Dresden/Wenden. . Der Musikwissenschaftler Tobias Niederschlag aus Wenden ist Konzertdramaturg bei Christian Thielemann an der Sächsischen Staatskapelle Dresden. Er übernimmt Verantwortung für die Programmplanung des Orchesters - ein Traumberuf, um den ihn viele Musikfreunde beneiden.
Wenn Stardirigent Christian Thielemann mit seiner Sächsischen Staatskapelle Dresden Bruckner oder Strauss aufführt, hat Tobias Niederschlag aus Wenden die Hand im Spiel. Denn der Musikwissenschaftler ist Konzertdramaturg bei der Staatskapelle und als solcher für die Programmplanung des Orchesters zuständig - ein Traumberuf, um den ihn viele Musikfreunde beneiden.
„In Abstimmung mit Herrn Thielemann und dem Orchesterdirektor bin ich für die Konzertplanung zuständig und dafür, welche Gastdirigenten geholt werden“, erläutert er. „Ich bin direkt nach dem Studium hierher verpflichtet worden, was ein großes Glück war. Denn ich hatte von Anfang an eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe, genau das, was ich immer machen wollte. Solche Jobs sind selten.“
Die Dresdner Staatskapelle ist nicht nur eines der führenden Orchester der Welt, sondern auch das traditionsreichste und älteste. Sie wurde 1548 im Auftrag des Kurfürsten Moritz von Sachsen von Johann Walter gegründet. Berühmte Komponisten und Dirigenten haben für sie geschrieben und am Pult gestanden: Vivaldi, Schumann, Weber, Wagner, Liszt, Strauss, Hindemith, Weill. Bis heute hat sich die Staatskapelle einen unverwechselbaren Klang erhalten. „Diesen Klang gibt es in vielen Orchestern nicht mehr. Es ist ein besonderer Geist, der im Orchester herrscht, das ist etwas, das Thielemann sehr schätzt“, resümiert Niederschlag.
Historie und Gegenwart
„Thielemann ist ein Dirigent, der für ein bestimmtes Repertoire steht, das deutsche romantische und spätromantische Repertoire. Darin gilt er als führender Dirigent. Aber er ist erheblich vielseitiger, als man allgemein denkt“, verrät der Konzertdramaturg.
So gestaltet sich der Spielplan des Orchesters als Schnittmenge zwischen der Geschichte des Hauses, den Komponisten, die für das Haus wichtig waren, aber vergessen wurden und dem Bemühen um zeitgenössisches Musikschaffen. Capell-Compositeur in diesem Jahr ist Wolfgang Rihm. „Wie im Brennspiegel kommen Historie und Gegenwart zusammen“, schildert Tobias Niederschlag.
„Ich wollte immer in die Praxis“, begründet der Sauerländer, warum er eine Position im Orchester gesucht hat. Seinem Klavierlehrer Horst Schmitz in Olpe ist der 37-Jährige für „eine gute, fundierte Ausbildung“ dankbar. Nach dem Abitur ging er nach München, weil man nur dort einen Musikzivildienst machen konnte. Zum Musikwissenschaftsstudium war dann der Schritt nicht mehr weit.
Aber Tobias Niederschlag ist nicht nur Konzertdramaturg, er ist auch der künstlerische Leiter eines kleinen, feinen Festivals, das er zusammen mit Mitstreitern gegründet hat: die Schostakowitsch-Tage in Gohrisch. „Es ist das einzige Schostakowitsch-Festival weltweit, das regelmäßig stattfindet, in diesem Jahr vom 19. bis 21. September schon zum fünften Mal“, so Niederschlag. „Gohrisch ist ein kleiner Kurort in der Sächsischen Schweiz, dort hat sich Schostakowitsch mehrfach aufgehalten, er hat dort sein 8. Streichquartett geschrieben, eines seiner wichtigsten Werke.“ Für das Festival wird im Ort ein Zelt aufgebaut, die Musiker der Staatskapelle spielen mit Künstlern wie Gidon Kremer und Isabel von Karajan. „Alle Künstler und alle Mitarbeiter machen das ohne Honorar, für die Sache selber. Es ist schon etwas ganz Besonderes, eine außergewöhnliche Atmosphäre, auch beim Publikum.“
Weihnachten in der Heimat
Die Familie in seiner Heimat Wenden besucht Tobias Niederschlag, so oft es sein Terminkalender erlaubt, „Weihnachten und in den Sommerferien fahre ich immer nach Hause“. Vor allem freut sich der Musikexperte, dass es auch in finanziell schwierigen Zeiten möglich sein kann, Kultur zu gestalten. „Wenn man eine gute Idee hat und sie auch auf hohem Niveau umsetzen kann, kann man die Leute wirklich noch erreichen. Das gibt Hoffnung.“