Attendorn. Die Sieger von 2021 räumten erneut den Siegerpokal bei der Oldtimer-Rallye „Sauerland-Klassik“ ab.

Mit einem überaus zufriedenen Fazit von Organisator Peter Göbel ist die diesjährige Oldtimer-Rallye „Sauerland-Klassik“ zu Ende gegangen. Bei der großen Abschlussgala in der Attendorner Stadthalle wurden am Samstagabend erneut Stefan und Sabine Kunze als Sieger ausgezeichnet, die auch 2021 schon in ihrem BMW 1802 aus dem Jahr 1975 die wenigsten Strafpunkte bei den zahlreichen Wertungsprüfungen gesammelt hatten. Direkt dahinter landeten Christian und Gabriele Köppen (VW Golf GTI, 1983), die sich durch einen kleinen Fehler kurz vor dem Ziel selbst um den möglichen Sieg gebracht hatten. Das bislang beste Resultat ihrer noch sehr jungen Klassik-Karriere lieferten Sophia Faber/Therese Bleckmann (Lancia Stratos Kitcar Stradale von 1991) mit dem dritten Platz ab.

+++ Lesen Sie auch: Alle Infos zur „Sauerland-Klassik“ auf einen Blick +++

Richy Müller (links) und Urban Priol fachsimpeln vor dem Start.
Richy Müller (links) und Urban Priol fachsimpeln vor dem Start. © Jörg Winkel

Zu einem unvergesslichen Erlebnis wurde die Rallye für die Besetzung der Attendorner Polizeiwache: „Tatort“-Darsteller Richy Müller, der in der Stuttgarter Ausgabe der Krimireihe den Kommissar Thorsten Lannert gibt, kam mit seinem braunen Porsche 911 Targa, einem Doppelgänger seines Filmautos, zum Besuch vorbei. Mit dem Leiter der Polizeistation, Erster Polizeihauptkommissar Elmar Beckmann, und seinen Kollegen gab es einen kurzweiligen fachlichen Austausch. „Es ist natürlich besonders spannend für uns, wenn wir mit Richy Müller quasi einen ‚Kollegen‘ aus dem Tatort hier persönlich begrüßen dürfen“, freute sich Beckmann. Müller sagte: „Es ist für mich immer wieder schön, einen Blick hinter die Kulissen der echten Polizeiarbeit werfen zu dürfen. Hier werden meine Fragen von den echten ‚Kollegen‘ wie hier von Herrn Beckmann und seinem Team kompetent beantwortet.“

Am Freitag war Richy Müller (Stuttgarter „Tatort“) beim Start auf dem Alten Markt in Attendorn auf Kabarettist Urban Priol („Neues aus der Anstalt“) getroffen. Außer gigantischen Einschaltquoten bei ihren Sendungen eint sie eines: die Wertschätzung des Automobils. Wie 110 weitere Fahrerinnen und Fahrer, die mit ihren Beifahrern gekommen sind, um den zweiten Tag der Oldtimer-Rallye „Sauerland-Klassik“ zu absolvieren. Bei Priol hat das Hobby beträchtliche Ausmaße angenommen; er sammelt Autos – freilich nicht edle Karossen von Porsche oder Ferrari, sein Herz gehört selten gewordenen Alltagshelden oder fehlgeschlagenen Versuchen der Automobilindustrie.

Matthias Kahle, achtfacher deutscher Rallye-Meister, fährt die Gäste der „Sauerland-Klassik“ in einem Skoda 120 LR mit Renn-Geschichte.
Matthias Kahle, achtfacher deutscher Rallye-Meister, fährt die Gäste der „Sauerland-Klassik“ in einem Skoda 120 LR mit Renn-Geschichte. © Jörg Winkel

Diesmal ist er in einem Renault 5 gekommen – üblicherweise fahren Teilnehmer von Oldtimer-Rallyes gern die Rennsport-Varianten R 5 Turbo oder Alpine Turbo. Priol hat einen R 5 TS dabei, die „Brot-und-Butter“-Ausführung, 1976 vom Band gelaufen und damit lebendige Automobilgeschichte, weil weitgehend ausgestorben und zudem seltener als jeder Porsche. Richy Müller ist in einem ebensolchen Porsche da – was ihn mit gefühlt mindestens der Hälfte der Rallye-Teilnehmer eint. Die Stuttgarter Marke bestimmt das Feld klar, vom raren 356 A, dessen typisches Knattern von der nahen Verwandtschaft zum VW Käfer zeugt, über die späteren, auch heute noch teuflisch schnellen und wendigen „Super 90“ und Co. bis zum fast unüberschaubaren Feld der 911er in ihrer unfassbaren Vielfalt. Dazu zwei VW-Porsche, zahlreiche Mercedes-Benz, aber auch einige wirklich seltene Modelle wie der 1936er Riley, dessen furchtlose Piloten ohne Verdeck bei jeder Witterung unterwegs sind, oder ein Bentley Le Mans von 1929, für den dasselbe gilt.

