Lennestadt. Besonderer Anblick: Ramona Braun arbeitet als Müllfrau im Kreis Olpe. Sie erzählt wie es ist, als Frau in einer Männerdomäne tätig zu sein.

„Mama, schau mal, da kommt eine Müllfrau!“, ein kleiner Junge hat Ramona Braun in ihrer leuchtend orangen Schutzkleidung auf dem Trittbrett des riesigen Müllwagens entdeckt. Aufgeregt hüpft er auf und ab, sieht fasziniert zu, wie sie zur Tonne läuft, diese hinten am LKW einhakt, entleert und wieder an den Straßenrand zurückstellt. Die 45-Jährige hat oft Lollis für die Kinder dabei. „Als Kind stand ich selbst an der Straße, wenn der Müllwagen kam. Ich habe gewunken und bin auch schon mal mitgelaufen. Es war mein Kindheitstraum, diesen Job zu machen“, erzählt Ramona Braun lächelnd. „Damals dachte ich aber, das wäre ein reiner Männerjob.“

„Ob Müllfrau, Müllwerkerin oder Abfallprinzessin – das geht alles“

Ramona Braun hat zwei erwachsene Söhne und lebt in einer glücklichen Beziehung. Sie war neun Jahre als Hauswirtschaftskraft in einem Altenheim in Netphen beschäftigt, probierte auch einen Job in der Industrie aus. Beides gefiel ihr nicht so richtig, letztes Jahr im Januar gab sie sich einen Ruck und machte ein Praktikum beim Entsorgungsbetrieb Remondis. „Ich hätte nicht gedacht, dass es mir so gut gefällt. Mich hat alles überzeugt: Den ganzen Tag an der frischen Luft zu sein, super nette Kollegen und dass es ein abwechslungsreicher Job ist, weil wir immer woanders im Kreis Olpe unterwegs sind“, erzählt sie.

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An einem normalen Arbeitstag steht Ramona Braun morgens um 4 Uhr zu Hause in Altenhundem auf, die Schicht fängt um 6 Uhr an. „Wenn es regnet, will ich mir morgens schon mal lieber die Decke über den Kopf ziehen. Aber wenn das Wetter und die Kollegen passen, gehe ich immer gern zur Arbeit. Die Tonne ist mein bester Freund“. Sie geht morgens noch mit ihrem Hund und braucht Zeit, um sich fertig zu machen – „wie Frauen so sind“, sagt sie augenzwinkernd. Sie nimmt es mit viel Humor, wie die Leute ihren Job bezeichnen: „Die Kinder nennen mich Müllfrau, offiziell heißt es Müllwerkerin, das hört sich edler an. Ihr könnt mich aber auch Abfallprinzessin nennen, das geht alles“, sagt sie lachend.

Ramona Braun arbeitet beim Entsorgungsbetrieb Remondis im Kreis Olpe. Sie ist eine von sehr wenigen Frauen, die diesen Job macht.  
Ramona Braun arbeitet beim Entsorgungsbetrieb Remondis im Kreis Olpe. Sie ist eine von sehr wenigen Frauen, die diesen Job macht.   © WP | Sarah Breunig

Während der achtstündigen Tour sind Ramona Braun und ihr Fahrer Mozaffer Kalaz ordentlich auf Zack. Heute steht Lennestadt an, über 700 Papiertonnen stehen wartend am Straßenrand. In schnellen, routinierten Handgriffen entleert sie die Tonnen. Stellt sie wieder ab, rennt ein Stück weiter zu den nächsten. 13 bis 15 Kilometer läuft sie pro Tour – eine Strecke fast wie von Olpe nach Attendorn. Ein halbes Jahr nach Jobstart hatte sie so über 16 Kilogramm abgenommen. „Du weißt am Ende des Tages, was du geleistet hast“, sagt sie gegen Ende der Tour in Halberbracht.

Als Frau im Entsorgungsbetrieb

Uns als Fahrern fällt nur dann auf, dass eine Frau und kein Mann auf dem Trittbrett steht, wenn die Bürgerinnen und Bürger stehen bleiben. Sie gucken, weil es eine Frau ist.
Mozaffer Kalaz

„Uns als Fahrern fällt nur dann auf, dass eine Frau und kein Mann auf dem Trittbrett steht, wenn die Bürgerinnen und Bürger stehen bleiben. Sie gucken, weil es eine Frau ist“, sagt Mozaffer Kalaz. Er arbeitet seit 1994 in der Entsorgungsbranche, Frauen seien da eine Rarität.

Ramona Braun schätzt, dass sie die einzige Müllfrau im Kreis Olpe ist. Bei Remondis sind vier weitere Frauen beschäftigt, die aber nicht wie sie im kommunalen, sondern im gewerblichen Bereich arbeiten. „Es ist historisch so gewachsen, dass Männer in körperlich anstrengenden Berufen arbeiten. Der Job ist aber genauso attraktiv für Frauen wie für Männer, ich sehe da keinen Unterschied. Es zählt die körperliche Fitness“, sagt Felix Maaßen, Geschäftsführer von Remondis.

Trotzdem: „Gerade vorhin hat mich wieder eine Frau angesprochen, dass sie ja noch nie eine Müllfrau gesehen hätte. Scheinbar bin ich wirklich die einzige Verrückte in diesem Job“, grinst die 45-Jährige. Mit den Kollegen habe es keine Vorfälle aufgrund ihres Geschlechts gegeben, die begegneten ihr stets auf Augenhöhe.

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„Dein Hupen ist Musik in meinen Ohren“

Menschen, die ihr auf Augenhöhe begegnen, vermisst Ramona Braun manchmal auf den Straßen im Kreis Olpe. „Ich muss sagen, dass Kinder und Rentner meine Lieblingsbewohner sind. Die halten auch mal ein Schwätzchen und ducken sich nicht vor uns weg“, sagt sie. „Ich würde mir von vielen mehr Respekt und Anerkennung für unseren Job wünschen. Jemand muss ja den Müll wegräumen.“ Klar, dass der auch mal unangenehm riecht. Besonders schlimm seien die gelben Säcke – „die stinken halt“. Ein Problem sei auch falsch sortierter Abfall.

Zur gesellschaftlichen Akzeptanz gehört für sie auch das Verhalten der Autofahrer, wenn der Entsorgungs-LKW im Einsatz ist und schon mal kurz die Straße blockiert. Riskante Überholmanöver seien an der Tagesordnung. Doch auch in diesen Situationen mangelt es der 45-Jährigen nicht an Humor: „Letzten Sommer hatte ich ein T-Shirt, auf dem hinten draufstand: Dein Hupen ist Musik in meinen Ohren.“

Ramona Braun von Remondis bei der Arbeit. Heute entleert sie Papiertonnen in Lennestadt.
Ramona Braun von Remondis bei der Arbeit. Heute entleert sie Papiertonnen in Lennestadt. © WP | Sarah Breunig

Ramona Braun macht derzeit einen LKW-Führerschein der Fahrzeugklasse C, den Remondis ihr bezahlt. In zwei bis drei Wochen sollte sie fertig sein. „Das ist schon eine Hausnummer, so ein Geschoss zu fahren. Ich freue mich total darauf. Dann lasse ich die Männer auch mal laufen und ich fahre.“

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