Würdinghausen. Die Handwerkskammer lud Dr. Gregor Kaiser (MdL) zum Gespräch an der Basis ein. Gemeinsam wurden fünf Handwerksbetriebe besucht.

Sie kamen mit deutlicher Verspätung: Die Bauunternehmung Behle in Würdinghausen war am Dienstag letzte Station der „Handwerkstour“, zu der Vertreter der Handwerkskammer den heimischen Landtagsabgeordneten Dr. Gregor Kaiser (Grüne) eingeladen hatten. Und auf den einzelnen Stationen wurde so lange, so intensiv und so tiefschürfend diskutiert, dass sich die Verspätungen aufaddierten.

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Die Handwerkskammer bietet Abgeordneten an, mit Vertretern der Kammer einen kompletten Tag durch deren Wahlkreis zu fahren und ausgesuchte Handwerksbetriebe zu besuchen, um im gemeinsamen Austausch Sorgen und Nöte der Menschen im Handwerk zu erfahren und an Lösungen zu arbeiten. Begonnen hatte die Tour beim Bedachungsgeschäft Andreas Schulte in Germaniahütte, war dann in der Kfz-Werkstatt Halbe in Attendorn, der Bäckerei Sangermann in Oberveischede und bei MIDENA Elektrowerkzeugbau in Altenhundem fortgesetzt worden und schließlich bei Behle zu Ende gegangen. Inhaber Matthias Behle, die Bau- und Ausbildungsleiter Dirk Droste und Marco Koßmehl und kaufmännischer Leiter Andreas Tillmann stellten das rund 70 Mitarbeiter starke, 1931 gegründete Familienunternehmen vor. Schnell stand ein Thema im Mittelpunkt, das laut den Vertretern der Handwerkskammer bei allen vorherigen Zusammenkünften ebenfalls sofort Dreh- und Angelpunkt gewesen sei: der Fachkräftemangel. Der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Südwestfalen, Hendrik Schmitt, und Kammerpräsident Jochen Renfordt wie auch MdL Kaiser staunten nicht schlecht, als sie erfuhren, dass das mittelständische Bauunternehmen inzwischen eine eigene Social-Media-Managerin beschäftigt: Stefanie König befasst sich mit der Präsentation der Firma bei Facebook und Co. Matthias Behle: „Wir wollten uns nicht länger verstecken. Wenn wir Auszubildende haben wollen, dann müssen wir auf uns aufmerksam machen.“ Dass das erfolgreich sein kann, zeige die aktuelle Situation: Von anfänglich keinem Bewerber sei inzwischen die Liste mit drei angehenden Auszubildenden nun wieder voll. Dies liege auch an der Präsenz der Firma auf Ausbildungsmessen, zuletzt bei der in Olpe.

Werkunterricht fehlt

Die Behle-Vertreter ernteten Zustimmung von den Kammervertretern für ihre Initiative. Eifrig machte sich Gregor Kaiser Notizen, als die Handwerks-Vertreter ihm ihre Sicht der Dinge in Sachen Anwerbung von Kräften aus dem Ausland schilderten. Dirk Droste und Matthias Behle erinnerten an Zeiten, als unter der Regierung Schröder bei ihnen eingearbeitete und mit ihren Familien im Sauerland integrierte Kosovaren in ihre Heimat abgeschoben worden seien. „Die wären heute noch gern bereit, wieder herzukommen, aber es ist schwer“, so Behle: Er hoffe sehr auf das neue Berufsanerkennungsgesetz, das das Prozedere hoffentlich erleichtere. Und Droste betonte: „Vom Arbeitsamt haben wir in den vergangenen 40 Jahren genau null Arbeitskräfte vermittelt bekommen. Die Firma Behle hat immer ausgebildet, aber andere Mitbewerber haben das verpennt. Und dann kommt die Industrie und holt uns die Leute weg. Wenn wir nicht schon in die achten Klassen hineingehen, dann bekommen wir keine jungen Leute, die Interesse an einem Handwerksberuf haben.“ Das liege seiner Meinung auch an der erziehenden Generation, die dies nicht fördere. Renfordt bestätigte dies: Auch der Wegfall von Werkunterricht an Schulen sei aus Handwerkssicht höchst bedauerlich. Als er hörte, wie gut die Firma Behle mit umliegenden Schulen kooperiere, betonte er: „Da haben Sie aber Glück. Wir kommen in viele Schulen gar nicht mehr ‘rein.“

Lob vom Präsidenten

Kaiser betonte, sein Ansatz sei der, dass, bevor Arbeitskräfte aus dem Ausland angeworben werden, zunächst die in Arbeit kommen könnten, die ohnehin hier seien: Flüchtlinge, denen das Arbeiten oft noch untersagt werde. Abschließend gab es Lob vom Präsidenten: Die Kammer biete derartige Handwerkstouren schon länger an, doch nur ein kleiner Teil der Abgeordneten gehe darauf ein „und opfern einen kompletten Tag für unsere Anliegen“. Kaiser widersprach: „Das ist für mich kein Opfern, sondern ganz wertvoller Austausch mit der Basis, und das war ein hochspannender Tag mit vielen Eindrücken von der Bäckerei bis zum Bau.“ Und auch Matthias Behle stimmte in das Lob ein: Er merke, dass es sich bei Gregor Kaiser um einen bodenständigen Sauerländer handle, der wisse, was den Menschen vor Ort auf den Nägeln brenne. Ausführlich diskutiert wurde zudem noch das Thema Bauschutt-Recycling (wir berichten noch).