Menden. . Die Natur erobert sich den alten Standortübungsplatz in Ostsümmern zurück. Warum Ursula von der Leyen das Gelände nicht mehr braucht, steht hier:

Der Stacheldraht besteht nur noch aus Fetzen. Jemand hat den Zaun bis auf den Boden hinuntergedrückt. Ein ausgetretener Trampelpfad führt quer über die trockene Wiese. Nur noch die Fangzäune an den Enden der riesigen Fläche deuten noch darauf hin, dass das mal ein Sportplatz für Soldaten war. Die Natur erobert nach und nach den ehemaligen Standortübungsplatz der Bundeswehr am Wälkesberg.

„Ziviler Nachnutzung“ übergeben

Wer vom Bräukerweg ein Stück Richtung Norden läuft, steht schnell mitten in der Natur. Nur scheinbar hart gezogene Linien unterbrechen das Grün. Hier führten mal Wege für die Truppenfahrzeuge entlang. Die Soldaten verlegten Wasserläufe, um das Gelände besser nutzen zu können. Hier lernten Soldaten, wie man einen Truppentransporter durch die Gegend lenkt. Heute brausen Jugendliche mit Quads durch den abgeschiedenen Wald. Erlaubt ist das nicht.

Bis 1974 nutzten britische Soldaten vom 50. Missile Regiment in Menden das Gelände. Danach pendelten Bundeswehrsoldaten aus Hemer, Iserlohn und Unna zum Wälkesberg direkt an der Stadtgrenze zu Iserlohn. Seit 2008 liegt die Fläche endgültig brach. „Der zivilen Nachnutzung übergeben“, heißt es bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die das Gelände verwaltet.

Die Münsteraner Behörde will Teile der Fläche als Standort für Windenergieanlagen verpachten. Aber die Stadt hat Bedenken. „Wir haben nicht vor, die Fläche zu verkaufen“, sagt Werner Deitert. Wald und Wiese könnten noch als Ausgleichsfläche für den Bau der A 46 benötigt werden.

Eine Radlerin nutzt einen Weg als Abkürzung zwischen Bräukerweg und Hämmer. Ein Hundebesitzer trollt sich samt Vierbeiner, als er den Reporter mit der Kamera sieht. Sonst ist hier kein Mensch. Stille, nichts als Stille.

Lebensgefährliche Klettertouren

Wieder zerschnittene Zäune und ein verblichenes Schild „Militärischer Sperrbereich“. Das Gewerbegebiet Hämmer ist schon in Sichtweite. Der Trampelpfad führt am nördlichen Ende auf eine große Freifläche – früher mal die Schießbahnen. Zwei Wälle unterbrechen die Fläche. Die Briten sollen diese Stellungslinien nach dem Krieg angelegt haben. Wer sich die Mühe macht und die Entfernung zum Ziel misst, wird übrigens auf eine „krumme“ Meter-Zahl kommen. Die Entfernung beträgt exakt 250 und 500 britische Fuß.

Das alte Ziel ist ein großer Hügel. Hier soll schon zu Kaisers Zeiten geschossen worden sein. Weil die Fläche schon den Briten zu klein war, war später nur noch Übungsmunition erlaubt. Die Bundeswehr verzichtete später ganz aufs Schießen. Die Stadtverwaltung warnt dennoch, dass die Fläche nicht komplett auf Munitionsrückstände untersucht worden sei.

Abenteuerlustige halten solche Warnungen nicht ab. In Internetforen verabreden sich Bunkerfreunde, um in alte Stellungsgänge und Unterstände am Rand des Hügels zu klettern. Die Bunkereingänge waren eigentlich mit Schutt bedeckt. Auch die Decken sind teilweise eingestürzt. Das hält die Hobby-Abenteurer trotzdem nicht von ihren lebensgefährlichen Klettertouren ab.

Lebensgefahr herrscht auch etwas weiter auf der einzigen gemähten Wiese. Die Modellflieger haben als Pächter der Fläche ihren Flugplatz hergerichtet. Hier starten vor allem an Wochenenden jetzt die Miniflieger.

Offiziell dient die Fläche immer noch militärischer Nutzung. Dass Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen aber jemals wieder Truppen nach Menden schickt, scheint so gut wie ausgeschlossen. Mit 66 Hektar ist die Fläche einfach zu klein für eine moderne Armee. Tatsächlich heißt das: Zapfenstreich am Wälkesberg.