Start einer Wertungsprüfung auf dem Flugplatz Schüren.
Start einer Wertungsprüfung auf dem Flugplatz Schüren. © Jörg Winkel

Zahlreiche Autos aus dem Kreis Olpe sind mit am Start, etwa der flunderflache Renault Alpine A110 von Johannes und Manfred Fleper oder der elegante Jaguar MK 2 von Gunnar Steinbach und Melanie Wensing. Sie alle stehen in Reih’ und Glied und warten auf 8.30 Uhr. Dann wird die Startflagge gesenkt, und Startnummer 1 geht auf die Reise. Die Nummer 35 wird vom achtfachen deutschen Rallyemeister Matthias Kahle gelenkt und ist der Wagen, in dem Gäste mitfahren können. Am ersten Rallyetag saß hier Kreisdirektor Philipp Schar­fenbaum mit dem Fahrtenbuch, am zweiten Tag darf der Verfasser dieser Zeilen den Copiloten geben, am letzten Tag wird der Neuenkleusheimer Oldtimer-Fachmann Dieter Lammersdorf den engen Sportsitz entern. Direkt dahinter am Start: Christian Hunold und Kirsten Rumpff-Hunold, nicht nur Autohausbetreiber aus Olpe, sondern auch amtierendes Schützenkönigspaar der Kreisstadt.

Mittagspause bei Deimann in Winkhausen: Vorn in der Parkschlange der Skoda 120 LR, den Matthias Kahle mit sicherer Hand führt.
Mittagspause bei Deimann in Winkhausen: Vorn in der Parkschlange der Skoda 120 LR, den Matthias Kahle mit sicherer Hand führt. © Jörg Winkel

Zwei Etappen stehen am zweiten Rallye-Tag auf dem Programm: „Winterberger Hochfläche“ und „Fredeburger Land“. Vom Alten Markt in Attendorn geht es über Finnentrop und Fretter zum Skiparkplatz Ostenberg, wo die erste Wertungsprüfung ist. Hier gilt es, auf abgesperrtem Areal bestimmte Aufgaben zu bewältigen: Beispielsweise hat Rallye-Organisator Peter Göbel auf einer Strecke von 80 Metern drei Lichtschranken aufgebaut: Die Strecke von der ersten zur zweiten ist in 15 Sekunden zu bewältigen, die komplette Strecke in 25. Da ist ein sensibler Gas- wie Bremsfuß gefragt, der Beifahrer hat exakt zu stoppen und deutlich anzuzählen. Zeitabweichungen setzen Strafpunkte – und die sorgen am Ende für die Ergebnisliste und die Siegerkür. Denn die Rallye verläuft bis auf die Wertungsprüfungen komplett im öffentlichen Straßenraum, wo Tempolimits und alle anderen Verkehrsregeln einzuhalten sind. Wer also wann ankommt, ist für das Ergebnis ohne Bedeutung. Und deshalb erblickt man auch immer wieder Rallye-Teilnehmer, die spontan eine Pause eingelegt haben, beispielsweise, um einen der von Göbel eigens markierten besonderen Aussichtspunkte zu genießen, die eine Ahnung davon geben, warum das Sauerland auch „Land der 1000 Berge“ heißt.

Warteschlange vor der Mühlenkopfschanze, wo eine Durchfahrtkontrolle und eine geheime Sonderprüfung anstehen.
Warteschlange vor der Mühlenkopfschanze, wo eine Durchfahrtkontrolle und eine geheime Sonderprüfung anstehen. © Jörg Winkel

Es geht durchs Hochsauerland durch Ramsbeck und Wasserfall, Prüfungen in Fort Fun und an der Mühlenkopfschanze in Willingen. Mittagspause wird am Hotel Deimann in Winkhausen eingelegt, wo Sauerländer Gastlichkeit angesagt sind. Die Rallye-Teilnehmer sind begeistert von den Speisen, die das Deimann-Team zubereitet hat. Nach einem stärkenden Kaffee geht es weiter in Richtung Winterberg und Kahlen Asten, über Bracht zurück in den Kreis Olpe, über Altenhundem, Bilstein, Grevenbrück und St. Claas zurück nach Attendorn. An der gesamten Strecke tummeln sich die Zuschauer. In kleinen Dörfern hat sich gefühlt die komplette Bevölkerung eingefunden – oft mit Grill und Kaltgetränken versehen – um den historischen Autos und ihren Fahrern zuzuwinken. Ganze Kindergartengruppen oder Schulklassen stehen an der Strecke, um die raren Fahrzeuge zu erleben. An den Stempel-Stationen und bei den Wertungsprüfungen stehen Hunderte. Die „Promis“ unter den Fahrern werden erst nach Autogramm und „Selfie“ weitergelassen. Und noch eins fällt auf: Wer an der Strecke wohnt und ein historisches Fahrzeug besitzt, der hat es nahe der Strecke postiert, sodass die gesamte Rallye-Route zu einem großen Freilichtmuseum wird.

Alter Markt voller Besucher

Rückankunft in Attendorn: Der Alte Markt ist voller Zuschauer, die die Gelegenheit nutzen, die gesammelten Autos aus der Nähe zu bestaunen. Eins wird deutlich: Die „Sauerland-Klassik“ macht Spaß – den Teilnehmern, die eine Art Schnitzeljagd für Autofans erleben, verbunden mit einer Ausfahrt über die schönsten Strecken der Region, und den Zuschauern, die Kraftfahrzeug-Historie zum Anfassen bekommen. Überall heißt es: „Bis in zwei Jahren“. Ja, gern.