Olpe. Der Olper Schützenmajor Peter Liese gibt sein Amt nach elf Jahren ab. Ob er es für möglich hält, dass mal eine Frau auf den Vogel schießt?

Mit dem Wechsel an der Spitze des OlperSchützenvereins geht eine Ära zu Ende: Schützenmajor Peter Liese (57) reicht das höchste Amt im Verein weiter. 28 Jahre war der Olper Mitglied im Schützenvorstand, elf Jahre Major. Uns stand er im Interview zu zahlreichen Themen des Olper Schützenwesens Rede und Antwort.

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Frage: Herr Liese, wie lang sind sie jetzt Olper Schützenmajor?

Peter Liese: Genau elf Jahre. Im November 2012 bin gewählt worden, und im November 2023 gebe ich es auch wieder ab. Genau am 25. November, an meinem 58. Geburtstag. Am 25. November 1995 bin ich auch mit weiteren fünf Kameraden in den Vorstand gekommen, genau, als ich 30 Jahre alt wurde. Und jetzt ist die Buß- und Bettagssitzung zufällig wieder an meinem Geburtstag, wenn ich den Vorstand dann nach 28 Jahren verlasse.

Gibt es bei den Sebastianus-Schützen eine Altersgrenze für den Vorstand und den König?

Nein, für den Vorstand gibt es keine Altersgrenze, oft sind die Jüngsten, die nachrücken, um die 27 Jahre alt. Nach oben gibt es keine offizielle Grenze, aber es gibt eine Art ungeschriebenes Gesetz, dass man ab 60 dem Nachwuchs eine Chance geben sollte. Das ist aber nirgendwo schriftlich verankert. Als sich das eingespielt hat, vor 50 oder 60 Jahren, waren viele Menschen mit 60 aber auch älter als die heutigen 60-Jährigen, so dass ich es künftig durchaus für möglich halte, dass auch ein über 60-Jähriger noch die Uniform bei uns tragen wird.

Warum jetzt ihr Ausstieg?

Alle drei Jahre geben einige Vorstandsmitglieder ihre Ämter auf, und dazwischen beendet traditionell der Major seine Amtszeit, wenn er es will. Die letzte ordentliche Wahl war 2022, und die nächste findet in 2025 statt. Ich höre jetzt 2023 auf, also nicht parallel zum Ende der Amtszeit von weiteren Offizieren. Damit möchte man verhindern, dass es in einem außerordentlichen Wahljahr mehrere Verabschiedungen gibt, und die Majorsverabschiedung die anderen etwas in den Hintergrund drängen könnte, oder umgekehrt.

Was ist aus Ihrer Sicht der gravierendste Grund dafür, dass der Schützenverein Olpe seit Jahrzehnten eine Erfolgsgeschichte schreibt. Viele andere traditionellen Institutionen verlieren Mitglieder, St. Sebastianus Olpe wächst. Wie kriegen Sie das hin?

Wir halten an unseren Traditionen fest. Während sich vieles in unserer Gesellschaft rasend schnell ändert, ist das für manche wenigstens ein Fels in der Brandung, der steht. Mir fällt das unter anderem dann auf, wenn ich in das sogenannte Hauptbuch schaue, eine Art Tagebuch des Majors, in das er alle wichtigen Geschehnisse einträgt und das von Major zu Major weitergereicht wird. Und wenn ich dort von Zeit zu Zeit reinschaue und zum Teil über 100 Jahre zurückblicke, sehe ich, wie wenig sich bei uns eigentlich verändert hat. Unsere Vorfahren hatten häufig die gleichen Themen und Probleme, wie wir sie heute haben.

Was zum Beispiel?

Da ging es mal um den Glasbruch beim Fest, über die Festmusik ist diskutiert worden, über Speisen und Getränke und so weiter. Strukturell ging es auch um den Festablauf. Der aber ganz bewusst bei Freitag bis Montag bleibt.

Was hat sich in Ihrer Amtszeit sichtbar positiv entwickelt?

Unser Verein ist, was die Mitgliederzahl angeht, kontinuierlich gewachsen.

Wie viele Mitglieder hatte der Verein in ihrem Antrittsjahr als Major, wie viele jetzt?

Jetzt sind es 5550, wie viele es damals waren, daran kann ich mich gerade nicht erinnern. Aber in jedem Fall weniger als 5.000.

Zuwächse selbst während Corona?

Ja, aber deutlich weniger als sonst. Insgesamt müssen wir die Altersstruktur im Blick haben. Rund 1500 Mitglieder sind keine zahlenden, weil sie älter als 65 sind und somit Ehrenmitglied.

Dann könnte ich ja nächstes Jahr eintreten und käme billig davon?

Nein, so geht das nicht. Ehrenmitglied sind nur die, die mindestens 10 Jahre Mitglied sind. Sie müssten also den normalen Beitrag zahlen. Bis sie dann 75 sind.

