Menden. .

Noch liegt die ambulante medizinische Versorgung in Menden im grünen Bereich. Das allerdings könnte sich schnell ändern: Denn rund zwei Drittel der heimischen Hausärzte sind derzeit älter als 60 Jahre. Das krasse Gegenteil hierzu bilden die ganz jungen Ärzte. Die nämlich sind in der Hönnestadt kaum zu finden und haben mit gerade mal gut drei Prozent den geringsten Anteil in der Ärzteschaft. „In fünf Jahren könnte die Situation in Menden kritisch werden“, bilanziert Peter Brall, Vorsitzender des Mendener Ärztevereins. „Wir können nicht orakeln, aber von der Altersstruktur her sieht es so aus, dass in den nächsten Jahren viele Kollegen in den Ruhestand gehen“, fügt Mediziner Thomas Tillmann vom Hausärzteverein Menden hinzu.

Auswirkungen der Altersstruktur

Welche Auswirkungen wird die Altersstruktur künftig auf die Patienten haben? „Von den Patienten wird mehr Mobilität verlangt werden“, vermutet Allgemeinmediziner Peter Brall. „Und auch die Ärzte müssen mobiler sein.“

Peter Brall hat selbst derzeit rund 100 Patienten, die in Altenheimen leben und die er dort aufsucht. Weitere denkbare Entwicklung: „Patienten gehen dann nicht mehr wegen jedem kleinen Kratzer zum Arzt“, erläutert Peter Brall.

Die weiteren Wege, die Patienten künftig auf sich nehmen müssen, um zum Arzt zu kommen, sieht auch Thomas Tillmann sehr kritisch – „vor allem angesichts der demografischen Entwicklung. Aber die wohnortnahe hausärztliche Versorgung scheint von der Politik nicht mehr gewollt zu sein“, so der Eindruck des Mendener Allgemeinmediziners. Vor allem in der Peripherie dünne das Angebot an Hausärzten künftig sicher noch weiter aus, sind sich Peter Brall und Thomas Tillmann sicher.

Peter Brall, 61 Jahre alt, ist als gebürtiger Mendener nach Studium und beruflichen Jahren in Köln in seine Heimatstadt zurückgekehrt. Für viele seiner Berufskollegen ist dies offenbar heute keine Option mehr. Sie zieht es eher in die Großstädte als in ländliche Regionen. Wie man bei dieser Entwicklung gegensteuern kann? „Menden muss attraktiver werden“, formuliert Peter Brall.

Paradigmen-Wechsel

Thomas Tillmann hingegen setzt auf einen Paradigmen-Wechsel in den Köpfen der Menschen, die Einfluss haben auf das derzeitige Gesundheitssystem. „Wir haben im Moment das Primat der Ökonomie und des Sparens. Wir sparen unsere Bevölkerung in die Armut“, sagt Thomas Tillmann. Statt der Ökonomie müsse der Mensch im Zentrum stehen: „Der Ökonomismus fährt gerade vor die Wand – in vielen Bereichen“, bilanziert der Allgemeinmediziner. „Und auch im Gesundheitssystem wird alles zu Tode gespart.“ Und wie könnte man das ändern? „Die Bevölkerung müsste aufwachen und sich dafür einsetzen.“

Problematisch sei zudem, dass das Gesundheitssystem in Deutschland sehr intransparent sei, so Thomas Tillmann: „Im Prinzip nämlich ist genug Geld für die Versorgung der Leute da.“