Siegen/Olpe. Über 30 Delikte stehen auf der Anklageliste, der 52-jährige Angeklagte aus Olpe widerspricht vielen Vorwürfen. Acht Prozesstage sind anberaumt.

Nachdem Staatsanwalt Jan Lipka am Dienstag Morgen im Siegener Landgericht über fast 30 Minuten hinweg seine Anklage verlesen hatte, war klar: Das Gericht um die Vorsitzende Elfriede Dreisbach erwartet in den nächsten Wochen juristische Schwerstarbeit. Vor ihr liegen noch sieben Verhandlungstage, 14 Anklagen sind abzuarbeiten, allein die erste verbirgt 24 Delikte, es müssen weit mehr als 30 Zeugen gehört werden sowie ein psychiatrisches Gutachten, dass zu klären haben dürfte, inwieweit der Angeklagte schuldfähig war und ist.

Endlosschleife

Dabei geht es bis zum Dienstag, 15. August, an dem planmäßig das Urteil gefällt werden soll, nicht einmal um das eine schwerwiegende Verbrechen, sondern um eine Endlosschleife von meist gleich gelagerten, sich immer wiederholenden Gesetzesübertretungen: Massive Beleidigungen, Bedrohungen, Körperverletzungen, im Einzelfall mit Messer und Holzlatte, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Nötigung, Diebstahl und Sachbeschädigung.

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Die Tatorte waren mitunter auch Räumlichkeiten, für die dem Angeklagten bereits ein Hausverbote ausgesprochen worden waren die er missachtete. So zumindest die Anklage. Demnach habe es in einem Fall die Sekretärin des Olper Bürgermeisters getroffen, die sich schwere frauenfeindliche Beschimpfungen habe gefallen lassen müssen, im anderen Mitarbeiter des Dornseifer-Marktes, einer Tankstelle oder des Kaufland in Olpe, der Westfalenpost-Redaktion, einer Spielhalle, der Gastwirtschaft Zur Grotte oder Autofahrer, denen der Angeklagte mitten auf der Martinstraße immer wieder vors Auto gesprungen sein soll.

Gleich mehrere, auch schwerwiegender Delikte sollen sich laut Anklage in einem Obdachlosen-Wohnheim der Stadt Olpe abgespielt haben.

Vermindert schuldfähig?

Alles geschehen zwischen 2018 und 2023, also über einen Zeitraum von fast fünf Jahren. Staatsanwalt Lipka stellte allerdings in seinem Anklagevortrag klar, dass die Taten unter dem Vorbehalt einer verminderten Schuldfähigkeit angeklagt würden. Nicht umsonst sitzt im Gerichtssaal Dr. Thomas Schlömer als Gutachter. Er ist Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie.

Mammutprozess im Landgericht Siegen.
Mammutprozess im Landgericht Siegen. © WP Olpe | Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW

Dass vermutlich zu fast allen angeklagten Tatvorwürfen Zeugen gehört werden müssen, ergibt sich aus der Sichtweise des Angeklagten, einem 52-jährigen, der seit über 40 Jahren in Olpe lebt. Denn er beteuerte in seiner umfangreichen Aussage, dass sich die Vorwürfe nicht so abgespielt hätten, wie von Jan Lipka vorgetragen. Die schweren Körperverletzungen verneinte er beispielsweise völlig, bezeichnete die ihn belastenden Aussagen zum Teil als glatte Verleumdung, während den Beleidigungen häufig Provokationen gegen ihn vorausgegangen seien. Dass dann im einen oder anderen Fall auch mal „ein Wort dass andere ergeben“ habe, räumte er ein, auch Beleidigungen. An manche Dinge könne er sich nicht mehr erinnern.

Grundsätzlich, so versicherte er, begegne er allen Mitmenschen mit Höflichkeit und Respekt, Polizeibeamten mit der notwendigen Achtung.

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Folgt man jedoch der Anklage, ließ der Angeklagte diese Achtung vor bzw. in der Olper Polizeiwache oder bei Einsätzen der Beamten vermissen, die er wahlweise als „Nazis“, „Hurensöhne“ oder „Söhne Adolfs“ tituliert habe. So zumindest die Anklage.

Licht ins Dunkel sollen jetzt vor allem die zahlreichen Zeugen bringen. Allein an einem der Prozesstage sind 17 davon geladen.

Mit Blick auf diese Zeugenvernehmungen ermahnte Richterin Dreisbach den Angeklagten zum Schluss des ersten Verhandlungstages: „Wenn die Zeugen hier auftreten, müssen Sie ruhig bleiben und nicht ausfallend werden. Sonst drohen Ihnen schon wieder die nächsten Verfahren.“

Die Prozessbeteiligten

Geleitet wird der Prozess von der Vorsizenden Richterin Elfriede Dreisbach. Staatsanwalt ist Jan Lipka, Strafverteidiger Andreas Trode, Gutachter Dr. Thomas Schlömer, Bewährungshelferin: Anna Klarfeld.