Menden. .
Nach einem einsamen Tod völlig unbeachtet von Amts wegen bestattet zu werden, buchstäblich sang- und klanglos zu verschwinden, ist für viele eine bedrückende Vorstellung. Ohne die ehrenamtlichen Frauen des Hospizkreises wäre das allein in Menden in den vergangenen zehn Jahren 140 Mal passiert. So aber gab es jedesmal eine Trauerfeier, und dank der kostenlosen Anzeigen in der Westfalenpost („Jeder ist eingeladen“) konnten sich meist auch Angehörige und Freunde würdig verabschieden.
Für diese unschätzbar wertvolle Arbeit luden die Frauen um Uta Lahme bis vor kurzem in die Räume eines heimischen Bestatters ein. Nun hat die Stadt die Sozialbestattungen, die sie mangels zahlungspflichtiger oder solventer Angehöriger beauftragen muss, nach einer Ausschreibung an ein Fröndenberger Unternehmen vergeben. Dorthin wollten die Ehrenamtlichen des Hospizkreises Menden aber nicht jedesmal fahren, „also fragten wir im Rathaus, ob wir die Trauerhalle auf dem städtischen Waldfriedhof Am Limberg nutzen dürften“. Die Politiker im Ausschuss für Öffentliche Sicherheit und Ordnung stimmten dem Anliegen einhellig zu.
„Das hat er nicht verdient“
Beim Treffen in der Trauerhalle mit Uta Lahme, Heidemarie Hassel, Anni Grüne und Ingrid Camatta, die zum Vorstand des Vereins gehören, wird indes deutlich: Dies ist kein so komfortabler Verabschiedungsraum wie beim Bestatter, auch müssen die Frauen hier selbst für die Dekoration mit Kerzen und Blumen sorgen. „Aber es geht“, sagt Uta Lahme. Die erste Feier für einen russlanddeutschen Mendener ohne Eltern und Kinder hat bereits stattgefunden. „Dabei war es wie so oft: Jemand sah die WP-Anzeige, verständigte entfernt lebende Vettern und Kusinen, und so konnten Angehörige, frühere Arbeitskollegen und Nachbarn von ihm Abschied nehmen“, berichtet Heidi Hassel.
Auch diesmal baten die Hospizkreis-Frauen, die ebenso wie die Geistlichen so gut wie nichts über die Verstorbenen wissen, die Gäste um Worte der Erinnerung. So werden erkennbar, warum auch Menschen mit Familie am Ende allein blieben. „Das würde manchen wundern“, meint Ingrid Camatta, „da gibt es nichts, was es nicht gibt. Wir haben schon Feiern für Menschen ausgerichtet, die einst hochstehende Persönlichkeiten waren.“ Dann heiße es unter den Trauergästen: „Das hat er nicht verdient.“
Nicht selten habe indes auch der Verstorbene zu Lebzeiten Kontakte abgebrochen. Und auch die Haltung, aus der Familie niemanden mehr sehen zu wollen, könne die unterschiedlichsten Gründe haben.
„Die meisten sterbenskranken Menschen hegen aber den Wunsch, diese Dinge zu klären und in Frieden mit sich und ihrer Welt zu gehen“, berichtet Uta Lahme aus der Sterbe-Begleitung, der Hauptaufgabe des Hospizkreises. Die Sozialbestattungen, ergänzt Ingrid Camatta, seien ein ganz anderes Thema: Noch nie ging einer dieser Trauerfeiern bisher eine Begleitung voraus.
Und dann gibt es die ganz ungewöhnlichen Fälle: Zum Gedenken an einen Mendener, der keine Verwandten mehr hatte, aber Mitglied eines Dortmunder Motorradclubs war, fuhren an die 70 Biker in Kutten am Bestattungshaus vor. Und zur Trauerfeier für einen Menschen mit Behinderung erschienen viele Mitbewohner und Betreuer. „Für manche sind das eben ihre Familien“, wissen die Hospizkreis-Frauen.
Lederweste um die Urne gelegt
Für die Feiern hätten sie auch in den Räumen des angestammten Bestatters bleiben dürfen. Doch stünde die Urne dann in Fröndenberg, „und das geht nicht“, darin sind sich alle einig. Zu sehr seien die Gäste während der Trauerfeier auf die Verstorbenen fixiert, das Gefäß werde betrachtet, mitunter berührt und auch geküsst.
Die Biker hängten die Lederweste ihres Freundes um seine Urne. „Die hatten Tränen in den Augen.“