Attendorn/Siegen. Ein junges Paar aus Attendorn ist im Landgericht Siegen angeklagt. Sie wollen Drogen für eine Schmerztherapie eingesetzt haben.

Das junge Paar wirkt unscheinbar, harmlos, ganz wie die netten Leute von nebenan. Auf den ersten Blick konnte am Mittwoch niemand ahnen, dass der 21-Jährige und seine Freundin (20) aus Attendorn wegen eines schweren Deliktes vor der 2. Großen Strafkammer des Landgerichtes Siegen angeklagt sind. Es geht um bewaffneten Drogenhandel, ein Verbrechen, für das der Gesetzgeber im Regelfall eine Mindeststrafe von fünf Jahren Haft vorsieht.

Bei einer Durchsuchung am 2. November 2022 in der Attendorner Wohnung wurden die Ermittler fündig. „Es geht um 212 Gramm Marihuana zum gewinnbringenden Weiterverkauf“, so Staatsanwalt Moritz Fassbender in der Anklage. Außerdem lagen im Schlafzimmer und in der Küche griffbereit zwei Teleskopschlagstöcke, zwei japanische Wurfmesser und ein Klappmesser.

Über ihren Verteidiger ließ die 20-Jährige mitteilen, dass sie nichts mit Erwerb und Abgabe der Drogen zu tun gehabt habe: „Sie leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Sie hat Marihuana geraucht, weil sie sonst den Alltag nicht bewältigen konnte. Es hat ihr geholfen, Panikattacken zu unterdrücken.“ In der Kindheit sei sie von ihrer Mutter geschlagen und psychisch fertig gemacht worden. Die Mutter habe sie auch einmal einen Monat im Haus eingesperrt.

Amoklauf angedroht

Gewalt zog sich auch durch die Kindheit des 21-Jährigen. Der Stiefvater habe seine Mutter und ihn ständig geschlagen. Halt habe er nur bei seiner Oma gefunden, doch als sie starb, habe er einen psychischen Zusammenbruch erlitten. Er sei schwer depressiv und habe sich zurückgezogen. Mit Cannabis habe er seine chronischen Knieschmerzen bekämpft. Ein Drittel des aufgefundenen Marihuana seien zum Eigenkonsum und zwei Drittel zum Weiterverkauft bestimmt gewesen, so der Verteidiger des 21-Jährigen.

Es war reiner Zufall, dass die Ermittler damals auf die Drogen in der Wohnung stießen. „Der Angeklagte hatte beim Jobcenter einen Amoklauf angedroht. Er hatte sich beschwert, dass die Leistungen an ihn wegen der Inflation zu niedrig seien. Wir sind dann zu ihm hingefahren“, sagte ein Polizeibeamter. „Ich hatte 80 Euro zu wenig bekommen und Angst, dass wir den Hund nicht mehr ernähren können. Meine Freundin hatte einen Nervenzusammenbruch. Deshalb habe ich da angerufen“, meinte der 21-Jährige, der mit seiner Freundin seit 2018 zusammenlebt.

Bislang ist das Paar nicht vorbestraft. Staatsanwalt Moritz Faßbender plädierte für die junge Frau auf Freispruch. Ihre Einlassung, dass sie mit den Geschäften nichts zu tun gehabt habe und sie sich mit dem Marihuana nur therapiert habe, könne nicht widerlegt werden.

Urteil am 15. Mai

Gegen den 21-Jährigen spreche, dass mehrere Waffen im Spiel gewesen seien, so Faßbender: „Der Schlagstock lag auf der Kiste mit den Betäubungsmitteln, ein Springmesser daneben. Die Waffen waren dazu bestimmt, bei einem Überfall die Betäubungsmittel zu verteidigen.“ Der Staatsanwalt erkannte aber beim Angeklagten aber auf einen minderschweren Fall, weil ein Teil des Marihuana zur Schmerztherapie bestimmt gewesen war und es sich um eine weiche Droge handele. Der Staatsanwalt plädierte für Sozialstunden und eine einjährige Betreuungsanweisung.

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Die beiden Verteidiger schlossen sich an. Das Urteil wird am 15. Mai gesprochen.