Kreis Olpe. Die Ampel streicht von heute auf morgen den Umweltbonus auf E-Autos. Autohändler und Käufer stehen im Regen. Das sind die Ausnahmen.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss die Bundesregierung dringend sparen. In der vergangenen Woche hat sie daher die Förderung durch den Umweltbonus für E-Autos eingestampft. Die überraschende Nacht- und Nebelaktion trifft Autohäuser und deren Kunden bis ins Mark. Viele Autokäufer, die noch keine Zulassung für ihr Auto haben, bleiben plötzlich auf den Zusatzkosten sitzen. Für die Autohäuser ein absolutes Unding.
Stellantis (Opel/Fiat) ersetzt volle Prämie
Der Multi-Autokonzern Stellantis will nach dem plötzlichen Aus der E-Autoprämie ab 18. Dezember durch die Bundesregierung die gesamte Umweltprämie für seine Privatkunden übernehmen (20 Prozent müssen die Händler bringen). Das teilte Stellantis, zu dem Opel und Fiat gehören, Montag in Rüsselsheim mit. Allerdings vorerst nur bis zum Jahresende. Gezahlt werden soll die komplette Prämie, also nicht nur die staatliche Prämie von bis zu 4.500 Euro, sondern auch der bisherige Herstelleranteil von 2.250 Euro (plus Mehrwertsteuer). Insgesamt geht es also um eine Summe von maximal 6.750 Euro je Auto. Übernommen wird auch der verringerte Bonus für 2024 (4.785 Euro), wenn die Fahrzeuge 2023 bestellt, aber nicht mehr zugelassen werden können.
Steffen Baumhoff, Chef des Lennestädter VW-Autohauses, nimmt kein Blatt vor den Mund: „Was die Bundesregierung jetzt getan hat, ist schlichtweg unseriös, ja unsäglich. Ein Geschäftsgebaren, das gegen Sitte und Moral verstößt.“ Dem Absatz von E-Fahrzeugen werde das einen zusätzlichen Dämpfer verpassen, nachdem das gesamte Jahr 2023 bereits schwach verlaufen sei. Gründe, so Baumhoff: „Die Autos sind teurer geworden, die Zinsen sind gestiegen, und die Hersteller waren bei Nachlässen eher zurückhaltend.“ Ein VW E-Up, der vor einigen Jahren noch 21.000 bis 22.000 Euro gekostet habe, sei zuletzt für rund 28.000 Euro zu haben gewesen. Bei der seinerzeit noch geltenden Maximalförderung von 9.000 Euro sei der E-Up damals mit rund 13.000 Euro ein sehr attraktiver Preis gewesen. Die Gegenwart sehe vermutlich erst einmal düster aus: „Jetzt wird man sehen, ob sich das E-Auto ohne Hilfe durchsetzt.“
Otto-Normal-Verbraucher kauft kein E-Auto
Die Unsicherheit in der Kundschaft hatte sich schon verbreitet“, kommentierte Andreas Riekes, Geschäftsführer des Fahrzeugzentrums Olpe (ehemals Autohaus Löhr) im Gewerbegebiet Biebickerhagen in Saßmicke, auf Anfrage unserer Redaktion zum Thema E-Auto-Prämie. Die plötzliche Streichung der Prämie sei für den Absatz ein schwerer Schlag. Sollte die Regierung noch ein Interesse haben, dass E-Autos auf die Straße kämen, müsse irgendein Anreiz her: „Der Otto-Normal-Verbraucher kauft niemals ein zum Beispiel 35.000 Euro teures Elektro-Fahrzeug ohne die 4.500 Euro-Prämie, die vom Hersteller ja noch erhöht wurde.“ Ein Renault Zoé, das in seinem Autohaus immer noch das mit Abstand am meisten verkaufte E-Mobil, koste etwa 35.000 Euro, ein vergleichbar ausgestatteter Renault Clio rund 20.000 Euro. Andreas Riekes: „Das rechnet sich nur dann, wenn der Besitzer eines solchen Elektrofahrzeuges den Strom selbst produziert, mit eigener Photovoltaikanlage und leistungsfähigem Stromspeicher.“ Auf eine Frage konnte Riekes noch keine belastbare Antwort geben: Was passiert mit Autokäufern, die bereits einen Kaufvertrag für das neue E-Fahrzeug unterschrieben, aber noch keine Zulassung haben? „Da bin ich zu diesem Zeitpunkt überfragt. Möglicherweise gibt es ja noch eine Übergangsfrist.“
Plötzlich 4.500 Euro mehr für den Käufer
Für Vincenzo Cavallaro vom Attendorner Autohaus Cavallaro ist die Antwort eindeutig: Nur auf Autos, die bis zur Antragsfrist (17. Dezember) offiziell zugelassen waren, kann der Umweltbonus ausgezahlt werden. Das bedeutet: Nach Vertragsabschluss bleibt der Kunde auf den zusätzlichen Kosten (bis zu 4500 Euro) sitzen, insofern keine Zulassung fristgerecht erfolgt ist. Das bestätigt auch die Mitteilung des Bundesamts für Wirtschaft- und Ausfuhrkontrolle, in der es heißt: Für den Umweltbonus gilt: Bereits zugesagte Förderungen sind vom Förderende nicht betroffen und werden ausgezahlt. Vorliegende Anträge, die bis einschließlich 17. Dezember 2023 beim BAFA eingegangen sind, werden in der Reihenfolge ihres Eingangs weiterbearbeitet und – sofern die Fördervoraussetzungen vorliegen – bewilligt. Ohne bis dato vorhandene Zulassung ist der versprochene Umweltbonus nichtig.
Die kurzfristige Entscheidung der Bundesregierung, den für 2024 versprochenen Umweltbonus schon jetzt zu streichen, trifft bei Vincenzo Cavallaro auf völliges Unverständnis: „Das kam für uns sehr überraschend. Jetzt werden sicherlich viele Stornierungen kommen, es ist einfach nur bitter und auch eine Enttäuschung für die Kunden.“ Besonders von der Politik fühlt er sich im Stich gelassen: „Es ist natürlich bitter für uns Autohäuser. So kurzfristig war es nicht die feine englische Art von der Regierung.“ Der Verkauf sei auf die E-Autos und den damit einhergehenden Umweltbonus ausgerichtet gewesen. Nun müsse umgeplant werden.
Die plötzliche Entscheidung könnte auch langfristige Folgen für die Autohäuser im Kreis Olpe haben. Das Attendorner Unternehmen hatte sich auf die staatlichen Förderungen verlassen und sich in Richtung E-Mobilität positioniert. Ein großer Teil der ausgestellten Wagen besteht aus E-Autos. Mit Blick auf den Wegfall der Prämie erwartet Cavallaro jetzt einen deutlichen Einbruch an Verkäufen: „Das steht außer Frage“. Viele Bürger könnten sich die E-Mobilität ohne Förderung kaum leisten, so Vincenzo Cavallaro.
Zumindest kurzfristig kann Peter Schmelter von Opel Schmelter (Stellantis) erst einmal aufatmen: „Der Konzern Stellantis hat sofort reagiert und eine schnelle Entscheidung getroffen. Die volle Prämie wird bis Ende des Jahres zu 80 Prozent vom Konzern übernommen, zu 20 Prozent von uns Händlern. Das gilt für alle bereits bestellten Autos, auch, wenn sie erst 2024 zugelassen werden. Das, so finde ich, ist eine großzügige Regelung.“ Das politische Signal der plötzlichen Bonus-Streichung durch die Ampel kommentiert Schmelter als „katastrophal“: „Ein Schlag für jede Planbarkeit.“