Bamenohl/Drolshagen. Die Standpunkte könnten gegensätzlicher nicht sein. Hermann Sondermann, Inhaber der gleichnamigen Großbäckerei in Drolshagen mit 165 Läden, wurde bestohlen und will das nicht hinnehmen.
Sechs Frauen im Alter zwischen 27 und 49 Jahren aus Weringhausen, Fretter, Ostentrop, Schönholthausen und Lenhausen, die zwischen sechs Wochen und zwölf Jahren in der Sondermann-Filiale Bamenohl arbeiteten, aus der Einnahmen fehlen, fühlen sich zu Unrecht verdächtigt.
Beide Seiten haben zwischenzeitlich Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Sondermann wegen Diebstahls, die Frauen wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung.
Vorwurf: 415 Euro fehlen
Was ist geschehen? Am Montag, 18. Mai, wurde die im Bamenohler Sondermann-Laden diensthabende Verkäuferin Regina Pauli vom Kassenbüro in Drolshagen mit der Aussage konfrontiert, dass von der Freitagseinnahme 415 Euro, das gesamt Scheingeld, fehlten. Sie musste ihre fünf Kolleginnen Daniela Rohrmann, Tanja Upadek, Sandra Meyer, Christiane Moeser und Ursula Baumann informieren und für nachmittags in der Filiale einbestellen, wo sie von der Bezirksverkaufsleiterin, dem Firmenrevisor und Vertriebsleiter Albert Heuel über das Fehlen des Geldes informiert und, so die Aussage der Frauen, mit dem Vorwurf konfrontiert wurden, nur eine von ihnen hätte das Geld entwenden können.
Ein Vorwurf, der die Frauen schockierte, zumal ihrer festen Überzeugung nach das Geld komplett war, als es abgeholt wurde, und weitere Personen die Möglichkeit gehabt hätten, zwischen dem Kassenabschluss am Freitag in Bamenohl und der Kontrolle am Montag in Drolshagen auf das Geld zuzugreifen. „Die Kette ist nicht dicht”, so eine der Frauen im Gespräch mit unserer Zeitung, ohne Einzelheiten darlegen zu wollen.
„Hier rollen heute Köpfe!”
Diese Argumentation sei aber vom Tisch gewischt worden: „Es wurde deutlich gemacht, dass nur eine von uns als Diebin infrage komme”, erinnert sich Christiane Moeser, und angekündigt: „Hier rollen heute Köpfe!” Nachdem die Verkäuferinnen zunächst gemeinsam nach dem Verbleib des Geldes befragt wurden, ging es anschließend in „Einzelverhöre”, bei der jede rund 45 Minuten lang von den drei Führungskräften „bearbeitet” wurde.
Dabei seien sie aufgefordert worden, die Diebin zu benennen, auch bei einem späteren Treffen oder anonym, etwas über die finanzielle Situation der Kolleginnen zu sagen und Ähnliches, gaben die sechs Frauen im Gespräch mit unserer Zeitung zu Protokoll. Sie hätten betont, sich gegenseitig zu vertrauen und füreinander „die Hände ins Feuer zu legen”. Ihr Angebot, zur Klärung des Sachverhaltes die Polizei hinzuzuziehen, sei mit dem Hinweis abgelehnt worden, das bringe nichts. Danach sei ihnen ein 24-stündiges Ultimatum gestellt worden, sich zu äußern, ansonsten drohe fristlose Kündigung. Die Zusammenkunft habe gegen 21.40 Uhr geendet.
Keine direkten Beschuldigungen geäußert
Sondermann-Vertriebsleiter Albert Heuel wollte zu firmeninternen Vorgängen nichts sagen. Er erklärte aber, es seien keine direkten Beschuldigungen geäußert worden und räumte ein, dass man, da es nicht das erste Mal gewesen sei, dass in Bamenohl Geld weggekommen sei, die Frauen „nicht mit Samthandschuhen angefasst habe”.
Die Polizei sei in dieser Situation nicht hinzugezogen worden, weil man gehofft habe, die Sache so klären zu können. Später sei dann Anzeige gegen Unbekannt erstattet worden. Die Polizei ermittele „auf allen möglichen Ebenen”.
Hermann Sondermann erklärte, dass in der Filiale Bamenohl in den vergangenen sechs Jahren trotz diverser Sicherheitsmaßnahmen rund zehn Mal Geld weggekommen sei, davon vor etwa eineinhalb Jahren ein ähnlich hoher Betrag auf die gleiche Art und Weise wie jetzt, was auch zur Anzeige gebracht worden sei.
Mit den Nerven völlig fertig
Die ehemaligen Verkäuferinnen räumen diesen Fall ein, der nicht aufgeklärt werden konnte, bestreiten aber eine Häufung von größeren Fehlbeträgen, die sich nicht durch Wechselfehler erklären ließen.
Als sich die ob der Vorwürfe geschockten Verkäuferinnen, Tanja Upadek war „nervlich völlig fertig”, nach Ablauf des Ultimatums mittwochs erneut im Laden trafen und noch nichts aus Drolshagen gehört hatten, beschlossen die vier Aushilfen, selbst zu kündigen. Den beiden fest angestellten Verkäuferinnen wurde am gleichen Tag fristlos gekündigt. Sie haben zwischenzeitlich Kündigungsschutzklage eingereicht.
Schlimmer als der Verlust des Arbeitsplatzes, alle sechs betonen, sie hätten sehr gerne bei Sondermann gearbeitet, trifft die Frauen, dass sie durch eine aus ihrer Sicht falsche Beschuldigung ins Gerede gekommen sind. „Wir alle wohnen auf Dörfern und sind bereits auf den Vorfall angesprochen worden”, berichtet Christiane Moser. Sie fühlen sich verleumdet, gekränkt und in ihrer Ehre verletzt.
Das kann Hermann Sondermann nachvollziehen. „Es tut mir auch leid für die, die unschuldig sind”, erklärte er, fragt aber: „Soll ich mich weiter bestehlen lassen?”