Listerscheid. Jungschützen des Listerscheider Schützenvereins haben eine komplette Autoscooter-Anlage gekauft – und zwar für das Schützenfest im Ihnetal.

Was für eine verrückte Aktion! „Das hat es im Kreis Olpe noch nicht gegeben“, ist Alexander Böhne überzeugt und schmunzelt. Der Vorsitzende des Listerscheider Schützenvereins ist mächtig stolz auf das, was zwei Jungschützen aus dem Ihnetal in Eigenregie auf die Beine gestellt haben. Der 22-jährige Joschka Klein und Nico Böhne (17), Sohn des 1. Vorsitzenden, haben bei zwei Schaustellern in Hannover eine komplette Autoscooter-Anlage mit 18 Elektroautos, Dach und Kassenhäuschen gekauft.

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Einen Großteil des Fahrgeschäfts hat das Duo mit zwei Traktoren in der niedersächsischen Landeshauptstadt abgeholt und ist mit zwei großen Anhängern wieder nach Hause gefahren. Bei einer Reisegeschwindigkeit von 25 km/h und 320 Kilometern Strecke waren die beiden Jungschützen 19 Stunden unterwegs. Am Dienstagmorgen sind Joschka Klein und Nico Böhne losgefahren, gegen 1 Uhr morgens waren sie am Mittwoch wohlbehalten zurück und stellten die Traktoren und Anhänger vor dem frisch renovierten Vereinshaus Weschede ab, wo von Samstag bis Montag 155 Jahre Listerscheider Schützenverein gefeiert wird. „Es ist nichts passiert“, ist Böhne senior ein großer Stein vom Herz gefallen, denn ganz ungefährlich war die Aktion ja nicht. Das kurze Video von der Ankunft der beiden frischgebackenen Jungunternehmer ist passenderweise mit dem Listerscheider Schützenmarsch unterlegt.

Nach der langen Fahrt von Hannover stehen die beiden Anhänger mit einem Teil der Autoscooter-Anlage und einer der beiden Traktoren auf dem Platz vor dem Vereinshaus Ihnetal.
Nach der langen Fahrt von Hannover stehen die beiden Anhänger mit einem Teil der Autoscooter-Anlage und einer der beiden Traktoren auf dem Platz vor dem Vereinshaus Ihnetal. © Martin Droste

Ohne die Aktion der beiden Jungschützen wäre das traditionelle Schützenfest im Ihnetal um eine Attraktion ärmer geworden. Böhne und Co. hatten in den letzten Wochen alles versucht, einen Autoscooter aufzutreiben. Der bisherige Schausteller war mit seinem Fahrgeschäft auf ein anderes Fest weitergezogen. Der Vorsitzende der Listerscheider Schützen führte „bestimmt 50 Telefongespräche“, die Suche führte bis nach Brandenburg. Aber ohne Erfolg, einmal wurde sogar eine schrottreife Anlage angeboten. „Wir kriegen keinen Autoscooter mehr“, schüttelt Böhne senior den Kopf. Dabei hätte der Schützenverein keine Miete verlangt, ganz im Gegenteil. Nach der Corona-Pandemie sind weniger Fahrgeschäfte übriggeblieben, und die zieht es eher zu den großen Schützen- und Volksfesten.

Ein wichtiger Treffpunkt

Ein Listerscheider Schützenfest ohne Autoscooter? Das ist für Alexander Böhne unvorstellbar. „Das gehört zu unserem Schützenfest, sorgt draußen für Musik und macht den Schützenplatz voll“, betont der Vereinschef. So ein Fahrgeschäft sei vor allem für die jüngeren Ihnetaler ein wichtiger Treffpunkt. Aber woher nehmen und nicht stehlen? „Papa, aufgeben ist keine Aktion“, sagte Nico Böhne vor ein paar Wochen zu seinem Vater und ergriff zusammen mit Joschka Klein die Initiative. Im Internet stießen sie auf die Seite schausteller.de und eine riesige Schaustellerstraße in Hannover mit zahlreichen Fahrgeschäften usw.

