Olpe/Attendorn. .

Die Hansestadt kochte. Ein Polizeibeamter berichtete von einer aggressiven Stimmung in der Innenstadt, eine Gruppe habe die Auseinandersetzung mit der Polizei gesucht. Nach einem wüsten Zwist in der Gaststätte „Zum Löwen“ sei ein Riesenpulk herausgekommen. Die Lage eskalierte. Mittendrin zückte ein 45-Jähriger Pfefferspray und besprühte plötzlich einen 25-Jährigen sowie einen Polizeibeamten (34). Er hatte nicht nur gehörig gezecht, sondern auch Amphetamin zu sich genommen.

Tumulte vor Kneipe in Attendorn

Diese Wild-West-Szenen in Attendorn, nachts um 4.30 Uhr am 21. Juli 2013, hatten jetzt ein Nachspiel für den Mann mit dem Pfefferspray. Wegen gefährlicher Körperverletzung drückte er die Anklagebank im Olper Amtsgericht. Vor Gericht räumte der 45-Jährige die Tat ein. Er habe in der Nacht in mehreren Attendorner Kneipen seinen Geburtstag nachgefeiert: „Ich war besoffen und stand unter Drogen.“ In dem Tumult habe ihm dann ein Mann einen Kopfstoß versetzen wollen. Deshalb habe er das Pfefferspray gezogen. Versehentlich habe er dabei den 25-Jährigen und den Polizeibeamten getroffen. „Ich habe mich nur gewehrt“, meinte der Angeklagte.

Da war Richter Markus Gerndorf jedoch anderer Ansicht: „Das sehe ich anders. Sie haben wild in die Menge gespritzt. Sie haben zwei Leute getroffen, die Ihnen nichts getan haben. Warum sind Sie bei der unübersichtlichen Situation nicht komplett weggegangen?“ Und: „Pfefferspray ist eine Waffe. Das dürfen Sie nicht dabei haben. Pfefferspray kann dazu führen, dass jemand das Augenlicht verliert und erblindet. Ich habe das Gefühl, Sie nehmen das auf die leichte Schulter. Schauen Sie mal ins Gesetz: Für gefährliche Körperverletzung gibt es sechs Monate Mindeststrafe.“ Die Einsicht ließ beim 45-Jährigen nach der Tat jedoch zu wünschen übrig. Erst in der vergangenen Woche nahm ihm die Polizei erneut eine Dose Pfefferspray ab.

Keine Notwehrsituation

Der betroffene Polizeibeamte sagte aus, dass er nur einen leichten Spritzer von der Seite abbekommen habe. Es sei nicht gezielt gegen ihn gerichtet gewesen und er sei nicht verletzt worden. Vom Angeklagten, den er von früher her kenne, habe er eigentlich einen guten Eindruck.

„Ich kriegte eine Ladung Pfefferspray ab. Das war die Hölle. Zwei Tage hat es gebrannt. Es ging aber dann weg. Ich habe keine bleibenden Schäden“, so der 25-Jährige. Der Angeklagte habe sich zwei Wochen später bei ihm entschuldigt: „Er sagte, er habe sich bedroht gefühlt.“

Zehn Monate Bewährungsstrafe forderte der Vertreter der Staatsanwaltschaft. „Ich entschuldige mich. Das passiert nicht noch einmal“, beteuerte der Angeklagte. Das Urteil: Acht Monate Freiheitsstrafe zur Bewährung sowie 800 Euro Geldbuße. Der 45-Jährige sei geständig, habe nicht gemauert und sich aus freien Stücken entschuldigt, wertete Gerndorf zugunsten des Angeklagten. Allerdings habe er sich selbst in den Schlamassel gebracht: „Das war keine Notwehrsituation, die Sie berechtigt hätte, das Pfefferspray zu ziehen. Schlagen Sie sich das aus dem Kopf, dass Sie sich gewehrt haben. Sie haben mit dem Spray angegriffen.“

Aggressive Grundhaltung

Wegen versuchter Nötigung und Beleidigung sei er schon strafrechtlich in Erscheinung getreten, so der Richter: „Sie haben irgendwie eine Aggression in sich. Sie machen zwar hier auf harmlos, aber an dem Abend hatten Sie eine aggressive Grundhaltung. Sie haben die Menge gegen die Polizei aufgebracht.“ Allerdings hoffe er, dass der Angeklagte es jetzt eingesehen habe, so Gerndorf, der dem 45-Jährigen abschießend mit auf den Weg gab: „Lassen Sie Ihren leichtfertigen Umgang mit Waffen und lassen Sie die die unsäglichen Betäubungsmittel aus dem Leib.“