Kreis Olpe. Abgeordnete dürfen neben ihren Diäten Geld verdienen – müssen das aber öffentlich machen. Wir haben einen Blick in die Veröffentlichungen geworfen.

Sechs Abgeordnete aus dem Wahlkreis Olpe (Landtag) bzw. Olpe/Märkischer Kreis I (Bundestag) vertreten derzeit die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in den Parlamenten. Kürzlich machte eine überregionale Zeitung darauf aufmerksam, dass eine davon, Nezahat Baradari aus Attendorn, auf einer Liste des Internetportals „Abgeordnetenwatch“ den neunten Platz aller Abgeordneten belege, was die Nebeneinkünfte angeht. Unter den SPD-Abgeordneten führt sie sogar. „Weil Transparenz Vertrauen schafft“ lautet das Motto des Portals, das sich zum Gegenstand gemacht hat, die deutschen Abgeordneten zu durchleuchten. Träger ist der Verein „Parlamentwatch“, der sich überwiegend durch Spenden finanziert und für Transparenz in der Politik sorgen möchte. Er ermöglicht zudem, den Abgeordneten öffentlich lesbare Fragen zu schicken, die diese dann ebenso öffentlich beantworten können.

Pflicht zur Auskunft

Doch benötigt man für die Frage nach den Nebentätigkeiten nicht das Portal, denn die Bundestagsabgeordneten sind verpflichtet, Auskunft über ihre Nebentätigkeiten zu geben und ab einer Mindestsumme auch die Einkünfte daraus zu benennen. Bei Nezahat Baradari sind das laut Bundestags-Homepage für das Jahr 2023 beispielsweise von der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe rund 180.000 Euro, rund 32.500 Euro von der Privatärztlichen Verrechnungsstelle Westfalen-Süd sowie monatlich 520 Euro für die Beratung einer Werdohler Arztpraxis.

„Mein Abgeordnetenamt ist ja eine Verpflichtung auf Zeit“, so Nezahat Baradari, daher habe sie stets betont, dass sie ihre Kinderarztpraxis in Attendorn weiterbetreiben möchte, um nach der Politik dort wieder voll einsteigen zu können. Das aufgeführte Geld sei nicht ihr Verdienst: „Es ist praktisch der Umsatz, ich muss davon meine Angestellten bezahlen.“

Sie sei von vielen Wählerinnen und Wählern angesprochen worden, weil die Angabe etwas irritierend sei. Sie finde es gut, dass durch diese Angaben so viel Transparenz ermöglicht werde. Dass sie Transparenz unterstützt, zeigt die Tatsache, dass sie 36 von 36 Fragen, die ihr auf der Seite „Abgeordnetenwatch“ gestellt worden sind, beantwortet hat. Gleich die oberste befasst sich mit dem Thema Nebeneinkünfte: „Wie ist es möglich, neben einem Bundestagsmandat in einem so hohen Ausmaß Nebentätigkeiten nachzugehen?“, fragt ein Wähler. Ihre Antwort: „Ich habe seit Antritt meines Mandats einen leitenden Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin in meiner Praxis eingestellt, der sich zusammen mit einem anderen Arzt und weiteren vier Personen um den Praxisbetrieb kümmert. Hieraus resultieren die Umsätze.“

Johannes Vogel ist Kreisvorsitzender der FDP Olpe und über die Reserveliste in den Bundestag gekommen. Er hat 40 von 47 Fragen beantwortet, was 85 Prozent entspricht. Unter dem Punkt „Nebentätigkeit“ öffnen sich drei Einträge: zum einen ist Vogel ehrenamtlicher Vorsitzender des Kuratoriums des Johanniter-Hauses Köln-Finkenberg, zum anderen hat er zwei bezahlte Vorträge gehalten: einen 2019 vor der „European Union Study Group“ der Harvard Universität (Center for European Studies), honoriert in der Einkommensstufe 1 (1000 bis 3500 Euro), einen 2018 in derselben Einkommensstufe beim „Modis Launch Event“ der Berliner „Prologo GmbH“.

