Olpe. Ehemaliger Dechant kehrt als Pastor in seinen alten Wirkungsraum Olpe zurück. Im Interview erklärt er, was ihn dazu gebracht hat.

Seit dem 1. Mai ist das Pastoralteam im Pastoralen Raum Olpe/Drolshagen wieder komplett. Pastor Michael Kammradt war im vergangenen Jahr von Olpe ins Siegerland versetzt worden – nun kommt ein Priester aus dem Siegerland nach Olpe. Indes ist dies für ihn alles andere als Neuland: Pfarrer Friedhelm Rüsche stammt gebürtig aus Attendorn und war bis 2014 Pfarrer in Olpe. Nun kehrt er an seine vorherige Wirkungsstätte zurück, aber in anderer Rolle: Der Leitende Pfarrer tritt aus der ersten Reihe zurück und wird Pastor im Pastoralverbund. Im Interview erklärt er, warum.

Ein Sauerländer hat es im Siegerland nicht immer einfach – wie auch umgekehrt. Welche Erfahrungen haben Sie in zehn Jahren gemacht?

Im Jahr 2014 wurde Friedhelm Rüsche (links) vom damaligen Siegener Dechanten Werner Wegener, einem gebürtigen Grevenbrücker, in Keppel in sein Amt eingeführt.
Im Jahr 2014 wurde Friedhelm Rüsche (links) vom damaligen Siegener Dechanten Werner Wegener, einem gebürtigen Grevenbrücker, in Keppel in sein Amt eingeführt. © Jürgen Schade | Jürgen Schade

Naja, ganz fremd war mir die Region nicht, noch aus Zeiten der früheren Seelsorgeregion Siegerland/Südsauerland. Außerdem gehört es zu meinen Grundsätzen, dass ich, wenn ich irgendwo hinkomme, mich erstmal auf die Leute einlasse, und damit bin ich auch in Keppel sehr gut gefahren. Ich wurde freudig aufgenommen, aber ich habe schnell gemerkt, dass das verbunden war mit der Besorgnis, ja nicht zu viel zu verändern. Ich musste mir das Vertrauen schon erarbeiten.

Aus Olpe bzw. Attendorn als katholische Hochburgen ins Siegerland als Diaspora was bedeutet das im Alltag?

Beim Schützenfest Olpe im Jahr 2010: Gemeinsam mit Pfarrer Clemens Steiling (links) war  Friedhelm Rüsche einer der Schützenvikare.
Beim Schützenfest Olpe im Jahr 2010: Gemeinsam mit Pfarrer Clemens Steiling (links) war Friedhelm Rüsche einer der Schützenvikare. © Frank Tischhart | Frank Tischhart

Zunächst einmal spielt die katholische Kirche dort im Alltag eine ganz andere Rolle. Trotz aller Krise ist es ja so, dass wir hier im Sauerland praktisch eine Trägerin öffentlicher Belange sind mit einer Vielzahl von Einrichtungen, von Kindergärten bis Friedhöfen. In der Diaspora haben die Gemeinden oft nur die Kirche, das Pfarrhaus und ein Pfarrheim und sonst nichts.

Einer Ihrer Vorgänger in Keppel war der in Olpe fast zur Legende gewordene Karl-Wolfgang Müller. Haben Sie noch Spuren von ihm bemerkt?

Und ob. Viele kennen ihn noch, obwohl seine Zeit dort von 1963 bis 1970 schon lange zurückliegt. Aber er hat dort tatsächlich Spuren hinterlassen und genießt bis heute einen Ruf, an ihn wird sich dort immer noch als „Müller zwei“ als der Pfarrer erinnert, der das zweite vatikanische Konzil umgesetzt und die Kirche modernisiert hat.

Haben Sie in der Diaspora etwas mitgenommen, das Sie nun gebrauchen können?

Ohne Zweifel. Denn unsere Kirche ist ja insgesamt auf dem Weg in die Diaspora. Vieles von dem, was dort bereits praktiziert wird, werden wir hier auch noch umsetzen müssen. Da wird beispielsweise jetzt schon sehr viel mit Wortgottesfeiern gearbeitet, auch an Sonntagen, eben weil dort nicht genug Priester für so viele Messfeiern sind. Dahin werden wir hier auch kommen. Das Ehrenamt in der Liturgie wird bei uns auch eine größere Rolle spielen, und ich habe festgestellt, dass es in Keppel, Kreuztal und Krombach, den Gemeinden, denen ich vorgestanden habe, weniger Hemmungen gibt, als Laie vorzutreten und etwas vorzutragen als ich es von hier kenne.

Was hat Sie dazu gebracht, sich zurück nach Olpe zu bewerben?

Bei mir wurde schon 2008 eine Augenerkrankung diagnostiziert, Grüner Star. Das wurde leider sehr spät erkannt und war schon ziemlich weit fortgeschritten. Nun fahre ich schon seit drei Jahren kein Auto mehr, und das schränkt natürlich schon sehr ein, wenn man immer gefahren werden muss. Das fällt dann in mit Katholiken so dünn besiedelten Gebieten wie dem Siegerland natürlich noch schwerer ins Gewicht als hier. Man ist auf Leute angewiesen und daher auch nicht mehr so souverän. Da meine Haushälterin in Neuenkleusheim wohnt, hatte ich ohnehin für mich beschlossen, im Ruhestand zurück nach Olpe zu gehen. Nun passiert das etwas schneller. Hinzu kommt, dass Johannes Hammer (Leitender Pfarrer des Pastoralen Raums Olpe/Drolshagen, die Red.) wie ich aus Attendorn stammt und mein Weihebruder ist, dann wurde hier die Stelle frei, das passt einfach.

