Finnentrop/Siegen. .
Die von Staatsanwalt Markus Rau vor der Jugendkammer des Siegener Landgerichtes verlesene Anklage ist außerordentlich heftig. Zum gemeinsamen Frühstück hatten sich ein 48-Jähriger und eine Nachbarin (16) am 26. Dezember 2011 in seiner Wohnung in Finnentrop verabredet. „Sie hatten eine platonische Freundschaft“, so der Staatsanwalt. Dann muss aber laut Anklage alles aus dem Ruder gelaufen sein. Der Mann habe dem Mädchen plötzlich ein Messer an die Kehle gehalten und gesagt: „Zieh dich aus. Es gibt noch eine zweite Variante. Ich schneide dir die Kehle durch.“ Nachdem die 16-Jährige sich ausgezogen hatte, soll er sie mit Kabelbinder an Füßen und Händen gefesselt sowie mit einem Schal und Küchenpapier geknebelt haben. Dann soll er sexuelle Handlungen an der 16-Jährigen vorgenommen haben. Schließlich habe er ihr ein Sofakissen ins Gesicht gedrückt und sie bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt. Als sie wieder zu sich kam, soll er von ihr abgelassen haben.
Weiterer Vorwurf: Trotz gerichtlichen Kontaktverbots soll er ihr weiterhin SMS geschickt und sie auf dem Schulweg beobachtet haben.
Vor Gericht behauptete der Angeklagt, einen Filmriss gehabt zu haben. Er könne sich nicht erinnern, was nach dem Frühstück passiert sei. Von der brutalen Tat wisse er nichts. „Ich wollte das Ganze beenden. Ich habe eine Stunde bevor sie kam 150 Tabletten genommen. Ich wollte mich umbringen“, sagte der Finnentroper, der nach eigenen Angaben nach mehreren Schlaganfällen täglich 22 Tabletten nehmen muss. Die Erinnerung habe erst am Nachmittag wieder eingesetzt: „Ich saß im Sessel und sie mit Slip und BH auf dem Sofa. Ich habe gefragt, was los ist. Sie erzählte, was ich gemacht haben soll.“ Das Mädchen sei dann nach Hause gegangen. Er habe noch mal 150 Tabletten genommen und später die Polizei angerufen.
Das Mädchen sei fast täglich zu ihm gekommen, häufig auch in Begleitung einer Freundin. „Sie kamen zu Hause nicht zurecht. Ich gab ihnen ein Zuhause. Sie konnten bei mir Fernsehen gucken, rauchen und ins Internet“, sagte der Angeklagte. Sexuell sei nichts gelaufen. Er habe damals gesagt, dass er sich in die 16-Jährige verliebt habe: „In einer mehrmonatigen Therapie in der Psychiatrie in Olpe bin ich mit dem Psychiater aber übereingekommen, dass ich mir das nur eingebildet habe.“
Nebenklage-Vertreterin Marie-Theres Hanfland berichtete, die 16-Jährige habe lange versucht, die Fassung zu bewahren. Vor zwei Tagen sei diese Haltung aber zusammengebrochen. Sie habe geweint. Als Reaktion auf die schlimmen Erlebnisse zittere sie mit der Hand und habe Probleme mit den Augen. Auf Antrag von Anwältin Hanfland wurde die Öffentlichkeit bei der Vernehmung der Zeugin ausgeschlossen.
Der Prozess wird am 22. Mai fortgesetzt.