Florian Müller aus Drolshagen, Christdemokrat mit direktem Mandat, hat alle elf ihm gestellten Fragen beantwortet. Das Feld der Nebeneinkünfte ist leer: „Ich übe keinerlei Nebentätigkeit aus und habe neben meinem Mandat keine weiteren Einkünfte“, erklärt er. Darüber hinaus informiere er umfangreich und regelmäßig über eine Social-Media-Kanäle und seine Homepage über seine Arbeit sowie seine Treffen mit Verbänden und Organisationen.

Auch die Landtagsabgeordneten sind bezüglich ihrer Nebeneinkünfte „gläsern“. Durch eine einfache Suchmaske lassen sich die drei heimischen Abgeordneten auf der Homepage des Landtags heraussuchen. Doch auch „Abgeordnetenwatch“ hat sie unter die Lupe genommen. Dr. Gregor Kaiser von den Grünen macht den Anfang: Der User erfährt, dass Kaiser seit der jüngsten Landtagswahl drei von drei Wählerfragen auf dem Portal beantwortet hat. Christin-Marie Stamm von der SPD hat eine von zwei Fragen von Nutzern beantwortet. Und Jochen Ritter von der CDU, der das Direktmandat im Kreis Olpe errungen hat, hat beide ihm 2023 gestellten Fragen noch nicht beantwortet.

Umfassende Listen

Zu den Nebentätigkeiten kümmert sich „Abgeordnetenwatch“ auf Landtagsebene nicht; hier sieht das Parlament selbst umfassende Auskünfte zu, wenn sie mehr als 5 Prozent der Abgeordnetengehälter ausmachen. Hier führt der Landtag bei Kaiser eine lange Liste auf, die von ihm selbst auf seiner Homepage detailliert ergänzt wird: Demzufolge macht Kaiser außer seinem Abgeordnetengehalt jährlich zwischen 20- und 60.000 Euro Gewinn durch seinen Forst- und Weihnachtsbaumbetrieb, je nach Jahr rund 3600 Euro pro Jahr als Ratsmitglied in Lennestadt und knapp 6400 Euro pro Jahr durch eine Photovoltaik-Anlage. Weiterhin trägt er vielfältig ehrenamtlich Verantwortung. Wie bei Nezahat Baradari, muss er von den Einkünften Mitarbeiter bezahlen, die den Betrieb am Laufen halten. Die drei Fragen, die ihm auf der Plattform gestellt wurden, hat Kaiser alle beantwortet.

Jochen Ritter von der CDU führt ebenfalls kommunalpolitische Ämter auf, etwa als Aufsichtsratsvorsitzender der Interkommunaler Gewerbepark Hüppcherhammer GmbH oder des Verbandsrats des Ruhrverbands, allerdings ist er auch Geschäftsführer der Firma „Ecoimmo“ mit Sitz in Olpe, die sich mit der Gebäudeverwaltung befasst. Hier wird keine Summe angegeben, weil laut Landtags-Statut die Einnahmen aus Personengesellschaften nicht beziffert werden müssen. In der laufenden Legislaturperiode wurden ihm auf „Abgeordnetenwatch“ zwei Fragen gestellt, beide wurden bislang nicht beantwortet.

Bei Christin-Marie Stamm von der SPD ist zu erfahren, dass sie außer ihren kommunalpolitischen Ämtern durch Mitgliedschaft in Stadtrat und Kreistag auch „selbstständige Mitarbeiterin in der Verlags- und Pressearbeit“ im Verlag ihrer Mutter ist, wobei es keine Auskünfte zur Höhe der Einkünfte gibt. Ehrenamtlich ist sie Vorsitzende der „Akademie für Verkehrssicherheit“ und Beiratsmitglied im Verein „Frauen helfen Frauen“. Ihr wurden zwei Fragen gestellt, eine davon ist beantwortet.