Wird in zehn Jahren auch mal eine Frau auf den Olper Königsvogel anlegen?

Da wage ich keine Prognose. Dafür müsste zunächst unsere Satzung geändert werden. Ich halte es aber nicht für ganz unwahrscheinlich, dass es irgendwann mal der Fall sein könnte. In zehn Jahren vielleicht noch nicht, aber vielleicht irgendwann mal.

Ist das ein bürokratisch schwieriger Vorgang?

Es müssen drei Viertel der Vereinsmitglieder bei der Hauptversammlung anwesend sein, was natürlich utopisch ist bei 5550 Mitgliedern. Bei unseren Mitgliederversammlungen sind schon mal 130 bis 160 Mitglieder, mehr aber nicht. Bei einer zweiten Mitgliederversammlung zum Thema bräuchte man diese drei Viertel nicht mehr.

Gibt es Ideen, absehbar irgendetwas am Schützenfest zu ändern?

Nein. Es funktioniert so, wie es ist, am allerbesten. Bei den Schützenfesten unserer Nachbarn ist es sicher etwas leichter, mal hier und da etwas anzupassen, beispielsweise mal an einem anderen Tag auf den Vogel zu schießen. Bei uns wäre das gesamtorganisatorisch deutlich schwieriger. Aber noch mal, es gibt auch keinen Grund dafür.

Die Stadt Olpe reißt bekanntlich ihr Rathaus ab und baut ein neues an anderer Stelle. Wenn ein finanzstarker Investor für den Ümmerich mal 15 oder 20 Millionen bieten würde, um Wohnungen hier zu bauen, was wäre der Ümmerich wert, und wäre er verkäuflich?

Keine Ahnung, was unser Festgelände auf dem freien Markt wert ist. Wir haben ja über 20.000 Quadratmeter, wo Gebäude draufstehen und ein Haufen Bäume. Das müsste ja auch der Verein entscheiden, und ich kann mir nicht vorstellen, dass das jemals passieren würde.

Welche Kosten an Unterhalt verursacht ein solch großes Festgelände eigentlich?

Natürlich ist immer etwas zu tun. Bäume, die krank werden, müssen geschnitten werden, das sind ja zum Teil riesige alte Linden, und das kann man nicht für ein paar Euro in Auftrag geben. Es ist sehr unterschiedlich. Vieles betrifft Unterhaltungsmaßnahmen, aber es kann ja auch sein, dass wir mal eine Toilettenanlage erneuern müssen oder einfach Gebäudeteile ins Alter gekommen sind, die saniert werden müssen.

Können Sie sich einen mohammedanischen Schützenkönig in Olpe vorstellen, oder muss jedes Vereinsmitglied christlicher Konfession sein?

Das war tatsächlich mal eine schwer zu beantwortende Frage für uns. Denn in einem Ort, nicht im Kreis Olpe, vor etwa sieben bis acht Jahren, hatte ein Moslem den Vogel geschossen. Ihm wurde die Königswürde aber aberkannt, weil er nicht rechtmäßiges Mitglied im dortigen Schützenverein war. Daraufhin läuteten bei mir alle Alarmglocken, weil ich nicht wusste, was unsere Satzung in einem solchen Fall hergibt. Wir überprüfen ja nicht beim Vereinseintritt, welche Konfession jemand angehört. Eigentlich müsste ein neues Mitglied alles gelesen haben, welche Voraussetzungen er erfüllen muss, um Mitglied zu werden. Wenn er trotzdem alles unterschreibt, was dann? Aber ich habe seinerzeit einen meiner Vorstandskameraden gebeten, der beruflich viel mit Vereinswesen zu tun hat, unsere Satzung daraufhin zu analysieren. Und er ist zum Schluss gekommen, dass es lediglich um den abendländischen Grundgedanken geht. Theoretisch kann ein Moslem also bei uns Mitglied und König werden, wenn er die Voraussetzungen erfüllt, also mindestens 24 Jahre alt ist und fünf Jahre im Verein.

Weshalb war es Ihnen wichtig, das abklopfen zu lassen?

Weil ich vorbereitet sein wollte, wenn nach dem eben erwähnten Vorfall jemand unserer Mitglieder in der Jahreshauptversammlung genau diese Frage gestellt hätte. Was aber nicht passiert ist.

Wäre ein homosexueller König ein Problem?

Nein. In der Satzung ist zwar von einem König und einer Königin die Rede, aber ich denke, dass auch der Partner eines Schützenkönigs als Mitregent gestattet wäre. Vor 20 Jahren wäre so etwas noch undenkbar gewesen. In einigen Dörfern hat es eine solche Konstellation aber mittlerweile schon gegeben. Für mich wäre das kein Problem. Es gab mal vor etwa 20 Jahren einen Homosexuellen, der ankündigte, in Olpe auf den Vogel schießen zu wollen, mit dem Zusatz, er wolle seine Schwester zur Königin machen. Geschossen hat er dann aber doch nicht.

