Olpe. .

Die übelst zugerichtete 40-Jährige hatte mit ihrem Leben bereits abgeschlossen. „Er hat mich minutenlang durch den Laden geprügelt und mehrmals gesagt: Ich stech’ dich ab. Ich habe gedacht, wenn er dich eh’ umbringt, sollen sie das Schwein auch kriegen. Dann habe ich noch den Alarmknopf gedrückt“, sagte die Tankstellen-Angestellte.

Ein Quarttett drückte wegen schwerer räuberischer Erpressung die Anklagebank im Olper Jugendschöffengericht: ein 17- und ein 19-Jähriger aus Olpe sowie zwei in Wenden wohnende 18- und 19-Jährige. Die vier jungen Männer hatten sich am 11. August 2012 in einer Spielothek am Olper Bahnhof getroffen. Als das Geld verzockt war und man überlegte, an Nachschub zu kommen, schlug der 17-Jährige einen Tankstellen-Überfall vor. Er berichtete, dass er vor einiger Zeit bereits eine Tankstelle an der Olper Hütte überfallen habe. Das Quartett fuhr los in Richtung Dortmund und verließ die Autobahn bei Letmathe. Während drei Angeklagte im Auto blieben, rannte der maskierte 17-Jährige mit einem Messer in die Tankstelle.

„Der Angeklagte forderte das Geld aus der Kasse und dem Tresor. Er hat der Angestellten mehrere Kopfnüsse versetzt, mit dem Messer in ihre Richtung gestochen und gedroht sie abzustechen“, sagte Staatsanwalt Günter Scholz. Keine Frage: Für die Angestellte war es die Hölle. „Ständig kriegte ich Kopfnüsse. Ich weiß nicht wie viele. Er schmiss mich vor das Regal. Da habe ich nur noch Sterne gesehen.“ Dann hätte der Mann sie an der Bluse wieder hochgezogen: „Er hat mich in Richtung Kasse getreten und geschlagen.“ Doch die 310 Euro reichten dem Räuber nicht. „Als ich ihm sagte, dass ich nicht an den Tresor komme, hat er mehrmals gesagt, dass er mich umbringt“, so die 40-Jährige, die durch die brutale Attacke einen doppelten Nasenbeinbruch, einen Mittelschädelbruch, einen Stich in den Oberarm und mehrere Schnittwunden im Gesicht und an den Händen erlitt. Auch heute noch ist sie arbeitsunfähig und in psychotherapeutischer Behandlung: „Ich kann nicht schlafen und habe Alpträume. Ständig habe ich Kopfschmerzen.“ Die Nase muss wahrscheinlich nachoperiert werden.

Der 17-Jährige räumte den Überfall ein: „Ich habe die Frau geschlagen und ihr ein paar Kopfnüsse verpasst. Ich habe gesagt, sie soll den Tresor aufmachen. Sie sagte, dass sie den Code nicht weiß. Da habe ich gesagt: Verarsch’ mich nicht und ein bisschen gestochen.“

Die ganze Aggressivität des vorbestraften 17-Jährigen wurde auch im Gerichtssaal deutlich. Als ihn sein Vater aus dem Zuschauerraum ermahnte, die Wahrheit zu sagen, fauchte er ihn an: „Halt die Schnauze, Alter.“ Sein Verteidiger, Oguz Sarikaya aus Köln, stellte den Beweisantrag für ein Sachverständigengutachten: „Zwei Fachärzte haben 2010 festgestellt, dass seine intellektuellen Fähigkeiten im Grenzbereich zur geistigen Behinderung liegen. Es ist zu prüfen, ob bei ihm überhaupt Schuldfähigkeit vorliegt.“ Mit einem Intelligenzquotienten von 65 liege leichter Schwachsinn vor, so Richter Richard Sondermann. Das Gericht folgte dem Antrag des Verteidigers und trennte das Verfahren gegen den 17-Jährigen ab. Nun wird ein Gutachten erstellt und am 5. Februar weiter gegen ihn verhandelt. Dann geht es auch um den Überfall auf die Tankstelle in Olpe. Der 17-Jährige bleibt in U-Haft.

So wurde die Verhandlung nur noch gegen die drei Mitangeklagten wegen Beihilfe zur schweren räuberischen Erpressung fortgesetzt. Staatsanwalt Günter Scholz forderte für den 19-Jährigen aus Wenden, der das Auto fuhr, und den 18-Jährigen, der die schwarze Tatkleidung und das Messer besorgte, jeweils sechs Monate Jugendstrafe zur Bewährung. Für den mehrfach vorbestraften und bei der Tat unter Bewährung stehenden 19-Jährigen aus Olpe verlangte Scholz unter Einbeziehung eines früheren Urteils insgesamt zwei Jahre und sechs Monate „ohne“. Wie der 17-Jährige sitzt er seit fünfeinhalb Jahren in U-Haft. Der Haftbefehl soll aufrecht erhalten bleiben, so Scholz.

Zwar forderten die Verteidiger geringere Strafen, doch folgte das Gericht exakt dem Staatsanwalt. Als Bewährungsauflage müssen die beiden Angeklagten aus Wenden jeweils 80 Sozialstunden ableisten. Richter Sondermann sprach von der fatalen Idee des Überfalls. Der 17-Jährige habe diesen brutal durchgeführt und die Frau ganz erheblich verletzt. Dabei hätten die drei Angeklagten gewusst, dass das Messer zum Einsatz kommen sollte.