Menden. . Eine Mendener Institution geht in den Ruhestand: Der Integrationsbeauftragte Rüdiger Midasch verabschiedet sich nach 30 Berufsjahren.

  • Rüdiger Midasch war in Menden „Mister Integration“ – 30 Jahre lang
  • Als der Integrationsbeauftragte der Stadt seinen Dienst antrat, stand die Mauer noch
  • Den stärksten Andrang Schutzsuchender erlebte Midasch übrigens in den 90er Jahren

Als Rüdiger Midasch vor 30 Jahren seinen Dienst im Sozialamt der Stadt Menden begann, formulierte er ein zentrales Anliegen: „Ich will mit ganzer Kraft dafür arbeiten, dass Asylsuchende das Gefühl haben, in Menden angenommen worden zu sein.“ Heute wird der städtische Integrationsbeauftragte Rüdiger Midasch mit einer Feier in den Ruhestand verabschiedet. Die Kollegen im Rathaus und die Politik zollen ihm höchsten Respekt.

Die Flüchtlingsnot der 90er

Es ist eine schier unfassbare Zahl, die Rüdiger Midasch aus Anlass seines Abschieds gegenüber der WP präsentiert: „Es müssten so um die 30 000 Flüchtlinge gewesen sein, die ich in all den Jahren vor Ort betreut habe.“ Der Experte weiß nur zu gut: „Die aktuellen Schlagzeilen überdecken vielfach, dass wir in den 1990er Jahren riesige Flüchtlingsströme hatten und das vor Ort managen mussten.“ Bürgerkriege in Afrika und auf dem Balkan hatten seinerzeit Abermillionen Menschen in die Flucht getrieben. Die Stadt Menden betrieb zu jener Zeit neun größere Flüchtlingsunterkünfte.

Dass Rüdiger Midasch einmal weit über Menden hinaus zum Inbegriff für Integrations- und Flüchtlingsarbeit werden würde, schien bei seinem Dienstantritt wenig wahrscheinlich. „Ich bin im Juli 1986 in Menden mit einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme gestartet.“ Nach einem Jahr hätte so für ihn Schluss sein können. Doch Politik und Verwaltung entschieden sich anders. Midaschs Arbeit stuften sie als für derart wichtig ein, dass er nach seiner ABM-Zeit mit einer unbefristeten Stelle zu einem der ersten Integrationsbeauftragten im Land wurde. Bis vor gut zwei Jahren blieb er das sogar als Einzelkämpfer.

Viele private Reisen in Krisengebiete

Er hat sich öffentlich nie beklagt, dass die Last der Arbeit und die ihm zugewiesenen Aufgaben zu groß gewesen seien. Dabei ging sein enormes Engagement für Schutzsuchende in all den Jahren weit über den Dienst hinaus. Es prägte auch größte Teile des Privatlebens.

Rüdiger Midasch freute sich mit, wenn Menden tatsächlich zur neuen Heimat für Flüchtlinge geworden war. „Es sind zahlreiche Frauen und Männer zu uns gekommen, die ihrerseits unserer Stadt und Gesellschaft viel gegeben haben.“ Er litt mit, wenn es zu Abschiebungen kam und die von ihm betreuten Menschen in ihren Herkunftsländern um Leib und Leben bangen mussten.

Eine Dienstreise nach Armenien

„Allein die Balkanländer habe ich mindestens 30-mal privat besucht“, war es auch für ihn vielfach gefährlich. Mitunter hatten seine Familie und Kollegen größte Sorgen. Einzig einmal hat es eine Dienstreise für ihn gegeben – nach Armenien.

Weit über die eigentliche Organisations- und Betreuungsarbeit hinaus wurde Rüdiger Midasch zur öffentlichen Stimme für Flüchtlinge. Nicht bei allen Mendenern fruchteten seine Appelle, zuerst den Menschen und nicht den Flüchtling zu sehen. In besten Händen wusste er sein Anliegen in den 1990er Jahren bei zwei großen Unterstützergruppierungen. Viele Dutzend Mendener hatten sich im Mendener Arbeitskreis für Asyl sowie Christen gegen Rassismus zusammengeschlossen. Sie waren maßgebliche Helfer bei mehreren Kirchenasylen in der Christus-Kirche.

Es gab eine Fülle von flankierenden Aktionen. So spülten die Bauer-Scheffer-Maislabyrinthe viel Geld in die Kassen. Die Zahl der Lebensmittelspenden für Krisenländer ist gigantisch. Ob beruflich oder privat: Für die vielen engagierten Helfer war Rüdiger Midasch stets erster Ansprechpartner.

Und Merkels Worte...

Und wie beurteilt der Mendener Integrationsbeauftragte die fast schon legendären „Wir schaffen das“-Worte von Bundeskanzlerin Merkel? „Ich bin mir ziemlich sicher, dass weltweit Historiker das irgendwann als außerordentlich positiv bewerten werden.“