Was kostet es, in Olpe Schützenkönig zu sein?

Das ist bei jedem unterschiedlich, unter anderem wegen der selbst gewählten Größe des Hofstaates, also des Königstisches. Wir haben auf unserer Homepage dazu ein Frage- und Antwortspiel, daraus kann es sich jeder ableiten. Eine konkrete Zahl kann ich gar nicht nennen.

Welche Indizien gibt es?

Der Königstisch hat maximal 182 Plätze, die braucht der König aber nicht komplett zu besetzen, er kann auch nur 80 Leute einladen. Die lädt er dann natürlich ein, was einen Großteil der Kosten ausmacht. Es kommt auch vor, dass Freunde vom Königstisch dem Königspaar einen Umschlag als Geschenk machen, das ist aber nichts Offizielles. Theoretisch kann der König einen Königstisch mit 182 Gästen bestücken. Das gilt dann für den Festmontag, für den Schützenball gilt das noch einmal, allerdings mit maximal 64 Gästen des Hofstaates, weil mehr an den Königstisch in die Stadthalle nicht herein passen, und ein Jahr später, am Schützenfestsonntag sind es wieder die 182.

Und da wird auch niemand schief angeschaut, wenn er weniger als die 182 einlädt?

Nein, auf keinen Fall.

Aber es kommt schon eine ordentliche Summe zusammen. Versperrt das nicht einem Otto-Normalverdiener, einem durchschnittlich verdienenden Arbeitnehmer den Weg zur Königskette?

Ich denke, nein. Viele Schützenbrüder sparen viele Jahre für diesen, ihren Tag. Es kommt darauf an, ob es einem das wert ist. Wir haben ja schon viele Könige gehabt, die von Kindes Beinen dafür gespart haben. Obwohl sie weder ein Unternehmen oder einen Goldesel zu Hause hatten.

Was ist dran am Gerücht, dass es zwischen gewissen Korporalschaften auch schon mal funkt, es also Rivalitäten gibt? Zum Beispiel zwischen der 3. und der 7., habe ich mir von altgedienten Schützen stecken lassen?

Ach, das ist halb so schlimm, vielleicht so wie zwischen Köln und Düsseldorf. Da wird gestichelt und gefrotzelt, was in Olpe ja ,muloppen’ heißt. Aber da gibt es keine Schlägereien.

Warum gibt’s auf dem Schützenfest eigentlich immer nur Krombacher?

Es gibt sicher andere Brauereien, die das gerne übernehmen würden. Aber wir haben keinen Grund zu wechseln, weil die Konditionen vollkommen in Ordnung sind. Und wenn wir Hilfe brauchen, steht die Krombacher an unserer Seite. Die Zusammenarbeit kann besser nicht sein. Ganz abgesehen davon, dass - soweit ich weiß - dem größten Teil der Olper Krombacher am besten schmeckt.

War das nie anders?

Vor über 30 Jahren waren die Freibierstände auf den Terrassen am Schützenfestmontag mit Irle-Bier bestückt. Das ist aber dann geändert worden, was auch keinen Protest hervorgerufen hat.

Keine Angst vor der Langeweile, wenn Sie nicht mehr Major sind?

Nein, zum einen bin ich ja noch Handwerksmeister mit eigenem Betrieb, und ich werde als Altmajor auch noch an der einen oder anderen Veranstaltung teilnehmen.

Dürften Sie eigentlich noch einmal auf den Königsvogel anlegen und König werden?

Laut Satzung ja, aber das mache ich ganz bestimmt nicht. In Olpe gibt es das ungeschriebene Gesetz, im Leben nur einmal Schützenkönig zu sein. Zweimal König - das hat es in der Vereinsgeschichte, soweit wir zurückblicken können, auch noch nicht gegeben Theoretisch darf man nach 15 Jahren wieder König sein. Das wäre bei mir nach 2007 also wieder ab 2022 möglich gewesen.

Wenn Sie bei der Guten Fee einen Wunsch frei hätten für den St. Sebastianus-Schützenverein, welcher Wunsch wäre das?

Dass es die nächsten Jahrhunderte genauso erfolgreich mit uns Schützen weitergeht wie jetzt und vor allem, dass bei allen Schützenfesten alles friedlich vonstatten geht. Das ist mir ganz besonders wichtig.

Steckbrief

  • Peter Liese (57) ist selbstständiger Maler- und Lackierermeister, stammt aus der Olper Felmicke und hat einen Betrieb mit 10 Mitarbeitern.
  • Der scheidende Schützenmajor ist verheiratet und Vater zweier erwachsener Kinder. Sein größtes Hobby ist - natürlich - der Schützenverein, gelegentlich setzt er sich aufs Motorrad.