Wo werden Sie wohnen?

Im selben Haus, aus dem ich vor zehn Jahren ausgezogen bin - allerdings nicht mehr in der Pfarrerwohnung, da wohnt inzwischen Vikar Todt. Ich werde in die ehemalige Vikarswohnung ziehen, die gerade einer ohnehin nötigen gründlichen Sanierung unterzogen wird. Hinzu kommt, dass sie im Erdgeschoss liegt, was fürs Alter ja ohnehin besser ist. Und bis die Wohnung fertig ist, hat mir Pfarrer Hammer das Gästeappartement in seiner Wohnung auf der Mauer angeboten. Da praktizieren wir jetzt vorübergehend eine Attendorner Priester-WG (lacht).

Bisher waren Sie Leitender Pfarrer, nun sind sie Pastor im Pastoralverbund. Wie ändern sich Ihre Aufgaben?

Während ich bisher vergleichweise viel mit Verwaltung zu tun hatte, werde ich hier nun stärker in die Seelsorge eingebunden. Da werde ich in der Erstkommunion- und der Firmvorbereitung mitarbeiten, aber auch den Gemeindeausschuss Rhode betreuen, der sich gerade neu bildet. Und nicht zuletzt werde ich in der Prävention sexualisierter Gewalt tätig sein, da habe ich mich zur Fachkraft und zum Schulungsreferenten weitergebildet.

Gibt es räumliche Schwerpunkte?

Grundsätzlich ist für das gesamte pastorale Team das Einsatzgebiet der komplette Pastorale Raum. Ich werde also auch im Drolshagener Land tätig sein, aber der räumliche Bezug spielt natürlich schon eine Rolle. So kann ich hier in Olpe viel zu Fuß erledigen, ohne aufs Auto angewiesen zu sein.

Hatten Sie in den zehn Jahren viel Kontakt in die Heimat?

Privater Art natürlich, aber in pastoralen Dingen habe ich mich komplett herausgehalten, und das habe ich auch im Siegerland zum Abschied gesagt. Da muss man einen Schlussstrich ziehen. Es gab eine Ausnahme: Ich habe vor einigen Jahren eine Trauung in der Rehringhauser Kirche vorgenommen, die früher ja zu meinem Beritt gehört hat. Das lag aber daran, dass das Brautpaar aus Kreuztal kam und sie in Rehringhausen heiraten wollten, weil sie bei Püttmanns die Feier gebucht hatten. Da habe ich das als ihr Heimatpfarrer natürlich gern übernommen.

Welche Rolle spielte die Ökumene und welche wird sie künftig spielen?

In der Diaspora ist man auf eine funktionierende Ökumene angewiesen, und das hat in Keppel wirklich gut funktioniert. Das liegt allerdings auch ganz oft an den handelnden Personen. Bei der evangelischen Kirche in Olpe wechselt ja derzeit praktisch das komplette Team, daher bin ich gespannt, wie die neuen Kollegen das angehen. Aber grundsätzlich war in Olpe das Thema Ökumene immer wichtig und sehr weit entwickelt. Es wäre schön, wenn das so weitergehen könnte.

Erst Kaufmann, dann Priester

Friedhelm Rüsche wurde 1961 in Attendorn geboren. Nach der Schule lernte er zunächst den Beruf des Industriekaufmanns bei der Firma Viega, bevor er den Weg ins Priesteramt einschlug. Das hieß zunächst: vier Jahre Internat in Bad Driburg, um das Abitur nachzuholen. Dann studierte er in Paderborn und einige Semester in Fribourg in der Schweiz. 1991 wurde er in Paderborn zum Priester geweiht; sein Primizspruch lautet „Weise mir, Herr, Deinen Weg. Ich will ihn gehen in Treue zu Dir“. Seine erste Stelle als Vikar trat er in Büren an, wurde dann Pfarradministrator von Neuenkleusheim, Altenkleusheim und Rehringhausen. Von dort wechselte er quasi nach nebenan zur Pfarrei St. Marien in Olpe, wurde dann Leitender Pfarrer des Pastoralverbunds Olpebachtäler, der im heutigen Pastoralen Raum Olpe/Drolshagen aufging. Rüsche, inzwischen auch zum Dechanten gewählt, wechselte 2014 ins Siegerland zur Pfarrei Keppel, deren Sitz im Hilchenbacher Ortsteil Dahlbruch ist, und kehrt nun nach Olpe zurück.

Wie war Ihr erster Eindruck nach der Rückkehr, hat sich viel verändert?

Ja, an vielen Stellen hat sich einiges getan. Aber die Leute sind dieselben geblieben. Ich war überrascht, wie viele bekannte Gesichter ich bei den ersten Gottesdiensten wiedererkannt habe. Gerade die Anfangszeit werde ich nutzen, um mich überall vorzustellen und die Kirchen, Pfarrheime und kirchlichen Orte in der hellen Jahreszeit kennenzulernen, was angesichst meiner nachlassenden Sehkraft sehr wichtig für die Zukunft ist, beispielsweise, weil ich im Halbdunkel die Altarstufen nicht so gut sehen kann. Ich muss lernen, mich zu orientieren, und dann bin ich zuversichtlich, dass ich hier trotz meiner Behinderung noch viele Jahre mithelfen kann.

Bier oder Wein? Bier
Schützenfest oder Posche? Schützenfest
Buch oder Film? Buch
Tagesschau oder Heute? Heute
Berge oder Meer? Inzwischen das Meer