Fröndenberg/Menden. . Vor fünf Jahren wurde für Menden und Fröndenberg ein neues Wasserkraftwerk gebaut. Nach dem PFT-Technik war bessere Technik nötig.

Zwei Städte, ein Wasserwerk: Menden wie Fröndenberg trinken aus der Ruhr. Versorgt werden die beiden Flussanrainer vom gemeinschaftlich betriebenen Wasserwerk an der Ruhrbrücke. Der Zweckbau an der Fröndenberger Straße wurde vor fünf Jahren errichtet. Chefs der Wasserwerk Fröndenberg-Menden GmbH (WFM) sind Matthias Lürbke (Stadtwerke Menden) und Michael Freitag (Stadtwerke Fröndenberg). Wie wird aus teilweise trübem Ruhrwasser ein hochwertiges Lebensmittel?

Wir treffen uns an einem trockenen Nachmittag. Trocken erscheint auch die Materie, über die wir sprechen wollen. Wir befürchten Techniker-Latein, das uns spanisch vorkommt. Die Befürchtungen sind unbegründet. Der Ingenieur mit den wasserblauen Augen und dem offenen Gesicht vermittelt Kenntnisse und Erkenntnisse flüssig.

Großes Rechteck mit wenig Wasser

Anschauung schlägt Zahlenkolonnen: Deshalb führt uns der 52-Jährige übers Gelände. Wir fangen keineswegs in dem Gebäude mit der markanten Alu-Hülle an, sondern daneben im abgezäunten Wasserschutzgebiet. Wir sehen auf ein großes Rechteck mit wenig Wasser und viel sandigem Boden. Es ist ein Anreicherungsbecken. Wasser aus der Ruhr wird dort durch Versickerung von Schwebstoffen befreit. Das Uferfiltrat sorgt für einen gleichbleibenden Grundwasserstand. Menden wie Fröndenberg sollen nicht eines Tages auf dem Trockenen sitzen.

In trockenen Zahlen liest sich das so: 66 000 Verbraucher und Unternehmen werden in beiden Städten versorgt. 4,5 Millionen Kubikmeter Trinkwasser rauschen durch die Leitungen. Das Rohrnetz ist mehr als 450 Kilometer lang. Fast 17000 Haushaltsanschlüsse gibt es.

Wir gehen zu einem flachen, grünen Kasten. Unter der Hülle befindet sich einer von insgesamt sieben Brunnen. „Früher“, weiß der Experte, „mussten unsere Mitarbeiter in die Brunnen steigen. Jetzt haben wir die Technik hochgeholt. Wir wollen unsere Mitarbeiter schützen, und zugleich ist die Technik hochwassersicher.“ Ein wichtiger Punkt: Das Wasserwerk liegt 123 Meter hoch überm Meeresspiegel am tiefsten Punkt von Menden.

Die Fröndenberger Straße trennt das Wasserschutzgebiet von einem Tankstellen-Gelände. Matthias Lürbke kann offenbar Gedanken lesen und nimmt die Frage nach der Wasserqualität auf, bevor wir sie stellen können. Das Wasserwerk liegt am Fuß des Schwitter Hanges. Mit Blick auf Wasserbelastung durch Dünger sagt Matthias Lürbke: „Wir haben Verabredungen mit der Landwirtschaft getroffen, dass sie schonend mit Düngemitteln umgeht.“

Nach Ritter-Sport-Prinzip gebaut

Probleme durch die Tankstelle gegenüber des Wasserwerks sieht der Fachmann nicht: Die Anlage liegt in Grundwasserfließrichtung hinter dem Wasserwerk und damit nicht im Einzugsgebiet. Zudem wurde sie vor einigen Jahren komplett saniert.

Das Wasserwerk ist nach dem Ritter-Sport-Prinzip gebaut: quadratisch, praktisch. Wir wechseln von draußen nach drinnen. Im oberen Bereich riecht es neutral, unten riecht es leicht nach feuchtem Beton. Kein Wunder, nur acht Meter unter der Grasnarbe steht das Grundwasser. Weiß und grau dominieren – und blanker Edelstahl. Das Gebäude sieht aus wie gerade geputzt, wirkt fast klinisch rein. Die Optik des Wasserwerks spricht eine klare Sprache: Nur ein sauberer Betrieb garantiert eine saubere Ware.

Genau das war Ende der Nuller Jahre ein Problem, wie Matthias Lürbke unumwunden zugibt: „Es gab die Diskussion um PFT-Einleitungen, und nach dem Hochwasser von 2007 gab es für Verbraucher Abkoch-Empfehlungen.“ Nicht gerade das, was in der Bevölkerung Vertrauen schafft.

Moderne Reinigungstechnik

Dazu kamen Fortschritte in der Messtechnik. „Nehmen wir Rückstände von Arzneimitteln“, sagt Mendens oberster Wasser-Mann, „heute ist alles nachweisbar – im Nanogrammbereich.“ Matthias Lürbke schiebt ein anschauliches Beispiel nach: „Wir können heute eine Tüte Zucker – das sind vier Gramm – in einer Wassermenge nachweisen, die dem Inhalt von 100 Freibädern wie in der Leitmecke entspricht.“ Deshalb setzt das WFM moderne Reinigungstechnik ein.

Wir sitzen im Besprechungsraum. Neben uns steht ein Tisch, der wie ein Designer-Produkt aussieht. Tatsächlich ist der Edelstahl-Fuß intelligente Resteverwertung. Ursprünglich war er ein Teil eines Wickeldrahtfilters. Matthias Lürbke zeigt uns ein weißes Kunststoff-Röhrchen, das aussieht wie ein Trinkhalm. Es ist eine Membran, die nach Ultrafiltrationsverfahren Viren und Bakterien aus dem Wasser entfernt. 120 Module à zwei Meter machen Krankheitserregern den Garaus. „Die Filter werden alle 90 Minuten gespült, und gelegentlich werden sie auch chemisch gereinigt.“ Außerdem setzt das WFM Aktivkohle und UV-Licht ein, um Wasser in bestmöglicher Qualität zu liefern.

Ständige Kontrolle soll genau das garantieren. Elektronik überwacht die Produktion, Mitarbeiter überwachen die Elektronik, und Mitarbeiter kontrollieren das Produkt. „Wir machen mehr Analysen als vorgeschrieben“, betont Matthias Lürbke, „rund 900 Proben pro Jahr – auch bei Kunden.“

Er nimmt einen Schluck Wasser aus eigener Produktion und fügt hinzu: „Wenn irgendetwas nicht lief, haben wir eine Nachprobe gezogen. Und immer hat sich ergeben: Da war nix.“