Olpe. Nach den großen Protestfahrten in der Region: Gesprächsangebot und Informationen auf dem Olper Marktplatz. Ruhiger Ton kommt an

Schon wieder Traktoren mit Schildern. Schon wieder Landwirte mit Flugblättern. Doch das, was da gestern Nachmittag auf dem Olper Marktplatz stattfand, war keine Fortsetzung der Protestfahrten von Montag und Ende Dezember. Es war leise statt laut, informativ statt plakativ, kommunikativ statt konfrontativ. Mitglieder des Landwirtschaftlichen Kreisverbands hatten kurzfristig entschieden, im Nachgang der Proteste für Gespräche zur Verfügung zu stehen. Michael Richard ist Vorsitzender des Kreisverbands und berichtete: „Bei der Fahrt durch Altenhundem standen unglaublich viele Leute an der Straße und signalisierten uns ,Daumen hoch‘. Also unterstützen sie ganz offensichtlich unsere Sache.“ Doch sei im Gespräch häufig klargeworden, dass viele gar nicht so genau wissen, was die Bauern zuletzt derart auf die Palme gebracht hat. Da sei kurzfristig entschieden worden, das Gespräch anzubieten.

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Einer, der die Gelegenheit nutzte, um ins Gespräch zu kommen, war er erste Bürger der Stadt Olpe. Peter Weber (CDU): „Ich bin hier, um mir einen direkten Eindruck zu verschaffen, mit den Bauern selbst zu sprechen.“ In der Runde neben ihm: Dr. Gregor Kaiser, der als Grünen-Landtagsabgeordneter insbesondere bei der Demonstration in Siegen gellende Pfiffe erntete, in denen seine Rede fast unterging, der aber als Land- und Forstwirt genau weiß, was seinen Berufskolleginnen und -kollegen gedroht hätte, wären die sogenannten LoF-Fahrzeuge tatsächlich von der steuerfreien „grünen Nummer“ ausgenommen worden. Er freut sich riesig über die Initiative des Landwirtschaftlichen Kreisverbands: „Das ist ein gutes Signal, dass wir uns wieder gegenseitig zuhören und man den anderen ausreden lässt. Das ist einfach Anstand, der in Siegen eindeutig auf der Strecke geblieben ist.“ Auch am Montag bei der Zusammenkunft in Meschede-Schüren habe schon ein ganz anderer Geist geherrscht: „Klar weiß ich, dass ich als Grüner da natürlich mit in der Kritik stehe, aber es wurde wenigstens zugehört.“ Er sei froh, dass die Proteste zu einem schnellen Erfolg geführt hätten. „Ich glaube, das ja ein tragfähiger Kompromiss gefunden wurde.“

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Franz-Josef Göddecke ist Vorsitzender des Naturschutzbundes im Kreis Olpe und ebenfalls auf den Marktplatz gekommen: „Ich kenne ja einige Landwirte und dachte mir, es ist eine gute Idee, herzukommen und zu reden.“ Auch als Vorsitzender des Beirats bei der Unteren Naturschutzbehörde habe er ja regelmäßig mit Landwirten zu tun und sei insofern im Thema: „Die Grundanliegen, die hier genannt werden, sind ja berechtigt. Ich fand es derart ungerecht, ausgerechnet den Landwirten gleich zwei Kürzungen überzustülpen und dabei offensichtlich nicht mal den zuständigen Minister zu fragen. Man hat den Eindruck, da sei einfach mal nach Aktenlage entschieden worden, wir müssen irgendwo was kürzen.“

Die Probleme der Landwirte sind eigentlich bekannt und schon seit Jahren aufgelaufen.
Dr. Dieter Greiten - Tierarzt

Mehrere junge Mütter schieben mit ihren Kinderwagen an der Bauern-Aktion vorbei. Hildegard Hansmann-Machula lässt sie nicht „ungeschoren“ davonkommen: „Wir waren medial sehr laut unterwegs, das war auch gut so. Jetzt ist es wieder an der Zeit, Inhalte rüberzubringen.“ Sie spricht die jungen Frauen an und gibt ihnen Handzettel mit, die sie auch bei ihrer Arbeit an Grundschulen einsetzt. „Wenn ich Kinder frage: Was aus eurer Frühstücksdose kommt vom Bauernhof?, dann antworten sie fast immer: nichts, aber von Lidl, Aldi oder Netto. Dass auch das Brot aus dem Discounter aus Getreide entsteht, das ein Landwirt angebaut hat, ist ihnen oft nicht klar.“ Hier sei noch viel zu tun, um so früh wie möglich klarzumachen, dass ohne Landwirtschaft keine Nahrungsmittel zu kaufen wären. Dr. Dieter Greiten ist Tierarzt und kam auf den Marktplatz, um Landwirte zu treffen, die er zum Teil schon als Säuglinge kannte, wenn er die Höfe ihrer Großeltern besuchte. „Die Probleme der Landwirte sind eigentlich bekannt und schon seit Jahren aufgelaufen. Jetzt ist es wichtig für die Jugend, den Nachwuchs auf den Bauernhöfen, damit diese wissen, wo sie dran sind.“ Ihm ist es ein Anliegen, darauf hinzuweisen, wie wichtig es für ein Land ist, seine Ernährungsgrundlage zu sichern. Und Sandra Schulte ist gekommen, um durch ihren Besuch ein Zeichen zu setzen: „Ich unterstütze die Anliegen der Bauern in meiner Arbeit in der Mittelstands- und Wirtschaftsunion der CDU.“

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Am Ende der zweistündigen Veranstaltung freuen sich die Teilnehmer über gute Gespräche, bedauern aber, dass nicht mehr Bürgerinnen und Bürger das Gespräch gesucht haben. Michael Richard wie Hildegard Hansmann-Machula weisen darauf hin, dass die Bauern jederzeit zum Gespräch bereit sind, um ihre Anliegen zu vermitteln und die Bedeutung ihres Berufsstands deutlich zu machen. Ganz ohne Treckerkorso und Plakate. Und notfalls eben auch anders.