Dort schauten sie sich Autoscooter an und kamen mit zwei Besitzern ins Geschäft. Von dem einen kauften sie das Grundgerüst samt Dach und die 18 Elektroautos. Der Kassenwagen kommt nach der Devise „Aus zwei mach eins“ von einem anderen Schausteller. Jetzt hoffen Nico und Joschka, dass beim Aufbau am Donnerstag und Freitag auch alles passt. Wegen der Kürze der Zeit bleiben Deko und Beleuchtung für dieses Schützenfest noch in Hannover. Den Kaufpreis wollen Alexander Böhne und die beiden Jungschützen nicht verraten. Der Verein will Joschka und Nico, die für ihr neues Geschäft eine GbR gründen, unterstützen.

Viele Helfer waren bei der großen Reinigungsaktion Anfang der Woche im frisch sanierten Vereinshaus Ihnetal im Einsatz.
Viele Helfer waren bei der großen Reinigungsaktion Anfang der Woche im frisch sanierten Vereinshaus Ihnetal im Einsatz. © Privat

Am Donnerstag bzw. Freitag kommen die Schausteller aus Hannover mit den restlichen Teilen des Fahrgeschäfts und helfen beim Aufbau. Denn das ist für die beiden Jungschützen und den ganzen Schützenverein Neuland. „Da müssen wir genau aufpassen“, weiß der 17-jährige Nico. „Heute Morgen war ich ziemlich nervös. Aber wenn das Ding steht, legt sich das schon wieder“, ist Joschka Klein überzeugt. Beim Aufstellen des TÜV-geprüften Autoscooters ist „Manpower“, sprich Muskelkraft, erforderlich.

Für einen Platz an der Theke im frisch sanierten Vereinshaus Ihnetal haben Nico Böhne (links) und Joschka Klein beim Listerscheider Schützenfest in den nächsten Tagen wenig Zeit.
Für einen Platz an der Theke im frisch sanierten Vereinshaus Ihnetal haben Nico Böhne (links) und Joschka Klein beim Listerscheider Schützenfest in den nächsten Tagen wenig Zeit. © Martin Droste

Beim Kassieren wollen sich Joschka Klein und Nico Böhne an den Schützenfesttagen abwechseln. Wie beim Aufbau wollen andere Jungschützen helfen. Ob die neuen jungen Schausteller den Autoscooter auch bei anderen Schützenfesten aufbauen? Ausschließen will das Alexander Böhne nicht. „Aber ich glaube nicht, dass das zehn Schützenfeste werden“, ist der Vereinsvorsitzende überzeugt.

„Man darf im Leben keine Angst haben“, kommentiert Alexander Böhne die außergewöhnliche Aktion der beiden Jungschützen und bringt das Engagement, das dem Listerscheider Schützenfest doch noch den begehrten Autoscooter verschafft hat, sauerländisch-knackig auf die Formel: „Man muss einen A… in der Hose haben.“ Für den künftigen Lagerplatz der neuen Attraktion im Ihnetal ist auch schon gesorgt. „Wir hatten letztes Jahr schon Probleme, einen Autoscooter zu bekommen“, berichtet Joschka Klein. Schon damals wurde in geselliger Runde überlegt, „was so etwas kostet“. Aus einer Schnapsidee ist jetzt Wirklichkeit geworden.

Großeinsatz im Vereinshaus

Stolz ist Alexander Böhne nicht nur auf seine beiden Jungschützen. Monatelang haben zahlreiche Helfer dafür gesorgt, dass das mit viel Eigenleistungen sanierte Vereinshaus Ihnetal (wir berichteten ausführlich) pünktlich zum Schützenfest bezugsfertig geworden ist. Beim großen Reinemachen und Einräumen der Stühle Anfang der Woche waren fast 40 Helfer im Einsatz.