Blick in die Geschichte des Hauses Hünnies zeigt: Es gibt eine Fülle von anrührenden Geschichten und Anekdoten rund um legendäre Lohntüten- und Lumpenbälle.
Frank Hünnies führt mit Ulla Kunert den Betrieb in der nunmehr dritten Generation. Er freut sich auf viele Geburtstagsgäste zur großen Party am Abend des 31. Oktober.
Vorfahren waren Visionäre
Mit dem Kauf des Hauses an der damaligen Chaussee zu Balve – heute Mendener Straße – erfüllten sich Ludwig und Klara Hünnies nicht nur einen Traum. Mit ihrer Geschäftsidee waren sie bei der Standortfrage gleichzeitig Visionäre. Das Haus Hünnies befand sich zwar nicht in einem stark frequentierten Wohngebiet. Aber in der Nähe gab es Unternehmen wie beispielsweise das Eisenwerk und Eichelberg in ihrer Blütezeit. Deren Mitarbeiter kamen in Scharen. Tagsüber, aber auch nachts.
Frank Hünnies kennt so manche Geschichte aus der Familiengeschichte: „Mein Opa hat fast jede Nacht noch mal schnell Koteletts oder Buletten gebraten, wenn die hungrigen Schichtarbeiter kamen.“ Der besondere Dienst am Kunden sei für die Großeltern selbstverständlich gewesen. So wurde bereits im Jahr 1927 der erste Lumpenball bei Hünnies ausgerichtet. Mendener und Lendringser machten zum Finale im Karneval die Nacht noch einmal zum Tage. Viele feierten sogar bis zum Veilchendienstag-Vormittag durch. Diese Tradition sollte 70 Jahre halten.
Nach dem Tod ihres Mannes führte Klara Hünnies den Gasthof ab dem Jahr 1937 alleinverantwortlich. Selbst in Jahren mit erheblichen zeitbedingten Schwierigkeiten blieb das Haus geöffnet und wurde im Weltkrieg vielen Gästen immer auch ein wenig zum Ort der Zerstreuung.
Ab dem Jahr 1952 wurde der Gasthof in der zweiten Generation geführt. Ludwig und Theresia Hünnies gelten bis heute als Originale ihrer Zunft. Doch wie hart müssen sie gearbeitet haben? Das Haus Hünnies hatte eine Nachtkonzession erhalten und durfte bis um 5 Uhr in der Frühe öffnen. Hunderte Arbeiter und Angestellte der umliegenden Betriebe nutzten nach Feierabend oder zum Frühschoppen nur zu gern das Angebot. Doch es zog sie nicht nur zum Bierchen ins Gasthaus. Frank Hünnies: „Meine Eltern haben immer Wert auf gutbürgerliche Küche mit regionalen Produkten und guter Qualität gelegt. Diesem Erbe fühlt sich unser Team bis heute verpflichtet.“
Stolze Eltern von sechs Kindern: Theresia und Ludwig Hünnies. Foto: privat Sechs Kinder großgezogen
Schier unglaublich aus heutiger Sicht ist, was Theresia Hünnies geleistet hat. Denn parallel zur ohnehin kräftezehrenden Arbeit zog sie sechs Kinder groß. Frank Hünnies: „Es ist einfach bewundernswert, was meine Mutter geleistet hat. Davor ziehe ich in jeder Hinsicht meinen Hut.“
Am Ende des Monats war es fast schon wie ein Gesetz: Lohntütenball im Haus Hünnies. Die Männer erhielten seinerzeit ihren Lohn noch in speziellen Tüten des Arbeitgebers. Frank Hünnies. „Mein Vater war klug genug, genügend Reservetüten im Vorrat zu haben.“ Ein kluger Schachzug. Viele Gäste vertranken sogleich eine durchaus beträchtliche Summe aus der Lohntüte, was zur Folge hatte, dass sie recht schnell ramponiert war. Ludwig Hünnies stellte Ersatztüten aus. Frank Hünnies: „Schließlich sollten die Familien nicht unbedingt mitbekommen, dass ihr Ernährer ordentlich bei uns verzehrt hatte.“ Viele Ehefrauen wussten aber sehr wohl um den Aufenthaltsort, weil der Angetraute mit einer strammen Fahne und häufig schwankenden Schrittes heimkehrte.
Gründer lässt sogar anschreiben
Ludwig Hünnies kannte seine Pappenheimer – und sie ihn. Was auch bedeutete: Man konnte im Fall der Fälle anschreiben lassen. Sogar weit über den Bierdeckel hinaus. Bis heute gibt es in der Familie Hünnies mehrere Bücher mit blitzsauberen Einträgen, welcher Gast an welchem Tag die Zeche schuldig geblieben war. In vielen Fällen blieb das Wirte-Ehepaar auf den Kosten sitzen.
Ab den 1970er Jahren etablierte sich das Gasthaus Hünnies auch als Restaurant. Dazu trug vor allem der große Umbau im Jahr 1974 bei. Der Thekenbetrieb blieb aber stets ein wichtiges Standbein. Und das nicht nur für die Stammtische, Clubs und Vereine, die dem Haus über Jahrzehnte die Treue hielten und das bis heute tun.
Mit der zunehmenden Motorisierung spielten Speisen eine immer größere Rolle. Ludwig und Theresia Hünnies reagierten auf die neuen Herausforderungen.
Frank Hünnies stieg in Jahr 1988 in den elterlichen Betrieb ein. Noch heute sagt er voller Respekt: „Mein Vater hat mich immer machen lassen.“ So gab er seinem Junior Rat, wenn er gefragt wurde. „Aber hereingeredet in das Tagesgeschäft hat er mir eher nicht.“
Zwölf Betten
Veränderte Lebensgewohnheiten veränderten auch den Alltag im Gasthaus. Frank Hünnies reagierte auf den zunehmenden Bedarf heimischer Unternehmen und modernisierte den 1974 entstandenen Hotelbetrieb mit zwölf Betten in den 2000er Jahren erheblich. Wichtig war ihm seit jeher, als Wirt und Gastgeber in besonderer Weise präsent zu sein. So hatte es auch sein Vater gehalten.
Das Jahr 2008 brachte den für einen Wirt größten Einschnitt mit sich: Nach Jahrzehnten hatte die Theke – einst von Ludwig und Theresia Hünnies in Betrieb genommen – ausgedient. Doch sie wurde nicht einfach nur durch eine neue ersetzt. Es gab es ein Fest, von dem alle, die dabei waren, bis heute schwärmen. Was vor allem das Verdienst Rupert Bechheims war. Der so gern den Menschen zugewandte Pfarrer der Lendringser St.-Josef-Gemeinde sang das Loblied auf den beliebten Versammlungsort, den er selbst immer mal wieder aufgesucht hat. Honorige Lendringser trugen in schwarzen Anzügen die alte Theke ins Freie. Es waren denkwürdige Stunden, die eine neue Tradition im Haus Hünnies begründeten sollten...
Vielen Mendenern ist Frank Hünnies auch außerhalb seiner eigentlichen Wirkungsstätte bekannt. Seit mehr als 20 Jahren ist er mit seinem Team Festwirt beim Großereignis à la Carte. Einzig im Gründungsjahr war er konzeptbedingt noch nicht dabei.